Am 20. Mai 2010 gab das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA das Startfenster für die nächste Rover-Mission zu unserem äußeren Nachbarplaneten, dem Mars, bekannt. Der Start von Curiosity soll demzufolge zwischen dem 25. November und 18. Dezember 2011 erfolgen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, MSL Landing Site Steering Committee.
Ursprünglich war der Start der nächsten Rover-Mission der NASA zum Mars bereits für den Herbst 2009 vorgesehen. Aufgrund technischer Probleme, speziell mit verschiedenen Aktuatoren der Radgetriebe, wurde die Mission des Mars Science Laboratory, mittlerweile in Curiosity umbenannt, jedoch Anfang Dezember 2008 auf das nächste mögliche Startfenster in Richtung auf unseren äußeren Nachbarplaneten verschoben, welches sich erst Ende des Jahres 2011 öffnet (Raumfahrer.net berichtete).
Am 20. Mai 2010 teilte das JPL den genauen Zeitrahmen dieses neuen Startfensters mit. Präzise Analysen der Geometrie der Flugbahn der Sonde zwischen der Erde und dem Mars und die sich daraus ergebenden Kommunikationsmöglichkeiten mit der Erde und den derzeit aktiven Marsorbitern haben die Planer der Mission zu dem Ergebnis geführt, dass der Start der Mission zwischen dem 25. November und dem 18. Dezember 2011 erfolgen soll. Die Landung von Curiosity auf dem Mars würde demzufolge zwischen dem 6. und 20. August 2012 erfolgen. Aufgrund der sehr günstigen Konstellation zwischen der Erde und dem Mars kann die Landung damit früher erfolgen als ursprünglich für das Startfenster im Jahr 2011 vorgesehen.
„Der entscheidende Faktor für die Wahl einer Flugbahn ist vor allem die Möglichkeit, während der entscheidenden Phase des Eintritts in die Marsatmosphäre und des Aufsetzens des Rovers eine Funkverbindung zwischen Curiosity und der Erde aufrecht zu erhalten“, so Michael Watkins, einer der Missions-Manager vom JPL. Die jetzt gewählte Flugbahn ermöglicht es den beiden momentan in der Umlaufbahn des Mars aktiven Orbitern der NASA, dem Mars Odyssey und dem Mars Reconnaissance Orbiter, den Abstieg von Curiosity direkt zu verfolgen. Beide Orbiter können somit zur Aufnahme von Bildern sowie zum Empfangen und der Weiterleitung von Telemetriedaten des Rovers eingesetzt werden.
Die Landung einer Mission auf einem fremden Planeten, in diesem Fall auf dem Mars, ist immer noch ein extrem schwieriges Unterfangen mit einem letztendlich sehr ungewissen Ausgang. Zuletzt erlebte die NASA im Jahr 1999 einen Fehlschlag. Nach einem erfolglosen Landeversuch und dem daraus resultierenden Totalverlust der Mission standen der amerikanischen Weltraumbehörde keine Daten zur Verfügung, welche über das Schicksal des Mars Polar Landers und über die Gründe des Fehlschlagens dieser Mission Aufschlüsse geben konnten. Bis heute suchen die Bildanalysten der NASA, unterstützt von vielen interessierten Freiwilligen, auf den von ihren Orbitern übermittelten Oberflächenbildern nach den Überresten des Landers. Lesen Sie dazu auch diesen englischsprachigen Bericht der Planetary Society.
Während des im Jahr 2012 anstehenden Landemanövers wird deshalb angestrebt, dass sich Curiosity zum Zeitpunkt der Landung in einer direkten Funkverbindung mit den beiden NASA-Orbitern befindet. Theoretisch ist der Lander in der Lage, relevante Telemetriedaten direkt an das DSN-Netzwerk der NASA zu übermitteln. Allerdings beträgt die dabei erreichbare Übertragungsrate lediglich 1 Bit pro Sekunde. Durch eine Kommunikation mit den Orbitern kann dagegen eine Datenübertragungsrate von mindestens 8.000 Bits pro Sekunde erreicht werden.
„Es ist wichtig, qualitativ hochwertige Telemetriedaten zu erhalten, um uns zu sagen, was während der EDL-Phase (dem Zeitraum des Eintretens in die Planetenatmosphäre, des Abstiegs und der anschließenden Landung) geschieht, welche wohl den anspruchvollsten Teil der gesamten Mission darstellt“, so Fuk Li, Manager des Mars Exploration Programms der NASA. „Die von uns gewählte Flugbahn maximiert dabei die Summe an Daten.“ Im Gegensatz zu einer Direktkommunikation mit der Erde können die übermittelten Daten in den Speichern der Orbiter zwischengelagert und erst nach dem Ende der EDL-Phase an die Erde transferiert werden.
An sich stellt bereits die Landung eines Objektes auf der Oberfläche des Mars eine enorme technische Herausforderung dar. Im Fall von Curiosity betreten die Ingenieure der NASA jedoch zum wiederholten Mal Neuland. Aufgrund des Gewichtes des neuen Marsrovers kann Curiosity nicht mittels des bewährten „Airbag-Verfahrens“ gelandet werden, wie dies bei den bisherigen Rovermissionen auf dem Mars geschehen ist. Stattdessen muss auf eine neue Technologie zurück gegriffen werden. Die Landung soll mittels des „Skycrane-Verfahrens“ erfolgen.
Dabei tritt die Abstiegsstufe von Curiosity mit einer Geschwindigkeit von etwa 55.000 Kilometern pro Stunde in die Marsatmosphäre ein und wird durch die dabei entstehende Reibung abgebremst. Im Verlauf dieser Phase wird der Hitzeschild auf eine Temperatur von 1.500 Grad Celsius erhitzt werden. Etwa 270 Sekunden nach dem Eintritt in die Atmosphäre wird der Hitzeschild abgesprengt. Anschließend öffnet sich ein Fallschirm, welcher die Abstiegsstufe auf Unterschallgeschwindigkeit abbremst. In einer Höhe von etwa 1.500 Metern über der Marsoberfläche wird dann auch der Fallschirm abgetrennt und die acht Bremsraketen des sogenannten Skycrane werden aktiviert.
In dieser Phase wird die an der Unterseite des Rovers montierte MARDI-Kamera das angesteuerte Landegebiet mit fünf Bildern pro Sekunde abbilden und so die horizontale Bewegung der Abstiegsstufe ermitteln. Diese Daten werden dazu verwendet, um die seitliche Bewegung des Rovers zu steuern und die Abstiegsgeschwindigkeit noch weiter zu verringern. Gleichzeitig wird dabei der endgültige Landeplatz von Curiosity ausgewählt. Diese Vorgänge werden völlig autonom vom Bordcomputer des Landers gesteuert.
Nach dem Abbau der Landegeschwindigkeit auf einen Wert von „Null“ schwebt der Skycrane schließlich in einer Höhe von wenigen Metern über der Planetenoberfläche. In einem Zeitraum von etwa acht Sekunden wird Curiosity an mehreren Seilen hängend auf die Oberfläche herab gelassen. Nachdem der Rover dem Skycrane den erfolgten Bodenkontakt übermittelt hat, werden die Seile gekappt. Der Skycrane entfernt sich daraufhin in einem Winkel von etwa 45 Grad vom Landeplatz und schlägt in einer Entfernung von mehreren hundert Metern hart auf der Marsoberfläche auf.
Curiosity soll anschließend über einen Zeitraum von mindestens zwei Erdjahren operieren und dabei mittels seiner wissenschaftlichen Instrumente feststellen, ob unser Nachbarplanet in der Vergangenheit über klimatische und chemische Bedingungen verfügt hat, welche die Entwicklung mikrobiellen Lebens ermöglicht haben könnten. Des Weiteren sollen Klima und Geologie des Mars untersucht werden. Das für Curiosity vorgesehene Landegebiet wurde bisher noch nicht festgelegt. Momentan stehen hierfür noch sechs Regionen zur Diskussion. Hierbei handelt es sich um die Krater Eberswalde, Gale und Holden, um das Mawrth Vallis, den Westrand des Isidis Planitia sowie um eine Region im östlichen Bereich des Margaritifer Terra. All diese Gebiete befinden sich in der Äquatorregion des Mars.
Am Rand des Eberswalde-Kraters erweckt dabei besonders ein versteinertes und stark verwittertes Flussdelta das Interesse der Wissenschaftler. In den aus der Umlaufbahn heraus ausgemachten Ablagerungen, so die Hoffnung, könnten sich fossile Versteinerungen von Bakterien befinden. Zudem könnte der Rover das Gebiet auf Anzeichen von ehemals vorhandenem Wasser untersuchen.
Der Gale-Krater wird von einem Canyon durchzogen. Hier wurde Material infolge von Wassereinfluss im Nordbereich des Kraters angeschwemmt und in Form eines weiten Deltas abgelagert. Die abgelagerte Schicht verfügt über eine Mächtigkeit von bis zu fünf Kilometern und ist somit höher als der nördliche Rand des Kraters. Die beobachteten Schichtungen verlaufen nahezu horizontal. Spektroskopische Untersuchungen haben ergeben, dass das Material abwechselnd aus Lehm und sulfathaltigen Schichten besteht.
Im Holden-Krater konnten ebenfalls geschichtete Bodenstrukturen und Ablagerungen ausgemacht werden, welche in diesem Fall infolge einer Flut aus dem benachbarten Uzboi Vallis in mehrere Platten zerbrochen sind. Auch hier könnte man auf fossile Bakterien stoßen.
Das Mawrth Vallis ist ein geologisch sehr altes Gebiet, welches von einer Vielzahl von Kanälen und alten Flussläufen durchzogen ist. Neben lehmhaltigen Schichten konnten die Marsorbiter hier verschiedenfarbige Bodenschichten feststellen, welche auf ein ehemals wasserreiches Gebiet hindeuten. Die Kanäle haben sich tief in das Gelände eingegraben. Dadurch könnte Curiosity diese Schichten im Detail studieren und somit Daten über den zeitlichen Ablauf ihrer Entstehung sowie über ihre Zusammensetzung gewinnen.
Am Westrand des Isidis Planitia konnten Chloride, Phyllosilikate, diverse Mineralien wie zum Beispiel Jarosit und Schichten aus Tonablagerungen ausgemacht werden, welche ebenfalls auf das frühere und länger andauernde Vorhandensein von Wasser hindeuten. Das gleiche trifft auch auf das Margaritifer Terra zu.
Eine endgültige Entscheidung über das Landegebiet des Marsrovers Curiosity soll erst im Frühjahr 2011 getroffen werden. Bis dahin sollen die beiden Marsorbiter der NASA und der von der ESA betriebene Orbiter Mars Express noch weitere Aufnahmen und Daten der potentiellen Landegebiete liefern.
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