Nach vielen Verzögerungen soll es morgen endlich soweit sein: die erste US-amerikanische Kapsel soll zur ISS starten und diese drei Tage später erreichen.
Ein Beitrag von Tobias Willerding. Quelle: SpaceX, NASA.
Am Samstag um 10.55 Uhr MESZ soll eine von der Firma SpaceX entwickelte Raumkapsel Dragon zur ISS starten. Der vielerwartete erste Start eines Raumtransporters aus dem COTS-Programm (Commercial Orbital Transportation Services) hatte sich im Vorlauf häufig verschoben und war ursprünglich bereits für Ende 2009 geplant. Im Rahmen des COTS-Programms waren drei Demonstrationsflüge geplant: C1, C2 und C3. Nach dem erfolgreichen ersten Demonstrationsflug C1 im Dezember 2010 hatte SpaceX die NASA jedoch um die Erlaubnis gebeten, die verbleibenden Missionen C2 und C3 zu vereinen. Diesem Ersuchen ist die NASA in diesem Jahr nachgekommen. Die Rakete wurde heute zum Startplatz LC-40 am Cape Canaveral gerollt und aufgerichtet. Im Vorfeld gab es insbesondere Probleme bei der Software für die ISS-Annäherung. Diese wurden jedoch überwunden und das finale ISS-Review am 15. Mai hat die Software abgenommen. Gestern, am 17. Mai 2012, erfolgte das FRR (Flight Readiness Review), welches das „go“ für den Start erteilte.
Die Mission
Bei diesem Flug müssen die Ziele der beiden Demonstrationsflüge C2 und C3 erfüllt werden. Konkret geht es bei C2 um den Aufbau der Kommunikation mit der Raumstation mittels der COTS UHF Communication Unit (CUCU). Weiter sollen Astronauten in der ISS der Dragon-Kapsel Befehle mittels des Crew Command Panel (CCP) geben und Dragon soll den Free-Drift-Modus demonstrieren, der notwendig ist, um mit dem ISS-Arm eingefangen zu werden. Die eigentliche ISS-Kopplung ist erst bei C3 geplant. Dabei nähert sich Dragon der ISS und die ISS-Crew testet verschiedene Befehle wie Abbruch, Freiflug und Annäherung an die ISS. Bei der Annäherung an die ISS kommt das Laser Imaging Detection and Ranging System (LIDAR), auch DragonEye genannt, zum Einsatz, das bei STS 127 getestet wurde. Bei dieser Demonstrationsmission werden insgesamt 460 kg Fracht zur ISS gebracht, darunter 306 kg Nahrung, 21 kg Nanoracks, 123 kg Cargobags und 10 kg Computer und Ausrüstung. Sollte der Start morgen stattfinden, ist das Koppeln mit der ISS für Dienstag geplant. Nach dem Erreichen der ISS soll die Fracht entladen werden und um den 5. Juni der Abflug mit 620 kg Fracht, die zur Erde zurückgebracht werden soll, erfolgen.
Dragon
Dragon („Drache“) ist der Raumtransporter von SpaceX. Er besteht aus zwei Komponenten: der Kapsel, in der die druckbeaufschlagte Fracht transportiert wird und dem „Trunk“, der unter anderem für die Energieversorgung zuständig ist und nicht druckbeaufschlagte Fracht aufnehmen kann. Die Kapsel verfügt im Gegensatz zu allen anderen ISS-Frachtransportern über einen Hitzeschild und kann somit Fracht zur Erde zurückbringen.
Falcon 9
Falcon 9 ist eine Trägerrakete der mittleren Nutzlastklasse, welche laut Presskit 9.800 kg in einen ISS-Orbit transportieren kann. Sie hat einen Durchmesser von 3,66 m und eine Höhe von 48,1 m. Die Falcon 9 besteht aus zwei Stufen, welche beide flüssigen Sauerstoff und Kerosin als Treibstoffe verwenden. Die erste Stufe wird von 9 Merlin-1C-Triebwerken angetrieben, die einen Schub von 3,8 MN liefern. Die zweite Stufe verfügt über ein Merlin-Vac-Triebwerk, welches ein Merlin 1C mit größerer Düse ist. Dieses ist auch zweimal wiederzündbar.
COTS und CRS
COTS und CRS sind zwei von der NASA im Jahre 2006 gestartete Projekte, die die US-amerikanische ISS-Frachtversorgung an zwei private Anbieter auslagern. Dabei beinhaltet COTS die Entwicklung des Frachttransporters, wohingegen CRS (Commercial Resupply Services) das Programm für den Ankauf der Frachtdienstleistung beinhaltet. Für COTS war ursprünglich ein Budget von 500 Millionen vorgesehen, dieses wurde jedoch 2011 auf 800 Millionen erhöht. CRS hat einen finanziellen Rahmen von 3,5 Milliarden Dollar.
Als Anbieter wurden zunächst SpaceX und Rocketplane Kistler ausgewählt. Allerdings konnte Kistler im Jahr 2007 die Meilensteine nicht einhalten, worauf sich die NASA entschloss, die Übereinkunft mit Kistler aufzulösen. Als neuer zweiter Partner wurde 2008 Orbital Sciences ausgewählt. SpaceX bekommt dabei ca. 400 Millionen US-Dollar für COTS, wohingegen es bei Orbital ca. 300 Millionen sind. Beide Firmen haben einen Frachtversorungsvertrag für die ISS von 20 Tonnen Nutzlast. SpaceX soll 12 Flüge für 1,6 Milliarden Dollar durchführen, wohingegen Orbital 1,9 Milliarden Dollar für 8 Flüge bekommt.
Gesamtsituation bei SpaceX
Auf der heutigen Pressekonferenz hat SpaceX-Präsidentin Shotwell kurz Stellung zur finanziellen Situation von SpaceX bezogen. Demnach hat man bisher 1,2 Milliarden US-Dollar ausgegeben, wovon 680 Millionen in COTS geflossen sein sollen. Das Geld soll dabei nicht ausschließlich von der NASA gekommen sein. So will man 300 Millionen US-Dollar von kommerziellen Kunden eingenommen haben und 120 von externen Investoren angeworben haben. SpaceX verfügt inzwischen über ein großes Startmanifest mit vielen kommerziellen und internationalen Kunden, darunter auch große Satellitenbetreiber wie SES. Diesem beeindruckenden Startmanifest stehen jedoch Null Starts und weitere 2011 neu angekündigte Projekte gegenüber, worauf mehrere öffentliche Gegenkampagnen z.B. von PW Rocketdyne implizit und humorvoll hingewiesen haben.
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