Nutzlast: MPLM „Leonardo“, MBS
Nutzlastbeschreibung:
Nutzlastbeschreibung MPLM „Leonardo“ siehe Versorgungsraumschiff MPLM
Das MBS ist nach dem SSRMS und dem MT der dritte Bestandteil des Mobile Servicing System (MSS). Die Arbeitsplattform wird sich entlang des Schienenweges der ISS auf den Gitterstrukturen fortbewegen. Damit verleiht das MBS „Canadarm2“ seitliche Mobilität, wenn es den Roboterarm der Raumstation über die Gitterstrukturen bewegt. Das MBS besitzt eine Länge von 5,7 Metern, eine Breite von 4,2 Metern, eine Höhe von 2,7 Metern und kann bei einer Masse von 1.450 Kilogramm Nutzlasten von bis zu 20.900 Kilogramm bewegen. Auf dem MBS befinden sich vier PDGFs für den Roboterarm der Raumstation, sechs Canadian Remote Power Controller Modules CRPCMs, zwei Video Distribution Units (VDUs), zwei Mobile Remote Servicer Base System Computer Units (MCUs), ein Mobile Remote Servicer Base System Common Attachment System (MCAS), eine Payload and Orbital Replacement Unit Accomodation (PAO) sowie eine Camera, Light and Pan-Tilt Unit (CLPA).
Startfahrzeug: Space Shuttle „Endeavour“, STS-111
Startfahrzeugbeschreibung: siehe Startfahrzeug Space Shuttle
Start: 05. Juni 2002, 21.23 Uhr GMT vom KSC in den USA
Ankopplung: 07. Juni 2002, 16.25 Uhr GMT
Ausstiege: 3 EVAs, Dauer: 19 Stunden, 31 Minuten
Abkopplung: 15. Juni 2002, 14.32 Uhr GMT
Kopplungsdauer: 7 Tage, 22 Stunden, 7 Minuten
Landung: 19. Juni 2002, 17.58 Uhr GMT auf der EAFB in den USA
Missionsdauer: 13 Tage, 20 Stunden, 35 Minuten
Missionsbeschreibung:
Am 05. Juni 2002 um 21.23 Uhr GMT hob der Space Shuttle „Endeavour“ vom KSC zur ISS ab. Zum Zeitpunkt des Starts befand sich die ISS in einer Höhe von 386 Kilometern über dem Südindischen Ozean westlich von Perth, Australien. An Bord des Space Shuttle befanden sich Kommandant Kenneth Cockrell, Pilot Paul Lockhart sowie die Missionsspezialisten Franklin Chang-Díaz und Philippe Perrin, ein Astronaut des Centre National d’Etudes Spaciales (CNES) zusammen mit der EC-5, die aus Kommandant Waleri Korsun sowie den Bordingenieuren Sergej Trestschow und Peggy Whitson besteht. An Bord der ISS befindet sich die EC-4, bestehend aus Kommandant Juri Onufrijenko sowie den Bordingenieuren Carl Walz und Daniel Bursch. Mit Chang-Díaz gelangte erst der zweite Mensch überhaupt zum insgesamt siebten Mal in den Weltraum, was zuvor nur Jerry Ross im April 2002 bei der Mission STS-110 gelang.
Am 07. Juni 2002 um 16.25 Uhr GMT koppelte der Space Shuttle „Endeavour“ an die ISS an, als sich die beiden Raumfahrzeuge 386 Kilometer über dem Südpazifik befanden. Um 19.08 Uhr GMT wurden die Luken zwischen den beiden Raumfahrzeugen geöffnet. Sofort begannen die zehn Astronauten und Kosmonauten mit dem Transfer wichtiger Ausrüstungsgegenstände und Versorgungsgüter sowie von Experimenten zwischen den beiden Raumfahrzeugen. Um 22.55 Uhr GMT wurden die individuell angepassten Konturensessel der EC-5 sowie ihre russischen Druckanzüge für den Wiedereintritt vom Space Shuttle in das Rettungsraumschiff Sojus TM-34 transferiert, womit deren Langzeitaufenthalt in der Erdumlaufbahn begann. Somit schlossen Onufrijenko, Walz und Bursch ihren Aufenthalt an Bord der Raumstation offiziell nach 181 Tagen ab. Am nächsten Tag wurde das MPLM „Leonardo“ mit Hilfe des Roboterarms des Space Shuttle von Cockrell aus der Nutzlastbucht des Space Shuttle gehoben und um 14.28 Uhr GMT am Nadir CBM des Node 1 „Unity“ befestigt. Gegen 21.30 Uhr GMT wurden die Luken zum MPLM geöffnet. Anschließend begannen die Besatzungen mit dem Transfer von mehr als 3.657 Kilogramm Fracht. Darunter befanden sich ein neuer Wissenschaftsschrank um Mikrogravitationsexperimente aufzunehmen und die MSG, die es den Stammbesatzungen erlaubt Experimente in einer abgeschotteten Umgebung durchzuführen. Im Gegenzug wurden 2.116 Kilogramm Materialien, die zur Erde zurückkehren im MPLM verstaut. Zuvor versagte einer der vier CMGs der Raumstation aufgrund eines mechanischen Defektes. Die Flugkontrolleure schalteten ihn ab und nutzen die drei verbleibenden Gyroskope um die Lagesteuerung der Station aufrechtzuerhalten. Es wird davon ausgegangen, dass eines seiner Kugellager versagte, indem es festging. Da der Ausfall ernsthafte Auswirkungen auf den langzeitigen Betrieb der Raumstation hat, befinden sich mehrfach Ersatzsysteme für die Lagekontrolle der Raumstation an Bord, so dass keine Gefahr für Besatzungen besteht. Wenn notwendig kann die Lageregelung mit nur zwei funktionierenden CMGs und anderen Ersatzlagekontrollsystemen gewährleistet werden.
Am 09. Juni 2002 um 15.27 Uhr GMT begaben sich Chang-Díaz und Perrin zur ersten EVA in den freien Weltraum, indem sie die Raumstation über das JAM „Quest“ verließen. Zunächst montierten die beiden Astronauten ein PDGF an der ITS-P6, die zu deren Umsetzung zu ihrer letztlichen Position an der Raumstation genutzt werden wird. Chang-Díaz entlud sechs Schutzabdeckungen gegen Mikrometeoriten und Weltraumtrümmer aus der Nutzlastbucht des Space Shuttle „Endeavour“ und verstaute sie vorläufig am PMA-1 zwischen „Unity“ und dem Control Module „Sarja“. Danach begutachtete und fotografierte er das ausgefallene CMG an der ITS-Z1. Die Fotos könnten den Flugkontrolleuren bei der Suche nach der Ursache für das Versagen helfen. Schließlich wurden noch die Wärmeschutzabdeckungen vom MBS. Um 22.21 Uhr GMT wurden die Halterungen des MBS durch ein Kommando von Cockrell gelöst und Whitson und Walz ergriffen mit „Canadarm2“ das MBS, hoben es aus der Nutzlastbucht des Space Shuttle und manövrierten es in eine Position etwa einen Meter über dem MT, wo er verbleiben wird, um die Temperaturenverhältnisse zwischen dem MBS und dem MT auszugleichen. Der Ausstieg endete nach einer Dauer von sieben Stunden und 14 Minuten um 22.41 Uhr GMT. Am nächsten Tag um 13.03 Uhr GMT wurde das MBS am MT befestigt. Whitson und Walz manövrierten das MBS mit Hilfe von „Canadarm2“ an die richtige Position. Die Flugkontrolleure erteilten den Schnappverschlüssen das Kommando einzurasten, damit das MBS an seiner Position gesichert ist. Um 21.53 Uhr wurde eine einstündige Anhebung der Raumstation um etwas mehr als 1,6 Kilometer abgeschlossen.
Am 11. Juni 2002 um 15.20 Uhr GMT verließen Chang-Díaz und Perrin zur zweiten EVA das JAM „Quest“. Zunächst schlossen die beiden Astronauten die Haupt- und Ersatzkabel für die Video- und Datenübertragung sowie das Hauptstromkabel zwischen dem MT und dem MBS an. Sobald die Verbindungen hergestellt waren, erteilten die Flugkontrolleure dem MT das Kommando, seine Versorgungsgeräte automatisch an die Behälter den Schienenweg der ITS-S0 anzuschließen. Nachdem diese Aufgabe abgeschlossen war, montierten Chang-Díaz und Perrin eine Payload Orbital Replacement Unit Accomodation (POA) an dem MBS auf dem MT. Diese Vorrichtung erlaubt den Transport zusätzlicher Nutzlasten mit dem MBS und fixiert diese Nutzlasten besser. Danach sicherten sie noch vier Bolzen zwischen MBS und MT und schlossen damit deren Montage ab. Danach befestigten sie eine Fernsehkamera an der Spitze eines Mastes des MBS. Die Fernsehkamera wird Bilder von Aufbau- und Wartungsarbeiten an der Raumstation aufnehmen und an die Flugkontrolleure übertragen. Abschließend verlegten sie ein zusätzliches Verlängerungskabel für die Plattform und fotografierten sie Anschlüsse zwischen dem MBS und dem MT. Der Ausstieg endete nach fünf Stunden um 20.20 Uhr GMT. Es war die 40. EVA, die dem Aufbau und der Wartung der ISS gewidmet war. Nachdem die Flugkontrolleure sicherstellten, dass alle Anschlüsse am MBS richtig funktionieren ließ „Canadarm2“ die Plattform los. Danach wurde der Roboterarm der Raumstation in die vorgesehene Position für die dritte und letzte EVA der Mission STS-111 manövriert. Am nächsten Tag um 02.19 Uhr GMT überboten Walz und Bursch den amerikanischen Langzeitflugrekord von 188 Tagen, den Shannon Lucid innehatte. Um 06.55 Uhr GMT stellte Walz zudem noch einen neuen amerikanischen Gesamtflugzeitrekord von 223 auf, der ebenfalls von Lucid gehalten wurde. Außerdem wurde die Bahnhöhe der Raumstation durch eine Reihe von Impulszündungen der Steuertriebwerke des Space Shuttle „Endeavour“ um weitere 1,6 Kilometer angehoben.
Am 13. Juni 2002 um 15.16 Uhr GMT verließen Chang-Díaz und Perrin „Quest“ und begannen somit den dritten und letzten Ausstieg. Dieser endete nach sieben Stunden und 17 Minuten um 22.33 Uhr GMT. Zuerst entfernten die beiden Astronauten den LEE von „Canadarm2“ und befestigten diesen an einem Haltegriff des amerikanischen Laboratory Module „Destiny“. Anschließend lösten sie sechs Bolzen, die das Gelenk für die Drehbewegung mit dem Gelenk für die Seitwärtsbewegung verbanden und einen zusätzlichen Bolzen, der die Stromversorgungs-, Datenversorgungs- und Videoanschlüsse verband. Perrin bracht dann die defekte Einheit in die Nutzlastbucht des Space Shuttle „Endeavour“ und verstaute sie vorübergehen neben dem neuen Wrist Roll Joint (WRJ). Nachdem Perrin die sechs Verschlüsse gelöst hatte, brachte er die neue Einheit zum „Canadarm2“, wo sich Chang-Díaz befand. Nachdem sie die neue Komponente mit dem Gelenk für die Seitwärtsbewegung am Ende des Arms ausgerichtet hatten, befestigten sie das neue WRJ wieder mit den sechs Bolzen und drehten den letzten Bolzen schließlich rein, um die Strom-, Daten- und Videoverbindung wiederherzustellen. Nachdem sie den LEE wieder montiert hatten, wurde „Canadarm2“ wieder unter Strom gesetzt. In der RWS in „Destiny“ überprüften Bursch und Korsun den Zustand von „Canadarm2“ sobald das neue Gelenk installiert war. Um 20.43 Uhr GMT erhielt der Roboterarm der Raumstation seinen vollen Einsatzstatus zurück. Am nächsten Tag um 20.11 Uhr GMT verstaute Perrin das MPLM wieder in der Nutzlastbucht des Space Shuttle „Endeavour“. Die Steuertriebwerke wurden zum dritten und letzten Mal gezündet und hoben die Erdorbithöhe um 6,4 Kilometer an. Insgesamt wurde die Bahnhöhe durch die drei Zündungen um annähernd 9,7 Kilometer angehoben.
Am 15. Juni 2002 um 12.23 Uhr GMT wurden die Luken zwischen den beiden Raumfahrzeugen geschlossen und um 14.32 Uhr GMT koppelte der Space Shuttle „Endeavour“ von der ISS ab, als sich die beiden Raumfahrzeuge über Westkasachstan befanden.
Am 17. Juni 2002 verhinderten Regenschauer und Gewitter in der Gegend des KSC eine Landung, so dass sich die Flugkontrolleure gezwungen sahen, die Landegelegenheiten für die Rückkehr des Space Shuttle „Endeavour“ verstreichen zu lassen. Am nächsten Tag verhinderten erneut Regenschauer, Gewitter und Wolken in der Nähe des KSC eine Landung. Auch am 19. Juni 2002 verhinderten die identischen schlechten Wetterbedingungen eine Landung auf dem KSC, so dass der Space Shuttle „Endeavour“ um 17.58 Uhr GMT auf der EAFB landete. Damit endete die Mission STS-111 nach 217 Erdumläufen und 9.200.000 zurückgelegten Kilometern.