Mit der Trennung der letzten Kabelverbindung zwischen Spirit und dem Lander und einer ersten 45°-Drehung des Rovers werden in der Nacht vom Montag auf Dienstag die Vorbereitungen für das Verlassen des Landers beginnen, bevor er voraussichtlich am Donnerstag erstmals Marsboden unter seinen Rädern haben wird.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA.
In den letzten Tagen sind außer ersten Panorama- und 3D-Aufnahmen durch die so genannte PanCam von Spirit und ersten Infrarot-Aufnahmen von Mini-TES auch mehrere Schritte erfolgreich durchgeführt worden, um den Rover aus seiner Flugkonfiguration in einen fahrbereiten Zustand zu bringen. So waren beispielsweise aus Platzgründen während der Reise von der Erde zum Mars vier der sechs Räder hochgeklappt, und der Rover insgesamt verharrte in einer „geduckten“ Position durch mehrere Halterungen gesichert auf dem Lander.
Am Morgen des vergangenen Freitag (MEZ) wurde der Rover durch einen unter ihm am Lander angebrachten Mechanismus zuerst etwas angehoben, anschließend wurden die beiden Vorderräder ausgeklappt und erreichten so ihre endgültige Position. Der gesamte Vorgang wurde durch mehrere Aufnahmen von so genannten HazCams – kleinen an der Vorder- und Rückseite des Rovers angebrachten Kameras, mit denen Spirit während der Fahrt Hindernisse erkennen kann – und andere Messdaten protokolliert. Einen Tag später wurden dann auch die beiden Hinterräder in ihre für die Fahrt vorgesehene Position gebracht, so dass der Rover jetzt zum ersten Mal seit seinem Start zur vollen Größe entfaltet ist.
Das Wissenschaftlerteam wird diese einmalige Situation – der Rover wird nach dem Verlassen des Landers nie wieder von einer derartig hohen Position aus über die Marsoberfläche blicken, da Spirit auf dem Lander etwa 40 bis 50 Zentimeter über dem Marsboden steht – ausnutzen und im Laufe des nächsten Mars-Tages (Sol 9) mit der PanCam aus knapp zwei Metern Höhe über dem Marsboden eine rund 120 Grad breite hochauflösende Panorama-Aufnahme in Farbe und 3D anfertigen. Gleichzeitig soll auch Mini-TES weitere Infrarot-Aufnahmen anfertigen, um mehr Informationen über die chemische Zusammensetzung der Gesteine und des Bodens zu erhalten.
Am vergangenen Mars-Tag (Sol 8) sind insgesamt 170 Mbit Daten zur Erde übertragen worden, darunter die noch fehlenden Teile der ersten Rundum-Panoramaaufnahme. Insgesamt hat die Datenübertragung über die beiden amerikanischen Mars-Orbiter 2001 Mars Odyssey und Mars Global Surveyor sowie die direkte Kommunikation mit der Erde über die Hochgewinnantenne des Rovers einwandfrei funktioniert, so Arthur Amador vom Spirit-Team auf der heutigen NASA-Pressekonferenz. Auch der Instrumentenarm des Rovers ist an Sol 8 erfolgreich aus seiner gesicherten Flugposition in die Position überführt worden, die er während des Fahrens einnehmen wird.
Bevor Spirit jedoch den Lander verlassen kann muss er sich auf der Stelle um etwa 120 Grad (ein Drittel eines Vollkreises) drehen, da er den Lander aus Sicherheitserwägungen nicht in seiner derzeitigen Fahrtrichtung verlassen soll: Eines der beiden Solarpaneele von Spirit könnte beim Verlassen des Landers einen nicht vollständig zusammengefallenen Airbag berühren, was unbedingt vermieden werden soll. Verschiedene Versuche, den Airbag mit Hilfe einer am Lander angebrachten Seilwinde weiter nach unten zu ziehen, hatten nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Im Laufe des kommenden Sol 9 werden die Ingenieure am Rover-Modell beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA die in drei Etappen geplante Drehung noch einmal simulieren. Wenn dieser letzte Test gut verläuft soll es an Sol 10 (Dienstag MEZ) mit der ersten Teildrehung um 45° losgehen, nachdem zuvor die letzte Kabelverbindung zwischen Lander und Rover durch zwei kleine Sprengladungen getrennt worden ist. Anschließend werden einige Aufnahmen vom Rover gemacht und zur Erde überspielt, und wenn die erste Etappe erfolgreich war geht es mit zwei weiteren Teildrehungen an Sol 11 weiter, so dass Spirit danach bereit für das Verlassen des Landers ist.
Der letzte Schritt wird dann frühestens an Sol 12 das Hinabfahren auf die Marsoberfläche etwa in Richtung der Sleepy Hollow genannten Depression sein (Richtung West-Nordwest). Die weiteren Planungen sehen so aus, dass in den beiden auf das Verlassen des Landers folgenden Sols mit Hilfe der am Instrumentenarm angebrachten Spektrometer und des Microscopic Imagers erste Messungen und Aufnahmen des Marsbodens sowie von eventuell in Reichweite des Rovers befindlichen Gesteinsbrocken gemacht werden. Dann endlich – frühestens also am kommenden Wochenende – wird Spirit zu den ersten Zielen aufbrechen, die das Wissenschaftlerteam bis dahin auf Basis der vorhandenen Aufnahmen der Landestelle ausgewählt hat.
Insgesamt sind die Ingenieure bisher mit der Leistung von Spirit rundum zufrieden. Bis auf leicht erhöhte Temperaturwerte im Inneren des Rovers, die nach dem Verlassen des Landers wahrscheinlich auf das geplante Niveau absinken werden, funktionieren alle Subsysteme und wissenschaftlichen Instrumente zur Zeit planmäßig. Die Wissenschaftler haben anhand der ersten Infrarot-Aufnahmen von Mini-TES karbonathaltige Mineralien an der Columbia Memorial Station, wie die Landestelle von Spirit im Gedenken an die im Februar 2003 verunglückten Space Shuttle-Astronauten mittlerweile heißt, entdeckt. Karbonate entstehen in der Gegenwart von Wasser, allerdings ist bisher nicht klar, ob stehende Gewässer an der Marsoberfläche oder Wasserdampf in der Marsatmosphäre dabei beteiligt waren. „Wir sind gekommen, um nach Karbonaten zu suchen. Wir haben sie. Und wir werden sie sezieren“, so der für Mini-TES verantwortliche Hauptexperimentator Dr. Phil Christensen von der Arizona State University.
Weiterhin haben Bildauswertungen ergeben, dass der Boden rund um Spirit nur zu etwa drei Prozent mit Gesteinsbrocken bedeckt ist, während dieser Wert an den Landestellen von Mars Pathfinder, Viking 1 und Viking 2 bei etwa 20 Prozent lag! Außerdem gehört die Columbia Memorial Station zu den flachsten Gegenden, die bisher durch die vier amerikanischen Mars-Lander aufgenommenen worden sind – nur die Landestelle von Viking 2 war ähnlich flach. Auffällig ist auch der im Vergleich zu früheren Mars-Missionen relativ hohe Staubgehalt in der Atmosphäre.
Bisher ist es noch nicht gelungen, die Landestelle von Spirit exakt zu bestimmen. Nicht zuletzt aufgrund der Aufnahmen, die eine Kamera während des Abstiegs kurz vor Erreichen der Marsoberfläche gemacht hat, kann man zwar den Punkt, an dem der Lander in Airbags eingehüllt zum ersten Mal den Marsboden berührte, relativ genau bestimmen. Doch in welche Richtung er dann noch wie weit genau gerollt ist, bevor er zur Ruhe kam, ist nicht bekannt. Da markante Geländeformationen wie beispielsweise die Twin Peaks genannten Hügel in der Nähe der Pathfinder-Landestelle vollkommen fehlen ist die genaue Bestimmung der Landestelle bis jetzt nicht gelungen, und auch die Auswertung des Doppler-Effekts bei den von Spirit abgestrahlten Funksignalen hat keine exaktere Lokalisierung ermöglicht. Vielleicht wird es erst nach einigen Tagen Fahrt und neuen Panorama-Aufnahmen möglich sein, die Lage der Landestelle weiter einzugrenzen. Möglicherweise werden dabei auch hochauflösende Aufnhamen von Mars Express hilfreich sein, die in den kommenden Wochen unter anderem auch von dem Spirit-Landegebiet angefertigt werden sollen.