Eine der letzten erhaltenen Buran-Raumfähren ist in Bahrein am Persischen Golf aufgetaucht und wurde vom Auto- und Technikmuseum in Sinsheim gekauft.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: SPIEGEL ONLINE.
Wie alles begann
In den 70er Jahren stand die heute nicht mehr existierende Sowjetunion in einem harten Prestigeduell mit den USA. Die NASA entwickelte, baute und erprobte damals die Space Shuttles, die anders als heute als das Nonplusultra der Raumfahrt galten und über die in allen Medien berichtet wurde: Nach den gewaltigen Saturn-Raketen, die aber nur für einmaligen Gebrauch taugten und deren Reste dann nutzlos in der Atmosphäre verglühten, war ein wiederverwendbares Raumschiff ein großer Fortschritt, und lag auch voll im Trend des damals gerade aufkommenden ökologischen Gedankens.
Da konnte die Sowjetunion natürlich nicht zurückstehen. Zwar lagen die Zeiten, als man im Raumfahrtduell mit den Amerikanern noch führte und ihnen mit dem Sputnik ordentlich eins ausgewischt hatte, nun auch schon fast 20 Jahre zurück. Dennoch waren die Sowjets immer noch gut im Geschäft.
Also entwickelten auch die sowjetischen Raumfahrtingenieure eine Raumfähre. Sie hieß „Buran“, russisch für „Schneesturm“, sah den Space Shuttles erstaunlich ähnlich, und begründeten Gerüchten zufolge basierte ein Großteil der Konstruktion tatsächlich auf Werksspionage. Allerdings gab es auch einige wichtige Unterschiede. Vor allem verfügte die Buran über kein eigenes Starttriebwerk, sondern war zum Abheben komplett auf die Energija-Trägerrakete angewiesen. Hier hatte man den Ansatz der Wiederverwertbarkeit nicht so weit verfolgt wie bei der NASA. Dafür war die Nutzlast der Buran höher als die des Space Shuttle. Und die Buran konnte komplett ferngesteuert werden – vor dem Hintergrund des Challenger- und des Columbia-Absturzes mit ihren insgesamt 14 Toten ein sicher nicht unbeträchtlicher Vorteil.
Jedoch zogen sich Bau und Erprobung der Buran bis in die späten 80er Jahre. Neben allerlei Testflügen fand 1988 genau ein einziger Weltraumflug einer Buran statt, und just im ferngesteuerten Modus. Dann ging der Sowjetunion das Geld aus. Weitere Flüge fanden nicht mehr statt, und so wird man nie erfahren, ob und wie sich die sowjetische gegen die amerikanische Raumfähre behauptet hätte. Wie man hört, war die Buran allerdings noch reichlich unzuverlässig und hätte vielleicht nie richtig funktioniert.
Was wurde aus den Buran-Raumfähren ?
Jene historische Raumfähre, die den Erstflug durchgeführt hatte, wurde 2002 beim Einsturz eines Hangars auf dem Weltraumbahnhof Baikonur zerstört. Wie „SPIEGEL ONLINE“ diese Woche berichtete, ist nun ein weiteres Exemplar, das als „Buran 002“ bezeichnet wird, überraschend in dem Wüstenstaat Bahrein am Persischen Golf aufgetaucht: Ein Fernsehteam, das eigentlich wegen des Formel-1-Rennens dort war, stieß zufällig auf das alte Raumschiff. Buran 002 war die einzige weitere voll flugfähige sowjetische Raumfähre mit eigenen Triebwerken, auch wenn sie „nur“ zur Flugerprobung diente und nie im Weltraum war (ähnlich dem Space Shuttle „Enterprise“).
Der Weg, wie die Raumfähre nach Bahrein gelangte, ist abenteuerlich: Laut SPIEGEL ONLINE leaste ein australischer Geschäftsmann vor vier Jahren die Raumfähre von dem Besitzer, dem russischen Unternehmen NPO Molniya, und stellte sie anlässlich der Olympischen Spiele 2000 in Sydney im Rahmen einer Ausstellung aus. Die Besucherzahlen blieben allerdings hinter den Erwartungen zurück. Vor zwei Jahren soll dann eine Agentur aus Singapur die Raumfähre in gleicher Weise von NPO Molniya geleast und nach Bahrein geschafft haben, wo sie ebenfalls im Rahmen eines großen Sportfestes ausgestellt werden sollte. Dazu kam es aber nicht, und wegen eines Rechtsstreits um die Leasingraten lag die Buran 002 nun vorläufig in Bahrein fest.
Diese Odyssee dürfte laut SPIEGEL ONLINE nun aber beendet sein – mit einem für die deutschen Raumfahrtfans besonders erfreulichen Happy-End: Denn das bekannte Auto- und Technik-Museum in Sinsheim hat die Buran 002 von NPO Molniya gekauft, und zwar schon Ende 2003. Laut Michael Walter, dem Geschäftsführer des Museums, wird das sowjetische Raumfahrt-Relikt in den nächsten Monaten auf ein Schiff verladen und nach Deutschland transportiert. Neben der Buran 002 besitzt das Museum noch ein zweites Buran-Exemplar „im Rohbau-Zustand“, das für den zweiten Standort des Museums in Speyer vorgesehen ist.
Das Auto- und Technikmuseum Sinsheim machte schon des Öfteren mit spektakulären Käufen von sich reden. So gingen vor einigen Monaten etwa die Bilder von einer der letzten Concordes durch die Medien, als diese ohne Flügel per Schiff und Sattelschlepper nach Sinsheim gebracht wurde. Auch eine Tupolew TU-144, das sowjetische Gegenstück zur Concorde, wird von dem Museum ausgestellt. Der Kaufpreis für die Buran 002 soll übrigens im „hohen sechsstelligen Euro-Bereich“ gelegen haben.
Den Bildern von der Buran 002 zufolge ist deren Inneres zwar in einem traurigen Zustand, sie diente offenbar als Ersatzteillager. Dennoch: Bedenkt man, dass sich die berühmten amerikanischen Space Shuttles, von denen es nun auch nur noch drei Exemplare gibt, wohl niemals nach Deutschland verirren werden, stellen die beiden Buran-Exemplare des Museums immerhin die einzige Gelegenheit dar, ein Raumschiff dieser Bauart mit eigenen Augen zu sehen, ohne gleich eine USA-Reise zu buchen. Raumfahrer.net wünscht der Buran 002 alles Gute.
Nachtrag
Einem früheren Bericht zufolge hatte ein deutscher Geschäftsmann angegeben, die Buran 002 gekauft zu haben. Er hätte sie zunächst in einer Tournee ausstellen und dann zerlegen und ihre Teile im Internet versteigern wollen. Gerüchte, dass er in Wirklichkeit das mit der Tournee verdiente Geld verwenden wollte, um die Raumfähre noch einmal aufzubauen und damit in letzter Sekunde den X-Prize zu gewinnen, erwiesen sich leider als haltlose Spekulationen…