Am 13. Februar 2020 wurden die ersten Ergebnisse einer Instrumentenmessung des Solar Orbiters geliefert. Sie bestätigen dem internationalen Forschungsteam, dass sich das Magnetometer nach der erfolgreichen Entfaltung des Instrumentenarms in einem guten Zustand befindet. Eine Information der Europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, ESA).
Quelle: ESA.
Die ESA-Mission Solar Orbiter startete am Montag, den 10. Februar 2020, um den Einfluss der Sonne auf die Heliosphäre genauer zu erforschen. An Bord befinden sich zehn wissenschaftliche Instrumente, von denen vier das direkte Umfeld der Sonde analysieren werden, darunter die elektromagnetischen Eigenschaften des Sonnenwindes und die geladenen Teilchen, die von der Sonne ausgespuckt und vom Solarwind durch unser Sonnensystem getragen werden. Drei der sogenannten In-situ-Instrumente verfügen über Sensoren, die sich auf dem 4,4 m langen Instrumentenarm befinden.
„Wir messen magnetische Felder, die zigtausend Mal kleiner sind als jene auf der Erde“, sagt Tim Horbury vom Imperial College London, Leitender Wissenschaftler für das Magnetometerinstrument (MAG). „Selbst Ströme in elektrischen Leitungen erzeugen Magnetfelder, die weit größer sind als das, was wir messen müssen. Deshalb befinden sich unsere Sensoren auf einem Ausleger, fern von der gesamten elektrischen Aktivität im Inneren des Raumfahrzeugs.“
Beobachtung des Magnetfeldes während der Entfaltungssequenz
Im Europäischen Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt wurden die beiden Sensoren des Magnetometers, einer am Ende des Auslegers und der andere in der Nähe des Hauptkörpers, etwa 21 Stunden nach dem Start eingeschaltet. Das Instrument zeichnete vor, während und nach der Entfaltung des Auslegers Daten auf. Auf diese Weise erhielten die Wissenschaftler Aufschluss über den Einfluss des Raumfahrzeugs auf die Messungen in der Weltraumumgebung.
Das Zwei-Komponenten-MAG wird das Magnetfeld um die Sonde äußerst präzise messen. Zu klären ist, wie das Magnetfeld der Sonne mit dem Rest des Sonnensystems interagiert und wie es sich verändert. Man erhofft sich Informationen zur Erwärmung der Korona und zum Energietransport im Sonnenwind.
„Die gewonnenen Daten zeigen, wie das Magnetfeld von der Umgebung des Raumschiffs bis zum Ort der tatsächlichen Inbetriebnahme der Instrumente abnimmt“, fügt Tim hinzu. „Es handelt sich um eine unabhängige Bestätigung, dass die Entfaltung tatsächlich stattgefunden hat und wir davon ausgehen können, dass die Instrumente auch in Zukunft genaue wissenschaftliche Messungen liefern werden.“
Während sich der Titan-/Kohlefaser-Arm am Mittwoch, fast drei Tage nach dem Start, über einen Zeitraum von 30 Minuten ausbreitete, konnten die Wissenschaftler beobachten, wie das Niveau des Magnetfelds um etwa eine Größenordnung abnahm. Am Anfang beobachteten sie vor allem das Magnetfeld des Raumfahrzeugs. Zum Ende des Vorgangs konnten sie erstmals einen Blick auf das deutlich schwächere Magnetfeld in der Umgebung werfen.
„Die Messungen vor, während und nach der Entfaltung des Instrumentenarms ermöglichen die Identifizierung und Charakterisierung von Signalen, die nicht mit dem Sonnenwind in Verbindung stehen. Dazu gehören beispielsweise Störungen, die von der Plattform des Raumfahrzeugs und anderen Instrumenten ausgehen“, sagt Matthieu Kretzschmar vom Laboratoire de Physique et Chimie de l’Environnement et de l’Espace in Orleans, Frankreich. Er ist leitender Wissenschaftler für das Hochfrequenz-Magnetometer des RPW-Instruments (Radio and Plasma Waves), der sich auch am Instrumentenarm befindet.
„Das Raumschiff wurde am Boden umfangreichen Tests unterzogen, um seine magnetischen Eigenschaften in einer speziellen Simulationsanlage zu messen, allerdings konnten wir diesen Aspekt bisher nicht vollständig im Weltraum testen, da die Testeinrichtungen in der Regel verhindern, dass wir das erforderliche sehr niedrige Niveau der Magnetfeldschwankungen erreichen“.
Als nächstes müssen die Instrumente kalibriert werden, bevor die eigentliche wissenschaftliche Arbeit beginnt.
Bereit für die Forschung
„Bis Ende April werden wir die In-situ-Instrumente nach und nach einschalten und überprüfen, ob sie ordnungsgemäß funktionieren“, sagt Yannis Zouganelis, stellvertretender Projektwissenschaftler der ESA-Mission Solar Orbiter. „Und bis dahin werden wir eine bessere Vorstellung von der Leistung der Instrumente haben und hoffentlich Mitte Mai erste wissenschaftliche Daten sammeln können“.
Neben der Entfaltung des Instrumentenarms wurden in den frühen Morgenstunden des 13. Februar 2020 drei Antennen des RPW-Instruments, mit denen die Eigenschaften der elektromagnetischen und elektrostatischen Wellen im Sonnenwind untersucht werden sollen, erfolgreich eingeschaltet. Die Ergebnisse müssen noch analysiert werden.
Der Solar Orbiter verfügt zusätzlich zu den vier In-situ-Instrumenten über sechs Fernerkundungsinstrumente. Es handelt sich dabei größtenteils um Teleskope, mit denen die Oberfläche der Sonne bei verschiedenen Wellenlängen erfasst werden kann, um so die bisher besten Bilder unseres Muttersterns zu erhalten.
„Die Fernerkundungsinstrumente werden in den kommenden Monaten in Betrieb genommen. Wir freuen uns darauf, sie im Juni [2020], wenn sich der Solar Orbiter der Sonne nähert, eingehender zu testen“, fügt Yannis hinzu.
Entschlüsselung der wissenschaftlichen Geheimnisse
Durch die Zusammenlegung beider Instrumentarien lässt sich das Geschehen auf der Sonne mit Phänomenen verbinden, die im Sonnenwind beobachtet werden. So können die Wissenschaftler zum Beispiel den 11-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität, die Erzeugung des Sonnenmagnetfeldes und die Beschleunigungsmechanismen der energiereichen Teilchen untersuchen.
„Die zehn Instrumente an Bord unserer Mission werden wie in einem Orchester zusammenspielen“, so Daniel Müller, Wissenschaftler in der ESA-Mission Solar Orbiter. „Wir haben gerade mit den Tests begonnen, und nach und nach werden weitere Instrumente hinzukommen. Sobald wir fertig sind, werden wir in einigen Monaten die Sonnensymphonie hören.“
Solar Orbiter ist eine von der ESA geleitete Mission mit maßgeblicher Beteiligung der NASA. Als Generalunternehmer fungiert Airbus Defence and Space mit Sitz in Stevenage, UK. Solar Orbiter ist die erste „Mittelklasse“-Mission, die unter dem derzeitigen ESA-Rahmenprogramm Cosmic Vision 2015-25 stattfindet.
Weitere Informationen zu Solar Orbiter: Solar Orbiter
Medienkit: https://esamultimedia.esa.int/docs/science/solar_orbiter_media_kit.pdf