SOHO: Glück im Unglück

Die Datenübertragung der Sonnensonde SOHO wird neuen Erkenntnissen zufolge durch den Ausfall eines Antennenmotors deutlich weniger gestört als zunächst befürchtet.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA/NASA.

Die Bahn von SOHO um den ersten Lagrange-Punkt. Gelb gestrichelt sind die Phasen, in denen die Datenübertragung zur Erde nicht über die Hauptantenne der Raumsonde erfolgen kann.
(Grafik: ESA)
Die Bahn von SOHO um den ersten Lagrange-Punkt. Gelb gestrichelt sind die Phasen, in denen die Datenübertragung zur Erde nicht über die Hauptantenne der Raumsonde erfolgen kann.
(Grafik: ESA)

Vor zweieinhalb Wochen meldete die ESA, dass die Datenübertragung des europäisch-amerikanischen Sonnenorbiters SOHO zukünftig alle drei Monate zwei- bis dreiwöchigen Ausfällen unterworfen sein werde; Ursache hierfür sei ein ausgefallener Stellmotor der Hochgewinnantenne, die zur Übertragung der wissenschaftlichen Beobachtungsdaten zur Erde dient und nun nicht mehr korrekt Richtung Erde ausgerichtet werden könne.
Nach umfangreichen Tests und Versuchen wird es der neuesten ESA-Pressemeldung zufolge jedoch nicht zu den befürchteten „Blackouts“ kommen. Zwar ist unverändert Stand der Dinge, dass die Hochgewinnantenne aufgrund des ausgefallenen Stellmotors nicht korrekt Richtung Erde ausgerichtet werden kann – was für die Datenübertragung mit dieser Antenne notwendig ist -, jedoch haben Ingenieure des SOHO-Teams herausgefunden, dass sich die beiden so genannten Niedriggewinnantennen der Raumsonde ebenfalls für die Übertragung der wissenschaftlichen Beobachtungsdaten nutzen lassen. Dadurch kann jedes Mal, wenn es wie erstmalig seit dem 30. Juni zu den zwei- bis dreiwöchigen Ausfällen der Hochgewinnantenne kommt, trotzdem ein Großteil der Daten zur Erde übertragen werden.

Eigentlich sind diese beiden so genannten Niedriggewinnantennen von SOHO, die fest montiert sind und die Radiosignale gleichmäßig in alle Richtungen („omnidirektional“) abstrahlen, nur für die Übertragung von Telemetriedaten von und zur Raumsonde mit niedriger Geschwindigkeit gedacht. Nun aber konnten bei Versuchen mit der 70 Meter-Antenne der amerikanischen Deep Space Network (DSN)-Bodenstation nahe Madrid erfolgreich wissenschaftliche Daten mit hoher Übertragungsrate empfangen werden, die von einer der beiden Niedriggewinnantennen abgestrahlt wurden. Die Erleichterung der SOHO-Ingenieure steigerte sich noch einmal als sie feststellten, dass auch mit den kleineren 34 Meter-Antennen des DSN wissenschaftliche Daten empfangen werden können, die mit einer Niedriggewinnantenne des Sonnenorbiters abgestrahlt werden. Obwohl in diesem Fall nur eine Datenübertragung mit mittlerer Datenrate möglich ist reicht die Geschwindigkeit dafür aus, um alle wissenschaftlichen Beobachtungsdaten in Echtzeit zur Erde zu übertragen. Die zusätzliche Übertragung von Beobachtungsdaten, die auf dem Bandrekorder von SOHO gespeichert sind, ist bei dieser Übertragungsgeschwindigkeit allerdings nicht möglich.

Wenn also in Zukunft alle drei Monate die Erde aus dem Richtstrahl der Hochgewinnantenne von SOHO gerät und ein Datenempfang mit den 26 Meter-Parabolantennen auf der Erde für zwei bis drei Wochen nicht mehr möglich ist, können die Wissenschaftler durch Umschaltung auf die beiden ungerichteten Niedriggewinnantennen der Raumsonde und die Nutzung von 34 Meter- beziehungsweise 70 Meter-Empfangsantennen auf der Erde dennoch die Beobachtungsdaten übertragen. Allerdings wird es während dieser Zeit immer wieder zu geringfügigen Unterbrechungen der Datenübertragung von SOHO kommen, da diese großen Empfangsantennen auch für die Kommunikation mit den interplanetaren Forschungssonden benötigt werden und deshalb nicht immer einer dieser Antennen für SOHO zur Verfügung stehen wird.

Dennoch können die Wissenschaftler der SOHO-Mission und auch alle anderen Einrichtungen, die von den Vorhersagen des „Sonnenwetters“ durch diesen Sonnenorbiter profitieren, erleichtert sein: Gegenüber den ersten Annahmen werden die Auswirkungen des defekten Stellmotors deutlich geringer sein als befürchtet. Voraussichtlich am 14. Juli wird die Datenübertragung von SOHO zur Erde wieder wie gewohnt mit Hilfe der Hochgewinnantenne durchgeführt werden können.

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