SOFIA: Tahiti statt Neuseeland

Fliegende Sternwarte SOFIA beobachtet den Südhimmel von Französisch-Polynesien aus. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR.

SOFIA im Landeanflug.
(Bild: NASA)

Neues Einsatzgebiet zur Beobachtung des Südhimmels

Eigentlich hätte die fliegende Sternwarte SOFIA den Nachthimmel der Südhalbkugel wie gewohnt von Neuseeland aus beobachten sollen. „Aufgrund der durch den Covid-19 verursachten Reiseeinschränkungen werden wir das Observatorium nicht wie gewohnt in Christchurch einsetzen. Wir haben uns daher entschieden, nach Tahiti auszuweichen“, sagt Heinz Hammes, SOFIA-Projektleiter bei der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. „Die Beobachtungen von der südlichen Hemisphäre aus haben für uns eine große wissenschaftliche Bedeutung. Deswegen sind wir der Regierung von Französisch-Polynesien sehr dankbar, dass sie uns aufgenommen und der wissenschaftlichen Gemeinschaft einen großen Dienst erwiesen haben. Alle unsere Mitarbeiter an Bord sind geimpft. Daher erwarten wir einen reibungslosen Ablauf der Kampagne und freuen uns auf tolle Ergebnisse“. SOFIA ist am 19. Juli 2021 um 13:42 Uhr Ortszeit (20. Juli 2021 01:42 Uhr deutscher Zeit) auf dem Fa’a’ā internationalen Flughafen in Französisch-Polynesien gelandet. Nach dieser Kampagne wird SOFIA nach Kalifornien zurückkehren, wo sie ihren jährlichen Routine-Check absolvieren wird, bevor das fliegende Observatorium wieder zu neuen spannenden Beobachtungen aufbrechen wird.

SOFIA auf dem internationalen Flughafen Fa’a’ā in Tahiti.
(Bild: NASA)

Von Französisch-Polynesien aus wird SOFIA etwa acht Wochen lang wissenschaftliche Flüge zur Beobachtung von astronomischen Quellen bestreiten, die von der nördlichen Hemisphäre aus nicht sichtbar sind. Während dieses Aufenthalts werden die Astronomen zwei der wissenschaftlichen Instrumente des fliegenden Observatoriums verwenden: das deutsche Instrument für hochauflösende Spektroskopie, GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) und das amerikanische Instrument zur Messung von Magnetfeldern, HAWC+ (High-resolution Airborne Wideband Camera).

Mit SOFIA den Ursachen des Klimawandels auf der Spur
„Zu den geplanten Projekten mit dem GREAT-Instrument gehören neue Messungen des atomaren Sauerstoffs in der oberen Atmosphäre der Erde. Sie werden uns dabei helfen, den Klimawandel besser zu verstehen“, berichtet Dr. Alessandra Roy, SOFIA-Projektwissenschaftlerin bei der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Klimamodelle sagen voraus, dass zunehmende Treibhausgaskonzentrationen die Temperaturen in der unteren Atmosphäre erhöhen, während die Temperaturen in der höheren Atmosphäre (Mesosphäre) sinken.

Atomarer Sauerstoff in der oberen Atmosphäre.
(Bild: ESA/NASA/Tim Peake)

„Diese SOFIA-Messungen des atomaren Sauerstoffs spielen eine wichtige Rolle bei der Abschätzung der Temperaturen im oberen Teil der Atmosphäre und können die Theorien bestätigen, die beschreiben, wie die Sonnenenergie zwischen der Erdoberfläche und dem Weltraum ausgetauscht wird“, betont Roy.

Mit SOFIA Rätsel im interstellaren Medium entschlüsseln

GREAT wird aber auch südliche Ziele für zwei große Projekte – die sogenannten Legacy Projects – ins Visier nehmen, die schon während des SOFIA-Aufenthaltes in Köln/Bonn mitbeobachtet wurden: „HyGAL“ und „FEEDBACK“. „HyGAL“ untersucht, wie die chemischen Reaktionen im sogenannten interstellaren Medium von den durch die Galaxie strömenden, hochenergetischen Teilchen – auch bekannt als kosmische Strahlung – beeinflusst werden. „FEEDBACK“ wird Regionen mit einer Vielzahl von massiven Sternengeburten untersuchen. Die Forscher wollen dabei herausfinden, welchen Einfluss Sternentstehungsaktivitäten auf die Entstehung anderer Sterne in diesem Gebiet haben, also ob sie den Prozess der Sternenbildung eher unterstützen oder behindern. „Diese Beobachtungen von SOFIA werden den Astronomen neue Erkenntnisse bringen, warum der Sternentstehungsprozess so ineffizient ist. Wir sehen viel weniger Sterne, als eigentlich da sein sollten. Das wirft die Frage auf, ob wir den Mechanismus der Sternentstehung vollständig verstanden haben“, sagt Roy.

Nach den 20 geplanten Flügen mit GREAT werden die Ingenieure und Techniker der Sternwarte den Empfänger austauschen und HAWC+ nutzen, um unter anderem das Legacy-Projekt „SIMPLIFI“ (Study of Interstellar Magnetic Polarization: a Legacy Investigation of Filaments) zu beginnen.

Säulen der Schöpfung.
(Bild: NASA, ESA and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA))

Dabei werden sie das SOFIA-Teleskop auf ganz spezielle kosmische Strukturen richten. Die sogenannten Filamente sind lange und dünne Gasformationen, in denen die meisten Sterne entstehen. Dank des Legacy-Programms werden die Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Rolle von Magnetfeldern in Sternentstehungsgebieten gewonnen haben. Während dieser zwölf Flüge mit HAWC+ wird das Observatorium auch das galaktische Zentrum beobachten, um die Rolle der Magnetfelder in den Regionen zu verstehen, die dem zentralen supermassiven schwarzen Loch am nächsten sind.

SOFIA

SOFIA ist ein weltweit einzigartiges, fliegendes Observatorium, das den Weltraum im Infrarotbereich untersucht. So erforscht die Sternwarte etwa, wie sich Milchstraßensysteme entwickeln oder wie Sterne und Planetensysteme aus interstellaren Molekül- und Staubwolken entstanden sind. Möglich wird dies durch ein 17 Tonnen schweres, in Deutschland entwickeltes und gefertigtes Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 2,7 Metern. SOFIA verfügt über sechs verschiedene wissenschaftliche Instrumente, von denen drei aus Deutschland stammen – zwei Instrumente für das Fern-Infrarot und ein optisches Instrument.

Das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird von der Deutschen Raumfahrtagentur mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA-Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA).

GREAT

GREAT, der „German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies“, ist ein Empfänger für spektroskopische Ferninfrarot-Beobachtungen in einem Frequenzbereich von 1,25 bis 5 Terahertz (60 bis 240 Mikrometer Wellenlänge), der von bodengebundenen Observatorien aufgrund der mangelnden atmosphärischen Transparenz nicht zugänglich ist. Dieser Empfänger kommt als Instrument der ersten Generation am Flugzeug-Observatorium SOFIA zum Einsatz. GREAT wurde vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn und dem I. Physikalischen Institut der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Optische Sensoren in Berlin entwickelt und gebaut. Die Entwicklung des Instruments wurde finanziert mit Mitteln der beteiligten Institute, der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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