SMART-1-Ionenantrieb durchbricht Schallgrenze

Am Abend des 11. Dezember hat der innovative Ionen-Antrieb der europäischen Mondsonde SMART-1 die Schallgrenze von 1.000 Stunden Betriebsdauer durchbrochen.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA.

Der Ionen-Antrieb von SMART-1 .
(Grafik: ESA)

Mittlerweile hat die kleine Raumsonde mehr als 150 Erdumkreisungen absolviert und entfernt sich auf spiralförmigen Bahnen stetig immer weiter von der Erde. Der erdnächste Punkt der stark elliptischen Umlaufbahn von SMART-1 ist durch den Einsatz des Ionen-Triebwerks seit dem Start Ende September von anfänglichen 656 auf mittlerweile 8.097 Kilometer über dem Erdboden angehoben worden, parallel dazu hat sich die Dauer eines Umlaufs um fast fünf Stunden auf 16 Stunden und 11 Minuten verlängert. Die Geschwindigkeit der Raumsonde konnte um annähernd 2.700 km/h gesteigert werden, und diese in der Summe beeindruckenden Ergebnisse sind mit gerade einmal 16,7 Kilogramm Xenon-Treibstoff erreicht worden! Eben diese Genügsamkeit des mit Sonnenenergie und dem Edelgas Xenon betriebenen Ionen-Triebwerks gegenüber konventionellen Triebwerken, die mit chemischen Treibstoffen arbeiten, ist eine der attraktivsten Eigenschaften dieses neuartigen Triebwerktyps.

Auch die in der Vergangenheit – vor allem während der Phase heftigster Sonnenstürme Ende Oktober bis Anfang November – aufgetretenen „Flame-Outs“ sind nun schon seit mehreren Wochen nicht mehr beobachtet worden. Bei diesen Ereignissen handelt es sich um ungeplante Abschaltungen des Ionen-Triebwerks, die nach Erkenntnissen der Missionsspezialisten beim European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt durch Datenfehler in der Steuerelektronik des Triebwerks verursacht worden sind: höchstwahrscheinlich eine Folge der extremen Belastungen, denen die Bordelektronik aufgrund der heftigen Sonnenstürme ausgesetzt war.

In der vergangenen Woche ist ein Software-Update zur Raumsonde übermittelt worden, das in Zukunft bei derartigen ungewollten Abschaltungen des Ionen-Triebwerks für eine automatische Neuzündung sorgen soll. Als Konsequenz dieses Updates wird das Triebwerk ab sofort auch dann aktiviert bleiben, wenn SMART-1 in Bereiche des Van Allen-Strahlungsgürtels unterhalb von 10.000 Kilometer Flughöhe eintaucht, wo die Belastung durch geladene Teilchen – und damit auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Flame-Outs – besonders hoch ist. Dieser nunmehr möglich „Dauerbetrieb“ wird dafür sorgen, dass die Raumsonde die gefährlichen Bereiche des Van Allen-Strahlungsgürtels schneller hinter sich läßt.
Wie schon in den Wochen zuvor liegt die Schubleistung des Ionen-Triebwerks immer noch um gut ein Prozent über den Werten, die aufgrund der Tests vor dem Start erwartet worden waren: Alles in allem verläuft der Einsatz dieses neuen Triebwerktyps unter realen Bedingungen bisher sehr vielversprechend.

In den letzten drei Wochen ist die elektrische Leistung der beiden Solarpaneele von SMART-1 nicht mehr weiter zurückgegangen. Wie vor dem Start erwartet setzte die Strahlenbelastung des Van Allen-Gürtels den Solarzellen spürbar zu und sorgte dafür, dass die Energieproduktion der beiden Solarpaneele zunächst um insgesamt etwa 80 Watt sank. Das dieser Effekt mittlerweile zum Stillstand gekommen ist liegt an der sich ständig verringernden Entfernung der Erde zur Sonne, die auf ihrer leicht elliptischen Umlaufbahn den sonnennächsten Punkt am 3. Januar erreichen wird. Zumindest bis dahin werden die Schädigungen der Solarzellen im Strahlungsgürtel durch die intensiver werdende Sonneneinstrahlung kompensiert.
Auch die extrem starken Sonnenstürme haben ihren Teil zur Schädigung der Solarzellen beigetragen, dass seit einigen Wochen ruhigere „Sonnenwetter“ macht sich insofern ebenfalls positiv bemerkbar. Die Effekte des Van Allen-Gürtels auf die Solarzellen sind jedoch bei der Konstruktion von SMART-1 berücksichtigt worden, so dass die Solarpaneele der Raumsonde auch nach Verlassen dieser Region immer noch ausreichend Energie produzieren werden, um den Ionen-Antrieb mit voller Kraft laufen zu lassen.

In den letzten Tagen ist mehrmals die Synchronisation der Zeitgeber im Haupcomputer der Sonde sowie in den so genannten Star Trackern verloren gegangen. Nach der Ursache für diesen Fehler wird zur Zeit von den Missionsspezialisten und Ingenieuren in Darmstadt geforscht, ein Risiko für den Missionsverlauf stellt dieses Problem jedoch nicht dar. Der Grund für leicht erhöhte Temperaturwerte in einem der beiden Star Tracker – einer kleinen Kamera zur Aufnahme von Sternenbildern, die für die Navigation verwendet werden – konnte durch eine Lageveränderung von SMART-1 geklärt werden: Offensichtlich werden die zeitweise gemessenen zu hohen Temperaturen in diesem Instrument durch Sonneneinstrahlung hervorgerufen, denn die Temperaturwerte änderten sich an beiden Star Trackern parallel zur Lageveränderung der Raumsonde. Mit diesem Wissen können die Flugingenieure in Zukunft die Temperatur dieser Instrumente kontrolliert je nach Notwendigkeit verändern, um die Funktionsfähigkeit der Star Tracker sicherzustellen.

Das Ionen-Triebwerk von SMART-1 wird voraussichtlich noch bis Ende Januar im Dauerbetrieb arbeiten, bevor es aus navigatorischen Gründen für drei Wochen ausgeschaltet werden wird. Diese Zeit wird dann für die Kommissionierung (d.h. Überprüfung) der wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde genutzt werden.

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