Die europäische Sonde SMART-1 ist in der Nacht zum Dienstag erfolgreich in eine Umlaufbahn um den Mond eingetreten – ein bedeutender Meilenstein für die erste von Europas kleinen Missionen für fortgeschrittene technologische Forschung. In den kommenden Wochen wird die 110 Millionen Euro teure Sonde ihre Bahnen immer enger um den Erdtrabanten ziehen, bis sie nah genug ist, um ihn im Detail zu untersuchen.
Ein Beitrag von Julian Schlund. Quelle: ESA.
Nach einer Reise von 14 Monaten absolviert die ESA-Sonde SMART-1 nun ihre erste Umlaufbahn um den Mond. Während der Reise der Sonde zum Mond und ihrer Vorbereitung auf die bevorstehenden wissenschaftlichen Experimente wurde mit Erfolg eine Reihe neuer Technologien erprobt, die den Weg für künftiger interplanetarer Missionen ebnen.
Gut vier Jahrzehnte nach der ersten Mondlandung einer sowjetischen Sonde war SMART-1 im September 2003 mit einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana abgehoben. Der Weg, den Smart 1 zum Mond nimmt, ist vergleichsweise lang, die US-Astronauten der Apollo-Missionen hatten in den sechziger und siebziger Jahren lediglich drei Tage zum Erdtrabanten gebraucht. Doch die Reisedauer gehört zum Konzept der Mission. Hauptziel der ersten Missionsphase die nun mit der Ankunft am Mond endet, war die Erprobung neuer Technologien:
Erstmals setzten die Europäer bei dieser Mission den revolutionären Ionen-Motor ein, der mit Sonnensegeln Lichtstrahlen für die Stromerzeugung einfängt. Er ermöglicht Langzeit-Missionen, die mit traditionellen Antriebsweisen nicht realisierbar wären und erzeugt lediglich so viel Druck, wie eine Postkarte, die man in der Hand wiegt.
Im Rahmen des Experiments OBAN wurde auf Bodencomputern Navigationssoftware getestet. Die mit OBAN demonstrierte Technologie soll künftigen Raumfahrzeugen gestatten, ihre Position und Geschwindigkeit selbst zu überprüfen und damit das Eingreifen des Bodenkontrollpersonals zu minimieren.
Mit den Experimenten KaTE und RSIS erprobte SMART-1 durch Funkübertragungen in vergleichsweise sehr hohen Frequenzen zudem die interplanetare Kommunikation. Diese Technologie soll die Übertragung immer größerer Volumen wissenschaftlicher Daten von künftigen Raumfahrzeugen zur Erde ermöglichen. Das Laser-Link-Experiment diente dazu, für künftige Kommunikationszwecke nachzuweisen, dass ein Laserstrahl von der Erde auf ein sich bewegendes Raumfahrzeug im fernen Weltraum gerichtet werden kann.
Mit sage und schreibe nur 82 Kilogramm Xenon-Treibstoff legte die Raumsonde schließlich 78 Millionen Kilometer zurück, bevor sie am 15. November um 18.53 Uhr in die erste Mond-Umkreisung einschwenkte. Wenige Stunden zuvor, um 6.24 Uhr MEZ, war der solarelektrische Antrieb der Sonde (das Ionentriebwerk) aktiviert worden und wird nun für das heikle Manöver der Stabilisierung der Sonde in der Mondumlaufbahn gezündet. Der neue Antrieb habe sich bestens bewährt, heißt es im Darmstädter Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA. Mit dem verbleibenden Treibstoff konnte man die Höhe der endgültigen Mondumlaufbahn erheblich verringert werden.
Durch die demnach größere Nähe zur Mondoberfläche werden noch günstigere Bedingungen für die im Januar beginnenden wissenschaftlichen Beobachtungen erreicht. Im Falle einer Verlängerung der wissenschaftlichen Beobachtungsphase soll der zusätzliche Treibstoff auch dazu genutzt werden, die Sonde nach der sechsmonatigen Beobachtungsphase im Juni wieder in eine stabile Mondumlaufbahn zu befördern.
Von Januar 2005 an wird Smart-1 im Abstand von 300 bis 3000 Kilometer über die Mondoberfläche fliegen. Mindestens ein halbes Jahr lang soll die Sonde mit ihrer hochauflösenden Kamera den Mond genau kartieren, denn vor allem auf der Rückseite des Trabanten sind noch nicht alle Regionen genau untersucht.
Die Bahn der Sonde wird über die beiden Pole des Monds führen. In den Kratern des Südpols, in die kaum ein Lichtstrahl dringt, vermuten Forscher Wassereis. Um danach zu suchen ist die Sonde mit einem Spektrometer ausgerüstet, das das Infrarotlicht analysiert, das von der Mondoberfläche reflektiert wird. Mit Hilfe eines Röntgen-Spektrometers sowie einiger weiterer Instrumente an Bord von Smart-1 werden die ESA-Forscher das Mondgestein chemisch analysieren. Sie erwarten, dass der Erdtrabant ähnlich zusammengesetzt ist wie der Mantel der Erde. Der Grund? Der gängigen Theorie zufolge stürzte vor circa 4,6 Milliarden Jahren ein Meteorit so groß wie der Mars mit der noch jungen Erde zusammen, wodurch ein Teil des Erdmantels schmolz und ins All geschleudert wurde. Aus diesen Trümmern soll sich nach und nach der Mond geformt haben.