SLS: Tests für die Hauptstufe

Die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde hat weitere Fortschritte bei der Entwicklung ihrer neuen Schwerlastträgerrakete gemacht, dem Space Launch System (SLS). Diese Fortschritte betrafen vor Allem die Hauptstufe der Rakete. So wurden etwa Testzündungen mit einem Modell der Hauptstufe durchgeführt und ein Anti-Geyser System getestet.

Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NASA, NSF.

Ein Blick auf die Unterseite des SLS mit den 4 Haupttriebwerken und den beiden seitlich angebrachten Boostern- Illustration.
(Bild: NASA)

Bei ihr handelt es sich wohl um die komplexeste Komponente des Space Launch Systems, der neuen Schwerlastträgerrakete der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA: Die zylindrische Hauptstufe. Zentral angebracht, treibt sie zusammen mit den beiden seitlich montierten Feststoffboostern das SLS auf dem Flug ins All an. Dafür verfügt die Hauptstufe über 4 RS-25 Raketentriebwerke und zwei große Tanks, in denen der Treibstoff für diese Triebwerke aufbewahrt wird. Während des Fluges brennen die vier RS-25 Triebwerke über 9 Minuten und die beiden Booster etwa zwei Minuten lang, wobei sich die Hauptstufe natürlich nicht unwesentlich erhitzt.

Verschiedene Ansichten der Hauptstufe des Modells.
(Bild: NASA)

Deshalb wird ein Hitzeschutzsystem für die Hauptstufe entwickelt, das die Rakete vor dieser Hitze beschützt. Dafür werden aber genaue Daten benötigt, wie genau sich die Hauptstufe erhitzt. Weil es äußerst aufwendig ist, das am Computer zu simulieren, testet die NASA zusammen mit der Firma CUBRC in Buffalo ein Modell des SLS. Dabei handelt es sich um eine verkleinerte Version des SLS im Maßstab 1:50, fast zwei Meter hoch und ausgestattet mit über 200 Sensoren. Dieses Modell ist ausgelegt für dutzende, wenn nicht sogar hunderte Testläufe. Es dauerte etwa anderthalb Jahre, dieses Modell zu entwerfen und zu bauen. Die ersten Tests begannen im August, damals kam vorerst nur die Hauptstufe zum Einsatz. Seit Anfang Januar wird auch ein komplettes Modell des SLS getestet. Bei den einzelnen Testläufen wird das Modell zunächst mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff befüllt und daraufhin in einem der Schocktunnel der Firma CUBRC gezündet. Diese Schocktunnel sind dazu in der Lage, die erwarteten Flugbedingungen bezüglich Geschwindigkeit, Temperatur und Druck zu simulieren. Die Zündung selbst dauert nur 50 bis 150 Millisekunden, was ein genaues Timing erfordert. Für die Beobachtung der Testzündungen kommen Hochgeschwindigkeits- und Infrarotkameras und Laserdiagnosen zum Einsatz. Bis jetzt wurden bereits etwa 30 Testläufe durchgeführt, insgesamt sollen es 85 sein. Die Tests sollen in diesem Sommer abgeschlossen werden.

NASA/MSFC
Die Testversion der Zuleitung mitsamt Anti-Geysir System auf dem Teststand.
(Bild: NASA/MSFC)

Eine andere Testserie bezüglich der Hauptstufe wurde dagegen bereits jetzt abgeschlossen: Die Anti-Geysir Tests. Bei Raketen versteht man unter einem Geysir, dass die Zuleitung für flüssigen Sauerstoff erwärmt wird. Dadurch beginnt die Flüssigkeit zu kochen, sodass sich große Gasblasen bilden, die sich mit hoher Geschwindigkeit nach oben bewegen. Dabei können Komponenten der Zuleitung beschädigt werden, was nicht so toll ist. Deshalb wird ein System benötigt, das diese Geysire unterdrückt. Der Schüssel dazu ist Helium. Das Gas wird in die Leitung eingespritzt, wodurch der flüssige Sauerstoff zirkuliert wird. Durch diese Rührbewegung wird die Temperatur der Flüssigkeit gleich gehalten und eine lokale Erwärmung verhindert, die zu solchen Geysiren führt.

NASA/MSFC
Die beteiligten Ingenieure beobachten einen Anti-Geysir Test.
(Bild: NASA/MSFC)

Ein solches System wird auch in der Zuleitung für flüssigen Sauerstoff der Hauptstufe des SLS zum Einsatz kommen. Zuvor muss es jedoch noch getestet werden. Diese Tests begannen im August und endeten Ende Januar, sie wurden auf dem Gelände des Marshall Space Flight Centers im US-Bundesstaat Alabama von Ingenieuren der NASA und dem Hersteller der SLS-Hauptstufe, Boeing, durchgeführt. Dafür existiert eine Nachbildung der Zuleitung in Originalgröße mit einer Länge von etwa 13 m. Durch diese Nachbildung wurde dann flüssiger Sauerstoff geleitet und das Anti-Geysir System gestartet. Insgesamt dauerten diese Tests mehr als 120 Stunden, die zuständigen Ingenieure sind mit den Ergebnissen zufrieden. Die Daten, die während der Testläufe gesammelt wurden, werden dazu beitragen, das Design des Anti-Geysir Systems zu verbessern und die Prozeduren zum Betanken des SLS zu validieren.

NASA
Das Vertical Assembly Center in der Michoud Assembly Facility.
(Bild: NASA)

Gleichzeitig wird in der Michoud Assembly Facility (MAF), einer großen Fabrikationshalle nahe New Orleans, mithilfe von High-Tech Schweißmaschinen die erste Hauptstufe für das SLS gebaut. Dieses Projekt hat sich jedoch um ein paar Wochen verzögert, da sich ein Kugellager von dem gigantischen, turmförmigen Vertical Assembly Center gelöst hat. Zum Glück wurde niemand bei diesem Unglück verletzt. Die fertige Hauptstufe soll mithilfe des Pegasus-Leichters Ende 2016/Anfang 2017 zu dem Stennis Space Center im US-Bundesstaat Mississippi befördert werden. Dort sollen dann strukturelle Tests sowie zwei Testzündungen der vier RS-25 Triebwerke erfolgen. Gleichzeitig werden auf dem Gelände des Marshall Space Flight Centers strukturelle Belastungstests der beiden großen Tanks der Hauptstufe erfolgen.

Die weiteren Highlights der SLS-Entwicklungsarbeiten im diesem Jahr werden neben den besagten Arbeiten an der ersten Hauptstufe eine Testzündung des neuen 5-Segmente Feststoffboosters, Testzündungen des RS-25 Haupttriebwerks, integrierte Tests der Avioniksysteme und das Critical Design Review des gesamten SLS sein, eine rigorose Designprüfung.

NASA
Das SLS während des Fluges- Illustration
(Bild: NASA)

Das Space Launch System ist der neue Schwerlastträger der NASA. Er basiert zu großen Teilen auf dem 2011 außer Dienst gestellten Space Shuttle: So werden die Hauptstufe aus dem External Tank des Shuttles, die 5-Segmente Booster aus den SRBs und die RS-25 Triebwerke aus den SSMEs entwickelt. Es wird drei Varianten des SLS geben: Die Block I Version wird lediglich eine leicht modifizierte Version der DCSS (Delta Cyrogenic Second Stage) als Oberstufe haben. Mit ihr soll der Erstflug EM-1 erfolgen. Block IB wird über die wesentlich stärkere EUS (Exploration Upper Stage)-Oberstufe verfügen. Bei Block II handelt es sich um die stärkste Variante des SLS, seine Oberstufe wird ebenfalls die EUS sein; die Feststoffbooster werden durch verbesserte Booster ersetzt, ihr Konzept ist jedoch noch nicht festgelegt, obwohl bereits verschiedene Vorschläge zu neuen Flüssig- oder Feststoffboostern existieren. Der Erstflug des SLS ist nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) geplant, bei der das neue NASA-Raumschiff Orion noch unbemannt zum Mond fliegen wird. Weitere SLS-Missionen sollen bemannte Marsflüge in den 2030ern vorbereiten, jedoch hat der US-Kongress immer noch keine dieser Missionen bewilligt, obwohl er als Unterstützer des SLS gilt.

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