Die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde NASA hat einen sogenannten Chill Test eines RS-25 Triebwerks abgeschlossen, wie es auch einmal in der Hauptstufe des Space Launch System zum Einsatz kommen soll, dem neuen Schwerlastträger der NASA. Bei diesem Test handelt es sich um eine wichtige Vorbereitung für eine Testzündung dieses neuen Triebwerks.
Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NASA, NSF.
30 Jahre lang haben sie das Space Shuttle zuverlässig in den Weltraum befördert: Die SSMEs, die Haupttriebwerke des Space Shuttles. Nun werden sie auf ihren nächsten Einsatz vorbereitet: In Zukunft sollen diese Triebwerke die neue Schwerlastträgerrakete der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA antreiben, das Space Launch System (SLS). Dafür wurden die SSMEs nach der Einstellung der Space Shuttle-Flüge 2011 aus den Orbitern des Space Shuttles ausgebaut, sie werden nun modifiziert, um bereit für ihre neue Aufgabe zu sein. Es existieren insgesamt noch 15 betriebsbereite SSMEs, die nun als RS-25 bezeichnet werden, ein 16. Triebwerk kann aus verbliebenen Ersatzteilen zusammengebaut werden. Die Modifikationen betreffen vor allem den Controller des RS-25, gewissermaßen das elektronische Gehirn des Triebwerks, das für die Steuerung und die Kommunikation des RS-25 mit der restlichen Rakete zuständig ist. Da die Technologie seit der Konstruktion der Triebwerke stetig Fortschritte gemacht hat, soll nun ein verbesserter Controller, dessen Technologie sehr stark auf dem Controller des J2-X Triebwerks aufbaut, in dem RS-25 bei SLS-Flügen zum Einsatz kommen.
Um diesen neuen Controller zu testen, wird zum Einen im Marshall Space Flight Center in Alabama mit einer Testversion dieses Controllers ein SLS-Flug simuliert. Zum Anderen soll eine weitere Testversion des Controllers bei einer Testzündung eines RS-25 Triebwerks getestet werden. Dabei wird ein modifiziertes RS-25 Triebwerk tatsächlich gezündet, um Daten über diese Modifikationen zu sammeln. Dieser bedeutende Meilenstein für die Entwicklung des SLS soll 2015 auf dem A-1 Teststand des Stennis Space Centers im US-Bundesstaat Mississippi geschehen. Für diese Triebwerkstests wurde der Teststand seit 2013 umgebaut. Ursprünglich war geplant, bereits im Sommer dieses Jahres eine erste Testzündung durchzuführen, jedoch zeigte sich bei Analysen der Treibstoffleitungen des Teststandes, dass die Zuleitungsrohre verunreinigt sind. Daher musste das bereits installierte RS-25 Triebwerk wieder entfernt und die verunreinigten Leitungen ersetzt werden. Am 23. Oktober 2014 wurde das Triebwerk wieder installiert, nun hat die NASA am 11. Dezember 2014 einen weiteren Schritt auf dem Weg zu der ersten Testzündung unternommen.
Und zwar einen sogenannten Chill Test. Bei diesem Test fließen die beiden Treibstoffe LOX (flüssiger Sauerstoff) und LH2 (flüssiger Wasserstoff) durch die Treibstoffleitungen des Teststandes und des Triebwerkes selbst, um sicherzustellen, dass es damit keine Probleme gibt. Beide Treibstoffe sind äußerst kalt: Sauerstoff wird bei einer Temperatur von etwa -183 °C flüssig, Wasserstoff sogar bei -252 °C. Während des Chill Tests haben die zuständigen Ingenieure die Temperaturen, Durchflussraten und die Drücke der Treibstoffe gemessen. Auch wurden durch den Chill Test die geplanten Prozeduren für eine Testzündung überprüft und die benötigte Zeit für diese Prozeduren bestimmt. Ein ähnlicher Test wurde auf dem Teststand bereits im Frühjahr 2014 durchgeführt, jedoch noch ohne installiertes Triebwerk und „nur“ mit flüssigem Stickstoff. 2015 können dann endlich die lang erwarteten Triebwerkstests beginnen.
Dieses Jahr sollen ebenfalls noch das gigantische Vertical Assembly Center validiert werden, in dem die Hauptstufe des SLS gefertigt werden soll, und das Fundament für die neuen Teststände fertiggestellt werden, mit denen strukturelle Belastungstests von SLS-Elementen erfolgen sollen. Die Highlights der SLS-Entwicklungsarbeiten im nächsten Jahr werden neben den besagten Triebwerkstests eine Testzündung des neuen 5-Segmente Feststoffboosters und das Critical Design Review des gesamten SLS sein, eine rigorose Designprüfung.
Das Space Launch System ist der neue Schwerlastträger der NASA. Er basiert zu großen Teilen auf dem 2011 außer Dienst gestellten Space Shuttle: So werden die Hauptstufe aus dem External Tank des Shuttles, die 5-Segmente Booster aus den SRBs und die RS-25 Triebwerke aus den SSMEs entwickelt. Es wird drei Varianten des SLS geben: Die Block I Version wird lediglich eine leicht modifizierte Version der DCSS (Delta Cyrogenic Second Stage) als Oberstufe haben. Mit ihr soll der Erstflug EM-1 erfolgen. Block IA wird über die wesentlich stärkere EUS (Exploration Upper Stage)-Oberstufe verfügen. Bei Block II handelt es sich um die stärkste Variante des SLS, seine Oberstufe wird ebenfalls die EUS sein; die Feststoffbooster werden durch verbesserte Booster ersetzt, ihr Konzept ist jedoch noch nicht festgelegt, obwohl bereits verschiedene Vorschläge zu neuen Flüssig- oder Feststoffboostern existieren. Der Erstflug des SLS ist nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) geplant, bei der das neue NASA-Raumschiff Orion noch unbemannt zum Mond fliegen wird. Weitere SLS-Missionen sollen bemannte Marsflüge in den 2030ern vorbereiten, jedoch hat der US-Kongress immer noch keine dieser Missionen bewilligt, obwohl er als Unterstützer des SLS gilt.
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