Nach langen Verzögerungen steht nun ein Termin für QM-1 fest, die Testzündung eines 5-Segmente Feststoffboosters, wie er bei der neuen Schwerlastträgerrakete Space Launch System der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA zum Einsatz kommen soll. Die Probleme mit Rissen in dem festen Treibstoff sind nun gelöst.
Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NSF, ATK, NASA.
Zwei altbekannte Veteranen werden nicht später als im November 2018 dabei helfen, das Space Launch System (SLS), die neue Schwerlastträgerrakete der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur NASA, zu seinem Erstflug starten: Die beiden Feststoffbooster. Sie sind bestens bekannt aus Space Shuttle-Zeiten: Seitlich an dem orangenem External Tank angebracht, trugen sie erheblich dazu bei, dass das Space Shuttle 134 mal erfolgreich den Orbit erreichte. Für ihre neue Aufgabe am Space Launch System mussten sie dennoch modifiziert werden: Die alte Avionik (elektronische Systeme, die den Booster zünden, steuern und abwerfen) wurde modernisiert, die alte Isolierung wurde durch eine neue ersetzt, die ohne den giftigen Stoff Asbest auskommt, und ein fünftes Treibstoffsegment wurden hinzugefügt. Um zahlreiche dieser Modifikationen zu testen und so sicherzustellen, dass alles wie gewünscht funktioniert, soll ein solcher neuer 5-Segmente Feststoffbooster am Boden testgezündet werden. Der Name dieser Testzündung lautet QM-1, Qualification Motor 1.
Die NASA und die Herstellerfirma der Booster, ATK (Allied Techsystems), haben durchaus Erfahrung mit solchen Testzündungen: Im Rahmen der Entwicklungsarbeiten für die inzwischen eingestellte Rakete Ares 1 wurden bereits von 2009 bis 2011 drei 5-Segmente Feststoffbooster am Boden testgezündet. Alle drei Tests waren erfolgreich, und so gingen die NASA und ATK nicht davon aus, dass es bei der nächsten Testzündung QM-1 zu größeren Problemen kommen würde. Im Herbst 2012 wurden die einzelnen Segmente des Boosters zu dem Teststand in Promontory im US-Bundesstaat Utah gebracht. Der Zusammenbau des Boosters begann, man ging von einer Testzündung Anfang 2013 aus.
Doch dann zeigte sich bei einer routinemäßigen Röntgenuntersuchungen des letzten Boostersegments, dass es ein Problem gab: Es existierten kleine Lücken zwischen der Isolierung des Boosters und dem Treibstoff. Die Isolierung grenzt direkt an die Außenhülle des Boosters und den festen Treibstoff im Inneren. Das Problem bei Lücken zwischen der Isolierung und dem Treibstoff ist, dass sie zu Unregelmäßigkeiten bei der Verbrennung führen können. Das mangelhafte Segment wurde also entfernt und ein neues Segment hergestellt, das eine Vermutung überprüfen sollte: Die beteiligten Ingenieure gingen anfangs davon aus, dass die Probleme durch einen neuen Herstellungsprozess zustande gekommen sind. Also wurde bei dem neuen Segment wieder der bisherige Herstellungsprozess angewandt, mit dem vorher zahlreiche Segmente ohne Mängel produziert wurden. Als dieses neue Segment, genannt PSA-1 (Process Simulation Article 1), jedoch weiterhin Lücken aufwies, kam man zu dem Schluss, dass die Ursache woanders liegen muss.
Recht bald konzentrierten sich die Untersuchungen auf ein neues Material in der Isolierung. Diese beinhaltete zu Space Shuttle-Zeiten das giftige Material Asbest. Im Rahmen der Arbeiten an Ares 1 wurde daher die Formel der Isolierung geändert, um die Isolierung umweltfreundlich zu machen. Also hat man untersucht, wie die Isolierung verändert werden muss, damit keine Lücken mehr entstehen. Im Zuge dieser Arbeiten hat man ein weiteres Segment hergestellt, EA-1 (Evaluation Article 1). Ein Teil der Isolierung an dem Booster verwendete den bisherigen Aufbau, der andere Teil einen neuartigen. Anschließende Untersuchungen zeigten dann, dass der Durchbruch geschafft war: Der Teil des Boostersegments, bei dem der neue Aufbau der Isolierung zum Einsatz kam, war frei von jeglichen Lücken. Der neue Aufbau sah folgendermaßen aus: Alle Schichten der Isolierung wurden aufgetragen, bis auf eine. Dann wird ein Material namens Chemlok hinzugefügt, danach die letzte Schicht der Isolierung.
Mit dieser neuen Erkenntnis wurde damit begonnen, ein weiteres Segment herzustellen: PSA-2 (Process Simulation Article 2). In diesem Segment sollten zu Validierungszwecken alle Maßnahmen zum Einsatz kommen, die die Ingenieure entwickelt haben, um Lücken zwischen der Isolierung und dem Treibstoff zu vermeiden. Im Oktober wurde PSA-2 mit Treibstoff beladen, Anfang November wurde damit begonnen, es mit Röntgenstrahlung zu untersuchen. Nun wurde die Inspektion abgeschlossen, es handelt sich bei PSA-2 um das reinste Segment, das jemals hergestellt wurde. Damit gilt das Problem als gelöst. Deshalb sind die NASA und ATK dazu in der Lage, ein neues Datum für den QM-1 Boostertest zu setzen: Am 11. März um 17:30 MEZ soll die Testzündung nach aktuellen Planungen stattfinden.
Das Space Launch System ist der neue Schwerlastträger der NASA. Er basiert zu großen Teilen auf dem 2011 außer Dienst gestellten Space Shuttle: So werden die Hauptstufe aus dem External Tank des Shuttles, die 5-Segmente Booster aus den SRBs und die RS-25 Triebwerke aus den SSMEs entwickelt. Es wird drei Varianten des SLS geben: Die Block I Version wird lediglich eine leicht modifizierte Version der DCSS (Delta Cyrogenic Second Stage) als Oberstufe haben. Mit ihr soll der Erstflug EM-1 erfolgen. Block IA wird über die wesentlich stärkere EUS (Exploration Upper Stage)-Oberstufe verfügen. Bei Block II handelt es sich um die stärkste Variante des SLS, seine Oberstufe wird ebenfalls die EUS sein; die Feststoffbooster werden durch verbesserte Booster ersetzt, ihr Konzept ist jedoch noch nicht festgelegt, obwohl bereits verschiedene Vorschläge zu neuen Flüssig- oder Feststoffboostern existieren. Der Erstflug des SLS ist nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) geplant, bei der das neue NASA-Raumschiff Orion noch unbemannt zum Mond fliegen wird. Weitere SLS-Missionen sollen bemannte Marsflüge in den 2030ern vorbereiten, jedoch hat der US-Kongress immer noch keine dieser Missionen bewilligt, obwohl er als ein Unterstützer des SLS gilt.
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