Sieben Aktive auf der ISS

In dieser geschäftigen Woche waren wieder einmal alle sieben Bewohner der ISS tätig und widmeten sich ihren Forschungs- und Routineaufgaben.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA, Roskosmos, Raumcon. Vertont von Peter Rittinger.

Roskosmos
Kosmonaut bei der Arbeit
(Bild: Roskosmos)

Höhepunkt war gleich am Montag der Ausstieg von Gennadi Padalka und Juri Malentschenko. Die beiden erfahrenen Kosmonauten sollten verschiedene Arbeiten an der Außenseite der Station ausführen. Zunächst kam es wegen einer Undichtigkeit im Inneren zu etwa einer Stunde Verzögerung. Der Ausstieg (Wuichod w otkruitui Kosmos) begann mit Arbeiten zur Verlegung des mechanischen Kranarms Strela 2 vom Kopplungs- und Schleusenmodul Pirs zum Vielzweckmodul Sarja. Dazu wurde der bereits vor einigen Monaten nach Poisk verlegte Strela 1 verwendet.

Die Choreografie des Austauschs sah zunächst Gennadi Padalka an den Bedienelementen von Strela 2 und Juri Malentschenko an dessen Spitze. Gennadi fuhr den Kranarm aus und hiefte Juri damit zu Strela 1 an Poisk. Hier angekommen, fuhr er diesen Kranarm aus, während Gennadi Nummer 2 wieder einfuhr und anschließend mit Juris Hilfe demontierte. Danach wurde Strela 2 an der Spitze von Strela 1 befestigt und zum Zielpunkt geschwenkt. Hier beschäftigten sich beide Raumfahrer mit dessen Montage, nachdem Strela 1 wieder eingefahren und gesichert war.

Danach wurde ein passiver, kugelförmiger Kleinsatellit zur Bahnverfolgung durch „Werfen“ ausgesetzt. Diesem Vorgang folgte die Installation von 5 Meteoritenschutzpaneelen an der Außenseite des Servicemoduls Swesda. Damit waren die geplanten Aufgaben absolviert. Zusätzlich wurden Halterungen an einer Leiter angebracht und ein Container des Experiments BioRisk demontiert und in einem Transportbehälter verstaut. Dieser wurde anschließend mit ins Innere der Station genommen. Er enthält biologische Proben, die monatelang der harten Umgebung außerhalb der Station ausgesetzt waren. Sie werden nach ihrer Rückkehr auf die Erde genauer untersucht.

Vergebens versuchten beide Raumfahrer, einen weiteren Behälter mit Materialproben an der Außenseite von Pirs zu schließen, um diesen anschließend ebenfalls zu bergen. Der Experimententräger zeigte sich allerdings widerspenstig und so wurde diese Zusatzaufgabe abgebrochen. Der Ausstieg endete nach 5 Stunden und 51 Minuten.

Während dieser Zeit führte fernab der Station der unbemannte Frachter Progress-M 15M ein letztes Bremsmanöver aus und beendete am Abend feurig seine Existenz beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Er war am 20. April mit 2,4 t Fracht gestartet und hatte 2 Tage später an der ISS angekoppelt. Nach dem Entladen der Fracht und der üblichen Müllentsorgung koppelte er am 22. Juli ab und sollte eigentlich zwei Tage später zur Erprobung eines weiterentwickelten Rendezvoussystems wieder ankoppeln. Im ersten Versuch schaltete sich das System allerdings aufgrund einer geringfügigen Temperaturabweichung ab. Im zweiten Versuch gelang die Wiederankopplung am 29. Juli. Danach wurde der Frachter erneut abgekoppelt und flog noch rund 3 Wochen autonom in einer ähnlichen Bahn. Vom Boden aus wurden Untersuchungen der Auswirkungen von Triebwerkszündungen auf die umgebende obere Atmosphäre vorgenommen.

An den Folgetagen standen neben Routineaufgaben verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen oder Vorbereitungen dazu auf dem Arbeitsprogramm der Besatzung. So wurde das Videosystem im Aquatic Habitat, einem japanischen Frischwasseraquarium erprobt. Im Aquarium sollen zunächst Fische der Gattung Oryzias latipes (Medaka) gehalten werden. Diese sind halb durchsichtig, so dass man Knochen- und Muskelschwund sowie die Arbeit verschiedener Organe direkt von außen beobachten kann. Auch die Auswirkungen erhöhter Strahlung und entwicklungsbiologische Veränderungen (Modifikationen und Mutationen) möchte man studieren. Dazu ist es hilfreich, dass Medakas eine hohe Vermehrungsrate aufweisen. Im Aquarium können Fische etwa 90 Tage lang gehalten werden, bis ein Austausch des Wassers sowie eine Wartung erforderlich wird.

Des Weiteren wurden die am Montag verwendeten Orlan-MS-Raumanzüge gereinigt und getrocknet, Trinkwasser aufgefüllt, die Dosimeter zur Ablesung entnommen, in einer Handschuhbox ein Brennversuch an festen Materialien vorgenommen, die Luftqualität mit verschiedenen Systemen festgestellt sowie regelmäßige psychologische Tests durchgeführt (WinSCAT), mit denen die Entwicklung von Merkfähigkeit, Erinnerungs-, Abstraktions- und Denkvermögen während längerer Raumflüge überprüft werden.

Zum Programm gehörten auch Untersuchungen am Herz-Kreislauf-System (Integrated Cardiovascular/Kardiomed) und die Messung der Sauerstoffaufnahme bei Belastung. Außerdem wurden Vorbereitungen für den US-Ausstieg am 30. August getroffen, ein Lehrfilm zur Trennung von Flüssigkeiten und Gasen in der Schwerelosigkeit gedreht (Fisika Obrasowanije), ein kanadisches Experiment mit Kolloiden gestartet (BCAT), Dosimeter im Strahlungsmessexperiment Matrjoschka neu positioniert und morgentliche Reaktionstests durchgeführt.

NASA-TV
Robonaut 2 an seinem Schaltpult
(Bild: NASA-TV)

Am Mittwoch wurde zudem das vergangene Woche abgebrochene Bahnanhebungsmanöver vollendet. Dazu wurden jeweils zwei Triebwerke des ATV 3 Edoardo Amaldi während zweier Brennphasen aktiviert und damit die Geschwindigkeit des gesamten Komplexes um 5,8 m/s erhöht. Damit stieg die Station auf eine höhere Bahn mit durchschnittlich 416 km (Perigäum: 406 km, Apogäum: 427 km).

Am gleichen Tag durfte auch Robonaut 2 sein Testprogramm fortsetzen. Dazu wurde er in eine bestimmte Arbeitsposition gebracht und ein Schaltbrett vor ihm platziert. Aktiviert vom Boden aus bediente er diesmal auch einige Drehknöpfe, während er bei vorangegangenen Arbeitsphasen ja Taster und Kippschalter betätigt hatte. Am Donnerstag arbeitete er dann wieder mit Schalttafel 1. Die Tests sollen am kommenden Montag fortgesetzt werden.

Ansonsten geht es Sunita Williams und den fünf Männern an Bord der Internationalen Raumstation gut. In der nächsten Woche wird wieder ein Außenbordeinsatz den Arbeitsplan bestimmen. Diesmal sollen Akihiko Hoshide und Sunita Williams vor allem einen Schaltkasten für das elektrische Bordsystem der Station austauschen und Kabel an der Außenseite der Station verlegen. Diese Verlegung geschieht wie das Umsetzen der Kranarme in Vorbereitung der Ankunft des russischen Forschungsmoduls Naúka nach gegenwärtiger Planung im Dezember 2013. Zuvor wird die bisher verwendete Schleuse Pirs abgetrennt. Ersatz ist mit Poisk bereits vor Ort.

Diskutieren Sie mit:

Nach oben scrollen