Die Raumsonde Cassini hat mit Hilfe ihres Radars endlich sehr starke Beweise für Kohlenwasserstoffseen auf Titans Oberfläche erbracht. Dunkle Stellen, die irdischen Seen gleichen, scheinen in den höheren Breiten rund um Titans Nordpol verstreut zu liegen.
Ein Beitrag von Eric Honstrass und Axel Orth . Quelle: NASA.
Sicher ist schon lange: Die in Titans Atmosphäre reichlich vorhandenen Kohlenwasserstoffe Methan und Ethan können unter Titans Oberflächenbedingungen als Flüssigkeit stabil existieren – flüssiges Wasser hingegen kann hier nicht existieren. Wissenschaftler mutmaßten daher schon länger, dass flüssiges Methan oder Ethan Seen auf Titan bilden könnte, insbesondere nahe der etwas kälteren polaren Gebiete. Bei Huygens‘ Landung im Januar 2005 hatte man ja schon halb damit gerechnet, dass die ESA-Sonde in ein Meer aus Methan fällt…
Auf den neuen Radarbildern sind nun erstmals Ansammlungen auffallend dunkler Flecken zu sehen. Zu einigen von ihnen (oder von einigen von ihnen weg) führen Rinnen. Diese Rinnen haben Formen, die stark vermuten lassen, dass es sich bei dem aushöhlenden Material um eine Flüssigkeit handelt. Einige der dunklen Flecken und der „Verbindungskanäle“ sind vollkommen schwarz, was bedeutet, dass von diesen Gebieten effektiv kein Radar reflektiert wird und sie infolgedessen extrem glatt sein müssen – und was ist glatter als die Oberfläche einer Flüssigkeit? Dieses Phänomen ist auch von Radaraufnahmen irdischer Gewässer bekannt. In einigen Fällen können rund um die dunklen Gebiete Ränder ausgemacht werden, die Ablagerungen sein könnten, wie sie sich beim Verdunsten von Flüssigkeiten bilden. Auch beinhalten einige der schwarzen Flecken in sich wiederum hellere Flecken – Inseln?
Aus all diesen Gründen interpretieren die Cassini-Wissenschaftler die dunklen Flächen als Seen aus Methan oder Ethan, wodurch der größte Saturntrabant neben der Erde zum einzigen Körper im Sonnensystem wird, der an seiner Oberfläche dauerhaft existierende Flüssigkeitsansammlungen besitzt. (Über diese beiden hinaus gibt es auch sonst nur noch den Jupitermond Io, der wenigstens vorübergehend Flüssigkeit an seiner Oberfläche zeigt – nämlich Lava, also flüssiges Gestein.) Da Seen sich im Laufe der Zeit in ihrer Größe verändern und durch Wind die Oberflächenreflexion variieren kann, soll durch wiederholte Beobachtungen dieser Gebiete noch weiter bestätigt werden, dass es sich tatsächlich um Seen handelt.
Im Nachhinein betrachtet ist es schade, dass Huygens so früh im Laufe der Mission abgeworfen werden musste, sonst hätte man jetzt gerade ihr ideales Zielgebiet gefunden. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie Huygens am Ufer eines der jetzt entdeckten Seen langsam nieder trudelt, und die dabei aufgenommenen und zur Erde gefunkten Panoramen zeigen zur einen Seite hin Land und zur anderen Seite hin einen orange spiegelnden Methansee. Hätte er eine stille Oberfläche? Oder würde sie vom Wind gekräuselt? Oder zeigte sie gar richtige Wellen, die man im Mikrofon der ESA-Instrumente an den kalten Strand würde schlagen hören?
Die beiden Radaraufnahmen wurden am 21. Juli 2006 von Cassini gemacht. Das obere Bild wurde etwa bei 80 Grad Nord und 92 Grad West gemacht und erfasst einen ca. 420 mal 150 Kilometer breiten Abschnitt. Das untere Bild von 78 Grad Nord und 18 Grad West zeigt ungefähr 475 mal 150 Kilometer.
Eine noch höher aufgelöste Aufnahme finden Sie auf der Internetseite der NASA.