Schwarze Löcher (Teil 2)

Schwarze Löcher, die millionen mal schwerer als die Sonne sind, existieren wahrscheinlich im Zentrum von Aktiven Galaxien.

Autor: Tilman Kaiser

In einem schwarzen Loch übertrifft die gravitative Wirkung vollständig jeden Gegendruck, der durch das atomare oder nukleare Material aufgebaut werden kann. Die Gravitationskraft wird das stellare Material zu unendlicher Dichte komprimieren. Diese sogenannte Singularität (Unendlich hohe Dichte in einem Punkt) wurde erstmals 1916 vom Göttinger Astrophysiker Karl Schwarzschild aus Einsteins Feldgleichungen zur Raumzeitkrümmung berechnet und war den Physikern noch in den 30-iger Jahren (darunter auch Albert Einstein selbst) ein Greuel, weswegen Schwarze Löcher lange als Naturphänomen ausgeschlossen wurden. Ihren Namen erhielten die Schwarzen Löcher durch die Tatsache, dass nicht einmal Licht von ihrer Oberfläche entweichen kann. Ende des 18. Jahrhunderts, als die Wellennatur des Lichts noch nicht bekannt war und die Newtonsche Korpuskeltheorie die Vorstellungen von Lichtteilchen prägte, gab es erstmals Vermutung zu solchen Phänomenen. 1783 berichtet John Mitchell der Royal Society von dieser Vermutung.
Er hatte mit Hilfe der Newtonschen Gravitationsgesetze berechnet, dass die Entweichgeschwindigkeit eines Körpers von einer Sternoberfläche proportional zur Wurzel aus der Sternmasse und antiproportional zur Wurzel des Sternradius ist. Da die Lichtgeschwindigkeit damals hinreichend bekannt war, konnte Mitchell für jede beliebige Sternmasse einen kritischen Umfang berechnen, bei dem Licht nicht mehr von der Oberfläche des Sterns entweichen konnte. Der französische Mathematiker Pierre Simone Laplace stellte bis zur dritten Auflage seines Werkes „Darstellung des Weltssystems“ von 1808 ähnliche Überlegung an, die er aber wieder revidieren musste, als die Huygensche Wellentheorie des Lichtes durch den Engländer Thomas Young experimentelle Bestätigung fand.
Astrophysiker erkennen heutzutage nicht nur an, dass Schwarze Löcher eine theoretische Konsequenz der Allgemeinen Relativitätstheorie sind, sondern haben auch dank unzähliger empirischer Hinweise gelernt zu akzeptieren, dass Schwarze Löcher offensichtlich auch in der Natur vorkommen. Ein heisser Kandidat für ein Schwarzes Loch war die erste Röntgenquelle, die im Sternbild Schwan entdeckt wurde: Cygnus X-1. Hinter der mit einer irregulären Intensität abstrahlenden Röntgenquelle steckt ein binäres System, bestehend aus einem blauen Überriesen(HDE226868) und dem „unsichtbaren Schwarzlochkandidaten“. 1974 schlossen die beiden theoretischen Physiker Kip Thorne und Steven Hawking eine Wette über die Natur von Cyg X-1 ab. Hawking plädierte für ein Schwarzes Loch und Thorne dagegen. 1990 verdichteten sich die Anzeichen, dass Cyg X-1 die Massenobergrenze für Neutronensterne überschreitet und Hawking gab geschlagen. Thorne schreibt über den langwierigen Prozess der Entdeckung Schwarzer Löcher in binären Systemen:
„Diese Zusammenarbeit zwischen Astronomen, Astrophysikern und Experimentalphysikern hat wesentlich zum Erfolg bei der Suche nach Schwarzen Löchern beigetragen, doch war sie nicht allein ausschlaggebend. Der Erfolg ist letztendlich das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung von sechs verschiedenen Gruppen von Menschen. Jede Gruppe spielte dabei eine wichtige Rolle: Relativisten schlossen aufgrund der Gesetze der allgemeinen Relativität, dass Schwarze Löcher existieren müssen.
Astrophysiker schlugen eine Methode für die Suche nach solchen Objekten vor und gaben immer wieder entscheidende Hilfestellung bei der Durchführung der Suche. Beobachtende Astronomen identifizierten HDE 226868, den Begleiter von Cyg X-1. Sie benutzten die periodischen Verschiebungen seiner Spektrallinien zur Massenbestimmung von Cyg X-1 und waren mit Hilfe anderer Beobachtungen in der Lage, ihre Massenabschätzung zu untermauern. Experimentalphysiker schufen die Instrumente und Methoden, die eine Suche nach Röntgensternen erlaubten, und sie waren es, die schliesslich die Röntgenquelle Cyg X-1 identifizierten. Ingenieure und Angestellte der NASA entwickelten die Raketen und Raumfahrzeuge, die die Röntgendetektoren in eine Erdumlaufbahn beförderten. Und die amerikanischen Steuerzahler stellten Mittel in Höhe von mehrereb Millionen Dollar zur Verfügung, um Raketen, Raumfahrzeuge, Röntgenteleskope sowie die Gehälter von Technikern und Wissenschaftlern zu finanzieren. Dank dieser bemerkenswerten Zusammenarbeit können wir heute, in den neunziger Jahren, mit fast hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass Schwarze Löcher nicht Galaxie existieren.“
Schwarze Löcher, die millionen mal schwerer als die Sonne sind, existieren wahrscheinlich im Zentrum von Aktiven Galaxien.

Literatur:

  1. H. Voigt: „Abriss der Astronomie“, Universitätssternwarte Göttingen, 1991
  2. Karttunnen, Kröger, Oja, Poutanen, Donner: „Fundamental Astronomy“, Helsinki, 1996
  3. Kip S. Thorne: „Black Holes & Time Warps. Einstein’s Outrageous Legacy“ In: „The Common Wealth Fund Book Programme“ hrsg.: Lewis Thomas, Bd. 9, 1993

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