Wer derzeit sein Teleskop auf den Saturn richtet, stellt leicht fest, er befindet sich in einem besonderen „Zustand“. Aufgrund der Bahngeometrie sind seine sonst so charakteristrischen Ringe fast verborgen. Und noch ein weiteres untrügliches Zeichen eines bevorstehenden besonderen Ereignisses ist zu erkennen, wenn auch nicht von der Erde aus.
Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: Lars-C. Depka.
So aber doch mit den bildgebenden Instrumenten der Saturnsonde Cassini. Estmals ist es nämlich gelungen, ein beeindruckendes Schattenspiel verschiedener Satelliten auf den Ringen des Saturn im Bild festzuhalten, und das bedeutet: Das Äquinoktikum steht vor der Tür.
Unter Äquinoktikum versteht man bestimmte Zeitpunkte und diesen zugeordnete astronomische Referenzpunkte, die sogenannten Äquinoktialpunkte. Wie bei der Erde und den meisten anderen Planeten ist auch die Drehachse des Saturn im Verhältnis zu seiner Bahnebene geneigt. Solche Bedingungen ergeben so auch bei ihm eine zyklische Passage der Sonne aus der südlichen Hemisphäre zum Norden hin (Primar-Äquinoktikum) und umgekehrt (Sekundaräquinoktikum). Die Dauer der Jahreszeiten ist bei einer Umlaufperiode von knapp 29,5 Erdjahren entsprechend länger und so durchläuft die Sonne etwa alle 15 (Erd)Jahre – oder jedes halbe Saturnjahr – die Ringebene, in der sich auch einige der Monde des Planeten aufhalten.
Während dieser Passage fallen die Ringschatten auf den Äquatorialbereich des Planeten und die Schatten derjenigen Monde, die sich außerhalb der Ringe befinden, bzw. besonders die jener, deren Bahn in Bezug auf den Äquator geneigt ist, schneiden die Ringe. Diese besonderen Schattenwürfe einzelner Monde sind also untrügliche Indikatoren für den Beginn der Äquinox-Phase (der Tagundnachtgleiche) des Ringplaneten.
Bei uns auf der Erde ist eine solche Phase erreicht, wenn die scheinbare (also unter Berücksichtigung des Abbildungsfehlers aufgrund der Abweichungen von der idealen optischen Abbildung, der durch die Atmosphäre hervorgerufen wird) geozentrische ekliptikale Länge der Sonne entweder 0 oder 180 Grad beträgt. Durch den besonderen Sonnenstand und der damit einhergehenden Lichtverhältnisse werden so auch kleine vertikale Erhebungen innerhalb der Ringe durch Schattenwurf sichtbar, wie sie z. B. auch durch bisher noch unbekannte Kleinstmonde innerhalb der Ringstrukturen hervorgerufen werden können.
Da die Größen der bisher entdeckten Monde hinreichend bekannt sind, genauso wie ihre Bahndaten – d. h. ihre Bahnposition während eines beobachteten Schattenwurfs bestimmt werden kann – sind alle notwendigen Informationen vorhanden, um auf ggf. unbekannte vertikale Strukturen schlussfolgern zu können. Die größten bzw. längsten Schatten werden um den 11. August diesen Jahres zu beobachten sein, wenn die Sonne exakt die Ringebene passiert.
Es ist übrigens kein Zufall, dass die Verlängerungsmission der Raumsonde den Namen „Equinox“ erhielt, denn aufgrund der guten Vorhersagbarkeit der einzelnen Saturn-Tagundnachtgleichen war schon lange vor der abschließenden Genehmigung der bis zum 30.09.2010 laufenden Verlängerungsmission bekannt, dass die Raumsonde dieses Schauspiel würde beobachten können.
Einiges an Rechenaufwand war im Vorfeld der Ereignisse notwendig, um Cassini pünkltich zum vorausgesagten ersten Auftreten des Schattenspiels auf den Ringen räumlich korrekt auszurichten und die notwendigen Aufnahmesequenzen zu schreiben. Die so gewonnenen Bilder sind mehr als nur hübsch anzusehende „Pretty-Pictures“. Vielmehr erwartet man von ihnen weitere Aufschlüsse über die noch immer nicht hinreichend geklärte Frage bezüglich der Mächtigkeit des Ringsystems. Die auch schon in kleinen Teleskopen sichtbaren Hauptringe C, B, und A sind wahrscheinlich nur um die 10 bis 100 Meter dick. Vor diesem Hintergrund ist der Nachweis von vertikalen Verwerfungen oder Verzerrungen in den Ringen natürlich von hoher Bedeutung.
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