Bereits am 4. September 2014 begann für die Raumsonde Cassini der mittlerweile 209. Umlauf um den Planeten Saturn. Den Höhepunkt dieses neuen Orbits stellt ein für den 22. September vorgesehener naher Vorbeiflug der Raumsonde an dem Saturnmond Titan dar. Hierbei sollen die Instrumente der Raumsonde speziell die Oberfläche dieses größten Saturnmondes eingehender untersuchen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
Bereits am 4. September 2014 erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 03:17 MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zu dem zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 3,01 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 209. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini dabei eine Inklination von 44,6 Grad auf.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord von Cassini, sind während dieses erneut 32 Tage andauernden Umlaufs, dessen offizielle Bezeichnung „Rev 208“ lautet, insgesamt 46 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Wie üblich wird ein Großteil dieser Kampagnen erneut die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben. Den Höhepunkt der Beobachtungen stellt allerdings ein für den 22. September vorgesehener naher Vorbeiflug an dem größten der derzeit 62 bekannten Saturnmonde, dem 5.150 Kilometer durchmessenden Mond Titan, dar.
Zuerst im Fokus der Raumsonde: Titan und Saturn
Die erste Beobachtungssequenz der ISS-Kamera während des neuen Orbits hatte am 5. September den Saturnmond Titan zu Ziel, der dabei aus einer Entfernung von 3,7 Millionen Kilometern abgebildet wurde. Einen Tag später rückte der Ringplanet in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Primär wurde dabei eines der Spektrometer der Raumsonde – das Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) – eingesetzt, um die Atmosphäre des Saturn im fernen und im extremen UV-Bereich zu scannen. Die UVIS-Messungen wurden dabei durch Aufnahmen der ISS-Kamera unterstützt. Weitere UVIS-Scans der Saturnatmosphäre sind für den 9., den 12. und den 16. September vorgesehen.
Der kleine Saturn-Mond Kiviuq
Den 8. und 9. September wird die ISS-Kamera damit verbringen, um über einen Zeitraum von 24 Stunden den kleinen, äußeren Saturnmond Kiviuq mehrfach aus einer Distanz von rund 15,5 Millionen Kilometern abzubilden. In Kombination mit bereits zu früheren Zeitpunkten gewonnenen Beobachtungsdaten soll hierdurch die Ausrichtung von dessen Rotationsachse ermittelt werden. Außerdem sollen die neu anzufertigenden Aufnahmen, welche allerdings keine Oberflächendetails enthüllen werden, dazu dienen, die Form und Gestalt dieses lediglich rund 16 Kilometer durchmessenden Mondes zu bestimmen. Des weiteren soll mit den geplanten Aufnahmen auch die Farbe von dessen Oberfläche bestimmt werden, was wiederum Rückschlüsse über deren chemische und mineralogische Zusammensetzung ermöglicht.
Erneut der Titan…
Am 10. September soll erneut der Titan mit der ISS-Kamera abgebildet werden, welcher dabei rund 2,09 Millionen Kilometer von Cassini entfernt sein wird. Durch die Dokumentation von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen lassen sich speziell aus größeren Entfernungen Aussagen über die gegenwärtig in der Titanatmosphäre vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen. In Kombination mit früheren und zukünftigen Beobachtungen dieser langfristig angelegten ‚Sturmbeobachtungskampagne‘ lässt sich durch derartige Aufnahmen die allgemeine ‚Großwetterlage‘ auf diesem Mond dokumentieren, welche sich aufgrund der Bewegung des Saturn um die Sonne und der dabei auftretenden Jahreszeiten in einem etwa 30 Jahre dauernden Rhythmus kontinuierlich verändert. Vergleichbare Beobachtungskampagnen sollen am 12., am 14. und am 16. September durchgeführt werden.
…und der Saturn
Direkt nach der ersten dieser Titan-Beobachtungen wird die ISS-Kamera für einen Zeitraum von mehr als 24 Stunden auf den Saturn gerichtet sein. Aus den diversen Aufnahmen, die sowohl mit der Weitwinkel- als auch mit der Telekamera des ISS-Kameraexperiments angefertigt werden, sollen Videosequenzen erstellt werden, welche das über der nördlichen Polarregion befindliche Nordpol-Hexagon dokumentieren sollen. Bei dieser Struktur handelt es sich um ein rund 30.000 Kilometer durchmessendes Sturmgebiet, welches seit mindestens 34 Jahren aktiv ist (Raumfahrer.net berichtete).
Für den 12. und den 14. September sind Untersuchungen der nördlichen Hemisphäre des Saturn vorgesehen, bei denen neben der ISS-Kamera ein weiteres Spektrometer – das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) – zum Einsatz kommen wird. Zwei Tage später steht erneut das Nordpol-Hexagon auf dem Beobachtungsplan.
Periapsis
Am 20. September wird Cassini um 01:53 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 209, erreichen und die oberste Atmosphärenschicht des Ringplaneten in einer Entfernung von 753.120 Kilometern passieren. In den Tagen vor und nach der dichtesten Annäherung an den Saturn wird sich die ISS-Kamera in erster Linie auf das Ringsystem des Planeten konzentrieren.
Bereits am 18. September wird das Kamerasystem dabei in Zusammenarbeit mit dem UVIS die zu diesem Zeitpunkt nicht von der Sonne beleuchtete ‚Unterseite‘ des B-Ringes abbilden. Für den 19. September ist die erneute Dokumentation einer Sternbedeckungen vorgesehen. Hierbei wird der im Sternbild Leier (lateinischer Name Lyra) gelegene Rote Riesenstern R Lyrae von Teilen des Ringsystems bedeckt. Die ISS soll dabei speziell die Bedeckung des Sterns durch Teile des F-Ringes dokumentieren.
Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve von R Lyrae erhoffen sich die an der Kampagne beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der Ringbereiche, welche den Stern bei dieser Okkultation bedecken. Außerdem, so die Wissenschaftler, können hierbei eventuelle Veränderungen in der Ringstruktur registriert werden, welche erst kürzlich durch das Gravitationsfeld des Saturn oder durch ‚Einschläge‘ von Meteoroiden verursacht wurden.
Nach dem Abschluss dieser Beobachtung sollen ISS und VIMS den Randbereich des Schattens abbilden, den der Saturn zu diesem Zeitpunkt auf das Ringsystem werfen wird. Im Anschluss an diese Beobachtungssequenz steht der äußere A-Ring auf dem Beobachtungsprogramm. Hierbei sollen in erster Linie zum wiederholten Mal sogenannte ‚Propellerstrukturen‘ dokumentiert werden. Bei diesen lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine ‚Hohlräume‘ innerhalb des Ringsystems, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannten Moonlets – verursacht werden. Durch die anzufertigenden Aufnahmen des A-Ringes sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Objekte noch weiter verfeinert werden.
Nach dem Passieren der Periapsis ist ebenfalls noch für den 20. September eine weitere Beobachtung des F-Rings vorgesehen. Eine dabei zu erstellende Videosequenz soll zum wiederholten Mal die dort erkennbaren diversen Verästelungen der gewundenen Einzelringe wiedergeben. Frühere Aufnahmen des ISS-Kamerasystems von Cassini zeigten, dass in erster Linie gravitative Wechselwirkungen mit dem weiter innen liegenden A-Ring und den beiden den F-Ring begrenzenden Saturnmonden Prometheus und Pandora die Form des F-Ringes gestalten. Speziell die gravitativen Einflüsse dieser beiden als „Schäfermonde“ fungierenden Monde sind für die Ausbildung der beobachteten Wellenstrukturen des F-Ringes verantwortlich (Raumfahrer.net berichtete).
Der Titan-Vorbeiflug T-105
Am 22. September 2014 steht dann der Höhepunkt dieses 209. Umlaufs der Raumsonde Cassini um den Saturn an. Um 07:23 MESZ wird die Raumsonde den größten der Saturnmonde im Rahmen eines zielgerichteten Vorbeifluges mit einer Geschwindigkeit von 5,8 Kilometern pro Sekunde in einer Entfernung von 1.400 Kilometern passieren. Die mit diesem 106. Vorbeiflug am Titan – das Manöver trägt die offizielle Bezeichnung „T-105“ – assoziierten Beobachtungen beginnen bereits mehrere Stunden vor der dichtesten Annäherung mit diversen Fotoaufnahmen durch die ISS-Kamera, welche dabei zunächst mit verschiedenen Spektralfiltern die südliche Titanhemisphäre abbilden wird. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt anzufertigende Aufnahmen des CIRS-Spektrometers sollen dazu dienen, die optische Dichte der mit Aerosolen versetzten Dunstschichten der obersten Schicht der Titanatmosphäre zu ermitteln.
Ebenfalls noch während der Annäherungsphase an den Titan kommt schließlich erneut das UVIS-Spektrometer zum Einsatz. Dieses Instrument soll dabei dokumentieren, wie der im Sternbild „Großer Bär“ gelegene Stern Eta Ursae Majoris langsam von der ausgedehnten Atmosphäre des Titan verdeckt wird. Das UVIS wird durch die Beobachtung dieser Okkultation in der Lage sein, ein hochaufgelöstes Profil der Verteilung von Kohlenwasserstoffverbindungen und Staubschichten in der Titanatmosphäre zu erstellen und Informationen über die vorherrschenden Temperaturen und Druckverhältnisse bis hinunter zu einer Höhe von etwa 200 Kilometern über der Oberfläche zu liefern. Die geringe Geschwindigkeit, mit der die Titanatmosphäre von Cassini aus betrachtet vor dem Stern vorbeizieht, wird dabei eine hohe Auflösung und Qualität der zu gewinnenden Daten gewährleisten.
Während der Phase der dichtesten Annäherung an den Titan wird im Anschluss an diese Beobachtungen das VIMS-Spektrometer ‚übernehmen‘ und aus kurzer Entfernung diverse Scans der Oberfläche dieses Mondes durchführen. Neben den Oberflächenregionen Tsegihi und Aztlan wird dabei auch der Sinlap-Krater, einer der wenigen bisher registrierten Impaktkrater auf der Oberfläche des Titan, abgebildet werden. Weitere Beobachtungen des VIMS werden das Kraken Mare, den größten der bisher mehr als 400 bekannten, mit Kohlenwasserstoffverbindungen gefüllten Seen des Titan, zum Ziel haben. Die dabei zu gewinnenden Daten können unter anderem genutzt werden, um nach eventuellen ‚Wellenbewegungen‘ auf der Oberfläche dieses Meeres zu suchen, welche durch Wind- oder Gezeitenkräfte ausgelöst werden könnten.
Unmittelbar nach dem Passieren des Titan werden ISS und CIRS nach Wolkenformationen Ausschau halten, welche sich eventuell in der Titanatmosphäre befinden. Zusätzliche Beobachtungen des UVIS-Spektrometers dienen dazu, um die Atmosphäre des Titan im fernen und im extremen UV-Bereich zu untersuchen. Des weiteren wird die ISS-Kamera bis zum 25. September regelmäßig speziell die nördliche Titan-Hemisphäre im Fokus behalten.
Ringe, Monde und Saturn
Am 26. September wird die ISS-Kamera erneut ein Video den F-Ringes erstellen, welches diesmal einen Zeitraum von 14 Stunden dokumentiert. Zwei Tage später steht ein weiterer der kleinen, äußeren Saturnmonde auf dem Beobachtungsprogramm. Außer dessen Durchmesser von etwa 12 Kilometern, den Daten seiner Umlaufbahn und seiner mittleren Dichte von etwa 2,3 Gramm pro Kubikzentimeter ist über den erst im Herbst 2000 entdeckten Mond Ijiraq bisher nur sehr wenig bekannt. Durch die Beobachtungskampagne, welche am 28. September aus einer Entfernung von etwa 4,85 Millionen Kilometern erfolgen wird, sollen anhand der Variationen in der sich aus diesen Beobachtungen ergebenden Lichtkurven Informationen über die Position von dessen Polen, die Ausrichtung der Rotationsachse und die Dauer der Rotationsperiode gewonnen werden.
Für den 4. Oktober sind schließlich diverse sogenannte ‚astrometrische Beobachtungen‘ von mehreren der kleineren, inneren Saturnmonde vorgesehen. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren Umlaufbahnen noch weiter zu präzisieren.
Ebenfalls am 4. und anschließend erneut am 5. Oktober wird dann wieder der Saturn in den Fokus der ISS-Kamera rücken. Wie bereits am 10. September bei der damaligen Titan-Kampagne soll auch diese Saturn-Beobachtung genutzt werden, um die Bewegung von markanten Wolkenformationen zu dokumentieren, um Aussagen über die dort aktuell vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten zu tätigen.
Eine letzte Beobachtungssequenz der ISS-Kamera während des Orbits Nummer 209 wird am 5. Oktober den Stern Wega – den Hauptstern des Sternbildes Leier – zum Ziel haben. Diese Aufnahmesequenz dient der regelmäßig durchzuführenden Kalibrierung dieses Kamerasystems.
Am 6. Oktober 2014 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 00:43 MESZ in einer Entfernung von rund 3,2 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis ihrer Umlaufbahn erreichen und damit auch diesen 209. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 210 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie der Saturnmonde vorgesehen. Den Höhepunkt dieses nächsten Orbits bildet dabei ein weiterer gesteuerter Vorbeiflug an dem Mond Titan, welcher von der Raumsonde am 24. Oktober 2014 in einer Entfernung von dann rund 1.000 Kilometern erneut passiert werden soll.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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