Russland startet modernsten Spionagesatelliten

Am Abend des 7. Juni startete vom nordrussischen Plesezk aus eine Sojus-2.1b-Rakete offiziell mit einer „Nutzlast des Verteidigungsministeriums“. Experten gehen davon aus, dass es sich um den zweiten Start eines hochmodernen Bildaufklärers vom Typ Persona handelt.

Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: Nowosti Kosmonawtiki, Russianspaceweb.

Arianespace/Starsem
Start einer Sojus-2 (Archivbild vom Globalstar-Start 2010)
(Bild: Arianespace/Starsem)

Offiziell ist kaum etwas bekannt geworden über den Start um 20.37 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit. Bestätigt wurde lediglich, dass eine Sojus-2.1b-Rakete mit einer unbekannten Nutzlast gestartet ist, die 9 Minuten später planmäßig im Orbit ausgesetzt wurde. Die Tatsache, dass keine Oberstufe verwendet wurde, ist ein eindeutiger Nachweis dafür, dass der Satellit in einen niedrigen Erdorbit gebracht wurde. Von der Militärbasis Plesezk aus startet Russland eine Vielzahl staatlicher Nutzlasten und auch einige wenige kommerzielle in polare Umlaufbahnen.

Experten nehmen an, dass es sich bei der Nutzlast um einen Aufklärungssatelliten vom Typ Persona handelt. Über diese Satelliten sind kaum Informationen bekannt, so dass es nur wenige wirklich zuverlässige Angaben dazu gibt. Bekannt ist, dass der Satellit von ZSKB Progress gebaut wurde. Die gleiche Firma stellt die Sojus-Raketen her, aber auch die zivilen Erdbeobachtungssatelliten vom Typ Resurs. Aktuell ist Resurs-DK im Einsatz, der Start von Resurs-P ist für Ende diesen Monats geplant. Nach einigen Informationen haben die Systeme von Resurs-P und Persona viel gemeinsam. So gibt es bestätigte Erkenntnisse, dass beide das gleiche Antriebssystem verwenden.

Weitere gemeinsame Komponenten sind die verwendeten Sternsensoren. So wurden sowohl der gestrige Start als auch der Start von Resurs-P um etwa ein halbes Jahr verschoben, weil die Sternsensoren von Resurs-P bei Tests nicht fehlerfrei funktioniert haben. Weitere Details zum Satelliten sind kaum bekannt, vieles basiert auf Spekulationen.

So sollen die Optiken der Persona-Satelliten noch aus dem Sapfir-Programm der Sowjetunion stammen, dass 1983 beschlossen wurde. Im Rahmen dieses Programms kam es zu keinem Start eines Satelliten, aber drei Optiken wurden gefertigt. Diese sollen der Qualität der US-amerikanischen Keyhole-Satelliten (die ihrerseits eng mit dem Hubble-Weltraumteleskop verwandt sind) sehr nahe kommen und damit den älteren militärischen Aufklärern Russlands deutlich überlegen sein. Diese Information passt dazu, dass insgesamt auch drei Starts von Persona-Satelliten der jetzigen Generation geplant sind.

TsSKB Progress
Der zivile Erdbeobachtungssatellit Resurs-P – vermutlich nahe verwandt mit Persona
(Bild: TsSKB Progress)

Der erste Persona-Satellit wurde am 26.07.2008 gestartet. Allerdings fiel dieser nur wenige Monate nach dem Start aus, vermutlich aufgrund eines Versagens der Bordelektronik. Genau bekannt wurden die Gründe allerdings nie, das gesamte Programm ist im Wesentlichen militärische Verschlusssache. Russlands Militär erhält erst mit Persona einen wirklich modern ausgestatteten Aufklärer. So verwendeten alle Vorgänger von Persona sogar noch Filmkapseln anstelle von Digitalkameras. Dadurch war ihre Lebensdauer stark begrenzt – sobald der Film voll war, musste er zur Erde zurückgeflogen werden. Dagegen soll Persona sieben Jahre Lebensdauer haben. Daher waren die älteren russischen Spionagesatelliten auch ausschließlich zur strategischen Aufklärung geeignet. Taktisch einsetzbar während Kampfhandlungen waren sie dadurch zum Beispiel nicht.

Es gibt Hinweise darauf, dass ZSKB Progress derzeit an einem dritten Exemplar von Persona baut. Ebenso scheint im Auftrag des russischen Militärs bereits an einer neuen Generation geforscht zu werden. Hauptgrund für die Entwicklung der nächsten Generation dürfte die Tatsache sein, dass das aktuelle Persona-Programm ausschließlich das Erbe des Sapfir-Projekts ins All bringt.

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