Russland: Sojus-Start mit GloNaSS-M 752

Am 22. September 2017 startete von Plessezk im Norden Russlands eine Rakete von Typ Sojus-2.1b mit einem Navigationssatelliten an Bord. Letzterer wurde nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums auf der vorgesehenen Erdumlaufbahn ausgesetzt und mit der Tarnbezeichnung Kosmos 2.522 versehen.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: glonass-iac.ru, Iswestija, NPK ‚SPP‘, Reschetnjow, Roskosmos, Russisches Verteidigungsministerium, ZSKB Progress

Sojus-2.1b-Start am 22. September 2017
(Bild: Russisches Verteidigungsministerium)

Der Start der Sojus-2.1b Typ 14A14-1B vom ZSKB-Progress mit Lawotschkins Fregat-M-Oberstufe Typ 14S44 und der Nutzlastverkleidung Typ 14S737 erfolgte von der Rampe 4 des Startkomplex 43 in Plessezk. Exakte Startzeit war 03:02 Uhr und 32 Sekunden Moskauer Zeit (00:02 Uhr und 32 Sekunden Weltzeit / UTC).

Gegen 03:06 Uhr Moskauer Zeit (00:06 Uhr UTC) wurde die Rakete mit ihrer Nutzlast im Fluge vom Bahnverfolgungs- und Satellitenkontrollzentrum der russischen Luft- und Weltraumverteidigungskräfte (Voyska Vozdushno-Kosmicheskoy Oborony, VKO – Russisch: Войска воздушно-космической обороны, ВКО) German Titow alias Golizyno 2 in Krasnoznamensk westlich von Moskau erfasst. Um 03:12 Uhr Moskauer Zeit (00:12 Uhr UTC) trennte sich die Orbitaleinheit der Rakete aus Fregat-M-Oberstufe und der Nutzlast nach rund acht Minuten Flug von der zweiten – oder je nach Zählweisen dritten – Stufe der Sojus-2.1b.

Die Fregat-M-Oberstufe hatte anschließend für das Erreichen des Zielorbits zu sorgen. Das gelang offenbar wie vorgesehen. Eine erste Brennphase stellte zunächst den Übergang in eine stabile Parkbahn sicher, die zweite Brennphase bewirkte eine Bahn mit einem erdfernsten Bahnpunkt im Bereich des anvisierten Absetzorbits, und die dritte Brennphase führte schließlich zur Ausbildung einer annähernden Kreisbahn. Nach Daten der US-amerikanischen Weltraumüberwachung wurde die von der Oberstufe ausgesetzte Nutzlast, der Navigationssatellit, auf einem 64,8 Grad gegen den Erdäquator geneigten Orbit mit einem der Erde nächstliegenden Bahnpunkt von rund 19.131 Kilometern und einem erdfernsten Bahnpunkt von rund 19.165 Kilometern über der Erde beobachtet. Für einen Erdumlauf benötigt der Satellit auf dieser Bahn etwa 676,2 Minuten.

GloNaSS-M-Satellit im All – Illustration
(Bild: Reschetnjow)

Nach dem Aussetzen des Navigationssatelliten sollte sich die Oberstufe noch in einen ausreichenden Sicherheitsabstand zur Bahn des Satelliten bringen. Eine Anzahl von Manövern sollten für einen Oberstufen-Orbit rund 19.200 Kilometer über der Erde sorgen. Nach Daten der US-amerikanischen Weltraumüberwachung wurde die Oberstufe zwischenzeitlich auf einem 64,8 Grad gegen den Erdäquator geneigten Orbit mit einem der Erde nächstliegenden Bahnpunkt von rund 19.264 Kilometern und einem erdfernsten Bahnpunkt von rund 19.668 Kilometern über der Erde beobachtet. Für einen Erdumlauf benötigt die Oberstufe auf dieser Bahn etwa 688,9 Minuten.

Das GloNaSS-Kontrollzentrum gab mit Datum vom 22. September 2017 bekannt, die Inbetriebnahmephase von GloNaSS-M 752 im Slot 14 der Ebene 2 der GloNaSS-Konstellation habe am 22. September 2017 begonnen. Am 20. Oktober 2017 wolle man den neuen Satelliten dann ins Betriebsnetz integrieren.

GloNaSS-M 752 ist ein Produkt von Reschetnjow Informational Satellite Systems in Schelesnogorsk bei Krasnojarsk in Sibirien. Der Erdtrabant ist einer von neun zuvor am Boden vorgehaltenen Reservesatelliten. Seine Fertigstellung erfolgte vor über zwei Jahren. Er ist laut Reschetnjow Ersatz für einen Satelliten, der nach dem Überschreiten seiner Auslegungsbetriebsdauer um das anderthalbfache außer Dienst gestellt wird.

GloNaSS-M-Satellit beim Hersteller
(Bild: Reschetnjow)

Nach Angaben von Reschetnjow sind am Boden jetzt noch sechs Reservesatelliten vom Typ GloNaSS-M vorrätig. Den Satelliten dieses Typs spricht sein Hersteller eine Auslegungsbetriebsdauer von sieben Jahren zu. Die Geräte mit dem Erzeugniscode 14F113 und einer Startmasse von mindestens 1.415 Kilogramm haben jeweils drei Cäsium-Atomuhren an Bord. Wesentliche Komponenten der Raumfahrzeuge befinden sich innerhalb eines großen zentralen druckbeaufschlagten Gerätebehälters.

Außen an GloNaSS-M 752 dürften Teile eines Laserkommunikationsterminals, Intersatellite laser navigation and communication system (ISLNCS / Russisch: МЛНСС für Межспутниковая лазерная навигационно связная система) genannt, montiert sein. Die Tageszeitung Iswestija berichtete in ihrer Internetausgabe, dass der Satellit eine experimentelle Laserkommunikationsnutzlast trage. Es diene dem Test von Systemen zur Gewinnung von Navigationsdaten und der Kommunikation zwischen zwei Raumfahrzeugen.

ISLNCS und Montageort an GloNaSS-M-Satellit
(Bild: NPK ‚SPP‘)

Der erste mit einem entsprechenden Laserkommunikationsterminal ausgestattete GloNaSS-Satellit ist laut Iswestija ein im Mai 2016 gestarteter. Bei letzterem handelt es sich um GloNaSS-M 753 (NORAD-Nr. 41.554, COSPAR, 2016-032A), der aktuell Slot 11 in der Ebene 2 der GloNaSS-Konstellation besetzt.

Pro Satellit wird von russischem Territorium aus üblicherweise etwa alle zwölf Stunden eine exakte Positionsbestimmung des sich bewegenden Raumfahrzeugs zum konkreten Zeitpunkt vorgenommen, wenn der betreffende Satellit sich über Russland befindet. Zwischen zwei Messungen wird die Bahn des Satelliten von zahlreichen Faktoren, beispielsweise durch Anziehung durch Mond und Erde sowie den Sonnenwind, beeinflusst. Mathematische Modelle dieser Einflüsse erlauben nur eine begrenzte Genauigkeit bei der Berechnung der Postion des Satelliten im Zeitraum zwischen zwei messtechnisch vorgenommenen Positionsbestimmungen.

Eine Verdopplung der Zahl der täglichen messtechnischen Positionsbestimmungen könnte nach Angaben der Iswestija den Fehler bei der kalkulatorisch vorgenommen Positionsbestimmungen halbieren. Ein Kontakt mit einer Bodenstation in Russland durch einen von zwei untereinander mittels Laserlicht verbundenen Satelliten könnte eine verbesserte Positionsberechnung für den zweiten Satelliten erlauben, da sich der Abstand zwischen den zwei Satelliten per Laserlicht sehr exakt messen lässt. Dieses Vorgehen könnte den Nachteil Russlands, beim Betrieb von GloNaSS nicht auf ein globales Netz aus Meß-, Steuer- und Überwachungsstationen zurückgreifen zu können, mildern.

Laserverbindungen zwischen
GloNaSS-M-Satelliten, Radioverbindungen
zur Erde – Illustration
(Bild: NPK ‚SPP‘)

Die Iswestija berichtete, es sei geplant, dass die beiden GloNaSS-M-Satelliten beim Test des Lasermess- und Kommunikationssystems alle zwei Minuten den Abstand untereinander ermitteln und die Zeitreferenz abgleichen sollen. Nach Angaben der wissenschaftlichen Produktionskooperative für den Bau von Präzisionsinstrumenten (JSC NPK ‚SPP‘) beträgt der maximale projektierte Messfehler bei der Bestimmung des Abstands zwischen zwei Satelliten drei Zentimeter. Die Zeitbasen von zwei Raumfahrzeugen sollen nicht mehr als eine Nanosekunde auseinanderlaufen, der Fehler bei ihrer Bestimmung soll 0,1 Nanosekunden nicht überschreiten.

Kommende Satelliten aus der GloNaSS-K2-Reihe sollen serienmäßig mit einem Lasermess- und Kommunikationssystem ausgestattet werden. Die NPK ‚SPP‘ wurde beauftragt, 14 entsprechende Systeme, die eine maximale Datenrate von 50 Kilobit pro Sekunde (kbit /s) ermöglichen sollen, herzustellen. Außerdem wurde das Unternehmen auch mit der passenden Ausstattung von Bodenstationen betraut.

Der erster Start eines GloNaSS-K2 (auf einer Sojus-2.1b-Rakete mit Fregat-M-Oberstufe von Plessezk aus) wird derzeit für das Jahr 2019 erwartet. Die verbliebenen GloNaSS-M-Satelliten werden bedarfsweise gestartet, um gegebenenfalls Ausfälle gleichartiger Satelliten zu kompensieren. Die Produktion von GloNaSS-M-Satelliten hat Reschetnjow gemäß einer Mitteilung mit Datum vom 30. Juli 2015 bereits eingestellt.

GloNaSS-M 752 alias Kosmos 2.522 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 42.939 und als COSPAR-Objekt 2017-055A. Die Fregat-M-Oberstufe ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 42.940 und als COSPAR-Objekt 2017-055B.

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