Nachdem das große internationale Projekt „EJSM Europa-Jupiter System Mission / Laplace“ abgesagt wurde, hat Russland ebenso wie Europa seinen geplanten Beitrag dazu überarbeitet und arbeitet weiterhin am ersten Landeprojekt für einen Jupitermond – nur das Ziel hat gewechselt, jetzt soll Ganymed statt Europa angeflogen werden.
Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: RIAN/IKI/NPO Lawotschkin.
2008 hatten die NASA, die ESA und die japanische JAXA das EJSM-Konzept (auch Laplace genannt) entwickelt. 3 Raumsonden sollten gemeinsam das Jupiter-System erforschen. So wollte die NASA den „Jupiter Europa Orbiter“ (JEO) starten, der die beiden Monde Io und vor allem Europa untersuchen sollte. Die beiden weiteren Monde Ganymed und Callisto sollte der „Jupiter Ganymede Orbiter“ (JGO) der ESA untersuchen. Zudem sollte der japanische „Jupiter Magnetospheric Orbiter“ (JMO) den Planeten selbst und vor allem seine enorm große Magnetosphäre untersuchen. Russland war ursprünglich kein Partner im Rahmen des EJSM-Projekts, wollte dann aber einen Lander für den Mond Europa bauen.
Relativ schnell lösten sich die gemeinsamen hochfliegenden Pläne jedoch wieder auf. Japan schied schon früh aus dem Projekt aus, und auch die NASA sagte ihren JEO ab. Bei der ESA wurde dann aus dem JGO das mittlerweile bewilligte Projekt JUICE – „Jupiter Icy Moons Explorer“. Auch Russland hielt grundsätzlich an seiner Absicht fest, einen Mondlander ins Jupitersystem zu bringen, stand mit der Absage des JEO aber vor einem großen Problem. So war der geplante Lander (zu jener Zeit unter dem Namen Sokol-Laplace) darauf angewiesen, dass ein Orbiter vorher ein mögliches Landegebiet findet und nach der Landung als Kommunikationsrelais zur Verfügung steht. Beides war bei Europa nicht mehr gegeben, und angesichts der massiven Strahlenbelastung im Europa-Orbit (der Mond liegt mitten im stärksten Strahlungsgürtel Jupiters) sahen sich die russischen Wissenschaftler nicht in der Lage, einen eigenen kleinen Orbiter mitfliegen zu lassen. Diese Entscheidung stand auch noch unter dem Eindruck des Verlustes von Phobos-Grunt durch einen Strahlentreffer im Erdorbit, mit dem sowohl Elektronik als auch Software der Sonde überfordert waren.
Da die ESA sich auf Ganymed konzentrierte und ihre Raumsonde weiter verfolgte, schwenkte auch Russland auf Ganymed als Ziel für den Lander um. So ist jetzt vorgesehen, dass JUICE zunächst Ganymed kartieren soll und dadurch die Landung vorbereitet. Auch nach der Landung könnte JUICE dann als Kommunikationsrelais dienen. Allerdings wird der Lander (jetzt unter dem Namen Laplace-L weiter verfolgt) auch direkt mit der Erde kommunizieren können, um nicht zwingend auf die Verfügbarkeit des Orbiters angewiesen zu sein. Neben dem Lander wird von russischer Seite auch erwogen, einen eigenen Ganymed-Orbiter (Laplace-O) zu starten. Dieser wäre eine relativ kleine Sonde von etwa 800 kg Masse – nicht mal halb so viel wie JUICE. Dementsprechend begrenzt wäre auch die Ausstattung dieses Orbiters, er würde hauptsächlich zur Kartierung (mit einer stereoskopischen Kamera mit einer Auflösung von etwa 1m) der Oberfläche dienen und damit zur Auswahl des Landeplatzes beitragen.
Technisch sollen sowohl Lander als auch Orbiter viel gemeinsam haben mit anderen, aktuell verfolgten, russischen Raumsondenprojekten. So wird ein großer Teil der Struktur mit den Mondsonden Luna-Glob und Luna-Resurs identisch sein. Die Landetriebwerke werden aus dem europäisch-russischen ExoMars-Projekt übernommen. Wenn diese Missionen, die in diesem Jahrzehnt fliegen sollen, also erfolgreich sind, wären viele Komponenten bereits erprobt und somit die frühestens 2022 startende Ganymed-Mission grundsätzlich ein sehr sicheres Projekt. Zum Start der beiden Sonden würde jeweils eine Proton-Rakete oder eine dann zur Verfügung stehende Angara-Rakete dienen.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Landers wird es gehören, die Möglichkeit von Leben auf Ganymed zu untersuchen. Ganymed ist ein kalter Mond, dessen Oberfläche überwiegend aus Eis besteht. Aus diesem Eis entsteht durch den Einfluss kosmischer Strahlung unter anderem Sauerstoff, Wasserstoff oder Wasserstoffperoxid. Damit besitzt Ganymed eine dünne Atmosphäre, die sich allerdings in den Weltraum verflüchtigt. Nichtsdestotrotz entstehen damit auf Ganymed potentielle Energieträger, zudem gilt ein Ozean unter dem Eispanzer als möglich. Laplace-L soll daher mit verschiedenen Instrumenten ausgestattet werden, um die Oberflächenchemie des Mondes zu untersuchen. Falls es an der Oberfläche sogar Mikroorganismen geben sollte, könnte der Lander diese ebenfalls mithilfe einer speziellen Kamera nachweisen.
Diskutieren Sie mit: