Russland begeht Tag der Raumfahrt mit Volksbelustigungen und Start einer neuen Interkontinentalrakete

Auftritt Putins am Abend. Ein Beitrag vor Gerhard Kowalski.

Quellen: GK Roskosmos, Verteidigungsministerium, TASS, RIA Nowosti, yandex.ru.

Moskau, 12. April 2023 – Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Angriffskrieges gegen die Ukraine hat Russland am Mittwoch den 62. Jahrestag des Raumfluges von Juri Gagarin begangen. Anfangs sah es so aus, als fänden an diesem Tag nur Volksbelustigungen statt, um von dem Blutvergießen abzulenken. Allein für Moskau wurden mehr als 60 Veranstaltungen in Parks, Kinos, Klubs und Museen angekündigt – im ganzen Land sollten zudem 18 Fernsehtürme als Projektionsfläche für bunte Video-Programme dienen.
Für den Abend ist im Staatlichen Kremlpalast in Anwesenheit von Präsident Wladimir Putin die Premiere des ersten Spielfilms geplant, der im Weltall gedreht wurde. Er trägt den Titel „Wysow“ (Herausforderung) und entstand im Oktober 2021 im russischen Segment der Internationalen Raumstation ISS.

Überraschend meldete in der Nacht das Verteidigungsministerium den erfolgreichen Start einer ballistischen Interkontinentalrakete der Strategischen Raketentruppen vom Staatlichen Zentralen Testgelände Kapustin Jar im Gebiet Astrachan. Der Übungsgefechtskopf habe sein Ziel im kasachischen Testgebiet Sary-Schagan mit der vorgegebenen Präzision erreicht und damit die Richtigkeit der Entscheidungen bei der Entwicklung neuer strategischer Raketenkomplexe bestätigt, hieß es in der Mitteilung zu der sicher nicht zufälligen Machtdemonstration. „Die Aufgaben des Starts wurden voll und ganz erfüllt.“ Das klingt auch in dem Grußwort des Chefs des Kosmonautenausbildungszentrums (ZPK) „Juri Gagarin“, Maxim Charlamow, an seine Mitarbeiter an. Er versicherte ihnen ausdrücklich, dass dank ihrer Arbeit das Land derzeit seinen „Status als kosmische Großmacht bewahrt“ und die „Raketen- und Raumfahrtindustrie die Grundlage des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und der Sicherheit Russlands ist“.

Besondere Aufmerksamkeit findet eine Ausstellung in der Staatsduma, dem Unterhaus des russischen Parlaments, unter dem Titel „Tschaika. Die Ersten im Weltraum“. Sie ist dem bevorstehenden 60. Jahrestag des Fluges von Walentina Tereschkowa mit dem Funkcode Tschaika/Möwe vom 16. Juni 1963 als erste Frau ins All gewidmet. Pikant ist dabei, dass Tereschkowa eine der 450-Duma-Abgeordneten – darunter auch vier Kosmonauten – ist, die einstimmig für den Krieg gegen die Ukraine votiert haben.

Der Generaldirektor der GK Roskosmos, Juri Borissow, hat den Gagarin-Jahrestag genutzt, um auf die Schlüsselaufgaben seiner Behörde bei der Entwicklung der bemannten Raumfahrt aufmerksam zu machen. In einem TASS-Interview nannte er dabei den Bau einer eigenen nationalen Raumstation und einen Mondflug. Das sogenannte Skizzenprojekt der Russischen Orbitalstation (ROS) werde bis zum Jahresende fertiggestellt, kündigte er an. Das erste Modul dafür soll 2028 gestartet werden und auch die erste Besatzung empfangen. Beim bemannten Mondprojekt müsse erst einmal das Programm für den dafür erforderlichen Bau einer superschweren Trägerrakete bestätigt werden, sagte der Manager. Dazu liefen derzeit die Abstimmungen mit den zuständigen föderalen Organen.

Die russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew, Dmitri Petelin und Andrej Fedjajew haben ihrerseits ihren Landsleuten Grüße aus der Internationalen Raumstation ISS geschickt und mitgeteilt, dass sie das Gagarin-Jubiläum mit einem festlichen Essen begehen werden. Zudem veröffentlichte Petelin ein neues Foto von der Gagarinschen Startrampe in Baikonur (Kasachstan).

Gerhard Kowalski

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