Rover Richtung Mars

Im Juni bzw. Juli 2003 werden zwei identische Mars-Rover starten, um nach ihrer Ankunft beim Roten Planeten Anfang 2004 geologische Untersuchungen an verschiedenen Stellen der Mars-Oberfläche durchzuführen.

Autor: Michael Stein

Ein Modell der Mars-Rover beim Test in einer simulierten Marslandschaft.
(Foto: Caltech/JPL)

Mitte 2003 wird es eng auf der Weltraum-Autobahn zwischen Erde und Mars: Nicht nur die europäische Raumsonde Mars Express macht sich dann mitsamt dem britischen Mars-Lander Beagle 2 auf den langen Weg zu unserem äußeren Nachbarplaneten – und leistet dabei der schon seit 1998 auf verschlungenen (Um-)Wegen in Richtung Mars reisenden japanischen Raumsonde Nozomi Gesellschaft -, sondern auch zwei amerikanische Raumsonden mit Ziel Mars werden zu dieser Zeit kurz hintereinander starten, mit je einem so genannten Mars Exploration Rover an Bord. Bei diesen eineiigen Zwillingen handelt es sich gewissermaßen um große Brüder des 1997 äußerst erfolgreich auf dem Roten Planeten debütierten Mini-Rover Sojourner, der damals zwar bereits erste wissenschaftliche Experimente durchführte, in erster Linie aber ein technologisches Demonstrationsobjekt war – wie überhaupt die gesamte Pathfinder-Mission neben wissenschaftlichen Zwecken als erste Discovery-Mission auch die erfolgreiche Durchführbarkeit der neuen „Cheaper, Better, Faster“-Philosophie der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA zeigen sollte.

Missionsverlauf
Nun also gleich zwei identische Mars Rover-Missionen. Der erste Rover Spirit wird Anfang Juni als Nutzlast einer Delta II-Rakete von Cape Canaveral aus starten, und wenige Wochen später soll ihm sein Zwillingsbruder Opportunity folgen. Nach rund sieben Monaten Reisezeit werden die beiden Rover im Januar 2004 den Mars erreichen und auf dieselbe erfolgreiche Weise wie ihr Vorgänger mit Hilfe von Bremsfallschirmen und überdimensionalen Airbags auf der Marsoberfläche auftreffen. Einer der beiden Rover wird im Gusev-Krater landen, der ausgeprägte Spuren eines früheren Sees erkennen lässt, während sein Zwillingsbruder im so genannten Meridiani Planum landen wird, bei dem ebenfalls geologische Anzeichen früherer Wasservorkommen entdeckt worden sind. Die Landegebiete liegen auf einander entgegengesetzten Seiten des Planeten und bieten relativ gute Bedingungen für eine erfolgreiche Landung – soweit dies aufgrund der vorliegenden Aufnahmen zu beurteilen ist. Sie sind in aufwendigen Auswahlverfahren von dutzenden Spezialisten mit Hilfe von Aufnahmen der beiden um den Mars kreisenden Raumsonden Mars Global Surveyor und Mars Odyssey festlegt worden. Die Wahl ist auf äquatornahe Gebiete gefallen, da die elektrische Energie für die beiden Rover ausschließlich von Solarzellen erzeugt wird: Die Sonne steht in Äquatornähe am höchsten und die Tage sind dort am längsten, was die effektiv mögliche Operationsdauer der Rover im Vergleich zu einem polnahen Einsatzgebiet deutlich vergrößert.

Ein Mars-Rover nach der Landung noch auf seinem Lander stehend. Deutlich sind unter den drei aufgeklappten Abdeckungen die zusammengefallenen Airbags zu sehen.
(Grafik: Caltech/JPL)

Während des etwa sechsminütigen Landevorgangs, der mit dem Eintauchen der Landekapsel in die Marsatmosphäre beginnt, senden die Rover 36 verschiedene jeweils zehn Sekunden dauernde Tonsignale aus, um die Ausführung verschiedener Aktionen zu bestätigen. So wird zum Beispiel ein Signalton gesendet, wenn sich der Landefallschirm geöffnet hat, und ein anderer Signalton, wenn sich die Airbags entfaltet haben. Beide Rover landen am frühen Nachmittag – um 14:00 Uhr beziehungsweise 13:15 Uhr lokaler Zeit – auf dem Mars, wenn die Erde von den Landestellen aus noch sichtbar ist, so dass die während der Landung ausgesandten Tonsignale von den Bodenstationen des Deep Space Network registriert werden können. Auf diese Weise erhalten die Missionsspezialisten auf der Erde wenigstens rudimentäre Informationen über den Erfolg der einzelnen Phasen des Landevorgangs – anders als beispielsweise bei dem Ende 1999 während des Landevorgangs sang- und klanglos verschollenen Mars Polar Lander, bei dem die Missionsspezialisten im Nachhinein nur Vermutungen über die Ursache des Fehlschlags anstellen konnten, da zu dem Lander vom Beginn der Landephase an keinerlei Kontakt mehr bestand.

Trotz der sorgfältigen Auswahl der Landegebiete brauchen die beiden Rover auch eine Portion Glück, um die rauhe Landung zu überstehen. Sollte einer der in Airbags gehüllten Lander unglücklich auf einem Felsen auftreffen, dann wird die Mission zuende sein, bevor sie richtig begonnen hat – auch die zweilagigen, robusten Airbags können nicht jeden möglichen Aufprall so absorbieren, dass die Rover unbeschädigt bleiben.

Nach dem ersten Aufprall können die Raumfahrzeuge noch bis zu einem Kilometer über die Marsoberfläche hüpfen und rollen, bevor sie zum Stillstand kommen. Nachdem die Airbags entlüftet worden sind werden sich drei Abdeckungen wie ein Blütenblatt öffnen und die sich noch im Transportzustand befindlichen Rover enthüllen. Nach und nach werden sich dann die Rover in einen einsatzbereiten Zustand bringen, indem sie ihren Kameramast, ihre Antennen, Räder und Solarpaneele entfalten. Im Gegensatz zur Mars Pathfinder-Mission haben die Lander hier nur die Aufgabe, die beiden Rover auf die Mars-Oberfläche zu bringen; sämtliche wissenschaftlichen Instrumente und Kameras befinden sich an Bord der Rover.

Die erste Aktion der Rover nach der Landung wird die Erkundung ihrer Landestelle durch Aufnahme eines 360°-Panoramafotos im sichtbaren und infraroten Wellenbereich sein. Auf Basis dieser Aufnahme werden die Projekt-Wissenschaftler erste Ziele für die Rover auswählen, die dann mit den wissenschaftlichen Instrumenten untersuchte werden. Da als minimale Lebensdauer der Rover 90 Marstage veranschlagt sind werden sich die beiden Fahrzeuge relativ weit von ihrer Landestelle entfernen können. Letztendlich hängt die Lebensdauer der Rover davon ab, wie lange die Solarpaneele ausreichend Strom liefern können – durch den Staub in der Marsatmosphäre wird ihre Leistungsfähigkeit langsam, aber stetig abnehmen, bis eines Tages die minimale Energiemenge für den Betrieb der Rover unterschritten sein wird. Die am Projekt beteiligten Wissenschaftler hoffen, dass dies nicht vor dem Mars-Frühsommer 2004 der Fall sein wird.

Untersuchung eines Gesteinsbrockens mit den beiden Spektrometern und der Kamera für mikroskopische Aufnahmen, die mit Hilfe eines beweglichen Instrumentenarms an das Untersuchungsobjekt gehalten werden.
(Grafik: Caltech/JPL)

Die beiden Mars-Rover
Wie bereits erwähnt sind die beiden Mars-Rover vollkommen identisch und um ein Mehrfaches größer und schwerer als ihr Vorgänger Sojourner. Die Energieversorgung erfolgt ausschließlich über Solarzellen, die Fortbewegung durch sechs Räder. Ihre Software ist „intelligent“ genug, um selbständig Hindernissen auszuweichen. Wenn sie mit Situationen konfrontiert werden, für die ihre Software keine vorprogrammierten Verhaltensweisen kennt, stoppen sie ihre Fortbewegung und warten auf detaillierte Anweisungen von der Erde.

Das Design der Rover ähnelt sehr dem ihres Vorgängers Sojourner. Die beiden Rover haben eine Masse von jeweils 185 Kilogramm und sind in der Lage, sich pro Marstag theoretisch maximal 100 Meter weit zu bewegen – das entspricht ungefähr der Strecke, die der erste Mars-Rover Sojourner während seiner gesamten Lebensdauer zurückgelegt hat. Die wissenschaftliche Ausstattung umfasst drei Kameras – unter anderem eine Kamera, die mikroskopische Aufnahmen von Gesteinsoberflächen anfertigen soll – sowie zwei Spektrometer, die mit Hilfe eines Teleskoparms gegen Gesteinsbrocken gepresst werden können und so deren Zusammensetzung untersuchen sollen. Daneben verfügen die Rover noch über sechs weitere Kameras, die Aufnahmen der unmittelbaren Umgebung zur Navigationsunterstützung anfertigen.

Trotz aller Sorgfalt, Planung und Vorbereitungen bleiben die Missionen der beiden Mars Exploration Rover der NASA ein riskantes Unterfangen, dessen Erfolg nicht garantiert ist. Vielleicht auch deswegen hat sich die amerikanische Raumfahrtbehörde 2000 dazu entschlossen, gleich zwei Rover zum Mars zu schicken, damit wenigstens einer der beiden identischen Brüder seinen Auftrag erfolgreich ausführt – zusammen mit all‘ denen, die jahrelang für dieses Projekt gearbeitet und gelebt haben, drücken wir unsere Daumen.

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