Rotationsdauer eines Exoplaneten erstmals bestimmt

Erstmals ist es Astronomen gelungen die Rotationsdauer eines Exoplaneten zu bestimmen. Ein kompletter Tag auf dem Planeten Beta Pictoris b dauert demzufolge lediglich rund acht Stunden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, IAU, Sky & Telescope
Der in dieser Auffindkarte mit einem roten Kreis markierte Stern Beta Pictoris ist der zweithellste Stern des südlichen Sternbildes Maler (lat. Pictor) und kann mit seiner Helligkeit von 3,85 mag bereits mit dem bloßen Auge betrachtet werden. Für die Beobachtung der den Stern umgebenden Trümmerscheibe und des dortigen Planeten sind allerdings professionelle Großteleskope und anspruchsvolle Aufnahmetechniken notwendig.
(Bild: ESO, IAU, Sky & Telescope)

Das System des rund 63 Lichtjahre von der Erde entfernt gelegenen Sterns Beta Pictoris wird von den Astronomen als ein ursprüngliches, noch in der Entstehungsphase befindliches Planetensystem angesehen. Bereits im Jahr 1983 konnte mit dem Infrarotsatelliten IRAS eine Trümmerscheibe entdeckt werden, welche diesen Stern umgibt und die über einen Durchmesser von bis zu 1.000 Astronomischen Einheiten (kurz „AE“) – eine AE entspricht der Entfernung zwischen Erde und Sonne – verfügt. Der im Sternbild Maler (lat. „Pictor“) gelegene Stern Beta Pictoris war einer der ersten Sterne, bei denen eine solche Scheibe nachgewiesen werden konnte.

Seit dem Jahr 2008 ist zudem bekannt, dass sich innerhalb dieser Scheibe ein Exoplanet um den Stern bewegt. Beta Pictoris b – so der Name dieses Planeten – verfügt in etwa über den 1,7-fachen Durchmesser und die siebenfache Masse des Planeten Jupiter und umrundet seinen Stern in einer mittleren Entfernung von rund 8,5 Astronomischen Einheiten (1,275 Milliarden Kilometern). Der Exoplanet konnte in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) direkt abgebildet werden.

Die Rotationsgeschwindigkeit von Beta Pictoris b
Durch die Auswertung der Beobachtungsdaten des CRIRES-Instrumentes (kurz für „Cryogenic high-resolution InfraRed Echelle Spectrograph“ – einem Spektrografen zur Aufnahme von hochaufgelösten Spektren im Wellenlängenbereich von einem bis fünf Mikrometern) am VLT konnte jetzt ein von dem niederländischen Astronomen Ignas A. G. Snellen von der Universität Leiden geleitetes Team die Rotationsdauer dieses Planeten ermitteln.

Für eine komplette Drehung um seine Rotationsachse benötigt Beta Pictoris b demzufolge 8,1 Stunden bei einem Unsicherheitsfaktor von maximal einer Stunde. Am Äquator des Exoplaneten, so die Astronomen, liegt die Rotationsgeschwindigkeit somit bei fast 100.000 Kilometern pro Stunde. Beta Pictoris b rotiert laut den Messungen deutlich schneller als jeder Planet in unserem heimatlichen Sonnensystem. Zum Vergleich: Der Jupiter rotiert am Äquator mit ungefähr 47.000 Kilometern pro Stunde, während die Rotationsgeschwindigkeit der Erde am Äquator 1674,4 Kilometer pro Stunde beträgt.

ESO, Ignas Snellen (Universität Leiden)
Diese Grafik zeigt die Rotationsgeschwindigkeit mehrerer Planeten in unserem Sonnensystem sowie des Planeten Beta Pictoris b in Relation zu der Masse der Planeten.
(Bild: ESO, Ignas Snellen (Universität Leiden))

Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit erweitert die Kenntnisse über die Relation zwischen Masse und Rotationsgeschwindigkeit von Planeten, welche zuvor nur in unserem eigenen Sonnensystem untersucht werden konnte, jetzt auch auf den Bereich der Exoplaneten.

„Es ist nicht bekannt, warum sich manche Planeten schneller und andere langsamer drehen“, so Remco J. de Kok vom Netherlands Institute for Space Research, einer der an der Studie beteiligten Wissenschaftler. „Aber diese erste Messung der Rotation eines Exoplaneten zeigt, dass der im Sonnensystem beobachtete Trend, nach dem schwerere Planeten sich auch schneller drehen, auch auf Exoplaneten zutrifft. Es muss sich dabei um eine universelle Auswirkung des Prozesses der Planetenentstehung handeln.“

Beta Pictoris b ist – verglichen mit dem Alter der Erde von rund 4.5 Milliarden Jahren – ein noch sehr junger Planet mit einem Alter von lediglich etwa 21 Millionen Jahren. Die Astronomen gehen davon aus, dass der Exoplanet in den kommenden 100 Millionen Jahren noch weiter abkühlen und dadurch bedingt ’schrumpfen‘ wird. Da bei diesem Vorgang allerdings der ursprüngliche Drehimpuls erhalten bleibt wird sich die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten im Laufe der Zeit noch weiter erhöhen. Ein vergleichbarer Effekt kann bei einer Eiskunstläuferin beobachtet werden, die sich bei einer Pirouette schneller dreht, sobald sie ihre Arme näher an ihren Körper zieht.

Für ihre Untersuchungen nutzten die beteiligten Astronomen eine präzise Methode namens „hochdispersive Spektroskopie“, um die verschiedenen Wellenlängen des Lichtspektrums von Beta Pictoris b zu trennen. Das Prinzip des Doppler-Effekts ermöglichte es ihnen zu erkennen, dass sich verschiedenen Teile des Planeten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und – relativ zu dem Beobachter – in entgegengesetzte Richtungen bewegen. Indem sie sehr sorgfältig die Effekte des sehr viel helleren Zentralstern aus ihren Messdaten herausrechneten, war es ihnen möglich die Rotationssignatur des Planeten zu extrahieren.

ESO, Digitized Sky Survey 2
Diese Aufnahme zeigt einen Ausschnitt des Himmels von etwa 1,7 mal 2,3 Grad um den Stern Beta Pictoris.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2)

„Wir haben die Wellenlänge der Strahlung, die von dem Planeten ausgeht, mit einer Präzision von 1 zu 100.000 gemessen. Dadurch wird die Messung empfindlich für den Dopplereffekt, der die Bestimmung der Geschwindigkeit eines strahlenden Objekts erlaubt“, so Ingas Snellen. „Mittels dieser Methode sehen wir, dass sich verschiedene Teile der Planetenoberfläche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf uns zu oder von uns weg bewegen. Das kann nur bedeuten, dass der Planet um seine Achse rotiert.“

Bedeutung für die Exoplaneten-Forschung
Diese hier angewandte Methode ist eng mit der Doppler-Bildgebung verwandt, welche bereits seit mehreren Jahrzehnten verwendet wird, um die Oberfläche von Sternen und kürzlich auch von einem Braunen Zwerg zu kartieren (Raumfahrer.net berichtete). Die schnelle Rotation von Beta Pictoris b bedeutet, dass es in der Zukunft möglich sein wird, von dem Exoplaneten eine globale Karte zu erstellen, welche dort möglicherweise auftretende Wolkenstrukturen und Stürme zeigen könnte.

„Diese Methode kann mit der hervorragenden Auflösung und Empfindlichkeit des European Extremely Large Telescope und einem bildgebenden Hochdispersions-Spektrografen auf eine viel größere Auswahl an Exoplaneten angewendet werden. Mit dem geplanten ‚Mid-infrared E-ELT Imager and Spectrograph‘ METIS wird es uns mit dieser Methode möglich sein, globale Karten von Exoplaneten anzufertigen und sehr viel kleinere Planeten als Beta Pictoris b zu charakterisieren“, ergänzt Bernhard Brandl von der Sternwarte Leiden, der ebenfalls an dieser Studie beteiligte METIS-Projektleiter.

Die hier kurz vorgestellten Forschungsergebnisse wurden am 1. Mai 2014 von Ignas A. G. Snellen et al. unter dem Titel „The fast spin-rotation of a young extra-solar planet“ in der Fachzeitschrift ‚Nature‘ publiziert.

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