Aktuelle Aufnahmen der Raumsonde Rosetta zeigen, dass der Komet 67P/Tschurjumow-Gerasimenko über eine stark variierende Oberfläche verfügt, auf der sich steil abfallenden Hänge, kraterähnliche Vertiefungen, ausgedehnten Ebenen und zerklüftete Gebiete befinden. Diese Oberflächengestaltung wird es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern und Ingenieuren erschweren, einen geeigneten Landeplatz ausfindig zu machen, an dem voraussichtlich am 11. November 2014 der Kometenlander Philae die Oberfläche von 67P erreichen soll.
Erstellt von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, ESA
Nach einem mehr als zehn Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem, bei dem eine Distanz von rund 6,4 Milliarden Kilometern zurückgelegt wurde, erreichte die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 das Ziel ihrer Reise – den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (der Einfachheit halber ab hier als „67P“ abgekürzt) . Seitdem ‚begleitet‘ Rosetta den Kometen, ohne sich dabei jedoch zunächst in einer wirklichen Umlaufbahn um 67P zu befinden (Raumfahrer.net berichtete).
Vielmehr folgt die Raumsonde derzeit einer Flugbahn, welche in etwa die Form eines Dreiecks aufweist und die im Mittel in einer Höhe von 100 Kilometern über der Oberfläche des Kometenkerns verläuft. An jedem der drei Scheitelpunkte dieser Bahn müssen die Triebwerke der Raumsonde für kurze Zeit aktiviert werden, damit der nächste Abschnitt der Flugbahn erreicht werden kann. Derzeit erfolgen diese Manöver etwa alle drei bis vier Tage. Der Abstand zur Kometenoberfläche soll dabei in den kommenden Wochen noch weiter verringert werden, bis sich Rosetta Anfang September 2014 in einer Höhe von dann nur noch etwa 30 Kilometern über dem Kometen befindet.
Ab dieser Entfernung, so die Erwartungen der beteiligten Mitarbeiter des Rosetta-Flugkontrollteams, wird sich die Gravitation von 67P so stark auf Rosetta auswirken, dass die Raumsonde von dem Kometen ‚eingefangen‘ wird und diesen anschließend auf einer schwerkraftgebundenen polaren Umlaufbahn umläuft. Abhängig von der in den kommenden Monaten zunehmenden Aktivität des Kometen soll die Höhe dieser Umlaufbahn noch weiter abgesenkt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist dabei eine Höhe von etwa zehn Kilometern vorgesehen.
Weitere Fotos zeigen Details der Oberfläche
Derzeit sind die an der Rosetta-Mission beteiligten Wissenschaftler damit beschäftigt, den Kometen mit den elf Instrumenten an Bord der Raumsonde genauer zu untersuchen und zu charakterisieren. Neben den verschiedenen Messinstrumenten wird hierfür die OSIRIS-Kamera – die vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickelte und betriebene Hauptkamera an Bord von Rosetta – eingesetzt. Weitere Aufnahmen des Kometenkerns liefert die Navigationskamera der Raumsonde.
Diese Fotos zeigen, dass 67P im Allgemeinen über eine sehr raue Oberfläche verfügt. Dabei lässt sich bereits jetzt erkennen, dass die Gestalt der Oberfläche von Region zu Region unterschiedlich ausfällt.
Bereits im Juli 2014 angefertigte Aufnahmen legten erstmals die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Kern von 67P um einen so genannten „contact binary“ handeln könnte – ein Objekt, bei dem zwei Einzelkörper durch gravitative Kräfte mehr oder weniger stabil aneinander gebunden sind. Spätere Abbildungen erhärteten den Verdacht, dass 67P aus zwei Teilen bestehen könnte: einem kleineren ‚Kopf‘, welcher durch einen ‚Hals‘ mit einem deutlich größeren Körper verbunden ist.
Die in den letzten Tagen aus Entfernungen von rund 100 Kilometern angefertigten Aufnahmen zeigen unterschiedliche Gebiete, auf denen sich steil abfallenden Hänge, kraterähnlichen Vertiefungen, Felsbrocken, ausgedehnten Ebenen und zerklüftete Gebiete befinden. Auf dem ‚Kopf‘ des Kometen (in den hier gezeigten Aufnahmen jeweils in der oberen Bildhälfte erkennbar) befinden sich parallel verlaufenden Linien. Der schmale Verbindungsgrat – der ‚Hals‘ – ist mit einer Vielzahl an Felsblöcken bedeckt, der ‚Körper‘ des Kometen (untere Bildhälfte) scheint dagegen stark zerklüftet zu sein.
„Die Oberfläche des Kometen ist bei weitem nicht so unverändert, wie wir uns das zu Beginn gedacht hatten“, interpretiert Dr. Ekkehard Kührt, Kometenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und verantwortlich für die wissenschaftliche Beteiligung des DLR an der Rosetta-Mission, die Aufnahmen. „Dafür ist die Vielfalt an Strukturen zu groß. Zu klären ist nun, wie sich diese Formen entwickelt haben. Wahrscheinlich hat die kometare Aktivität einen wichtigen Anteil daran.“
Der Kometenlander Philae – Landeplatz gesucht…
Neben der allgemeinen Charakterisierung des Kometen sind die an der Mission beteiligten Wissenschaftler gegenwärtig damit beschäftigt, einen geeigneten Landeplatz zu suchen, an dem am 11. November 2014 der von Rosetta mitgeführte Kometenlander Philae die Oberfläche von 67P erreichen soll. Aufgrund der ‚Unebenheit‘ des Geländes kommen hierfür wohl nur wenige Regionen in Frage. Derzeit wird noch eine Landung an der ‚Spitze‘ des ‚Kopfes‘ favorisiert – die endgültiger Entscheidung soll aber erst Mitte Oktober nach der Auswertung weiterer Daten getroffen werden. Nach der Landung soll Philae die Oberfläche des Kometen mit weiteren zehn Instrumenten über einen Zeitraum von mindestens zwei Tagen direkt untersuchen.
Unabhängig von der Landung von Philae wird die Raumsonde Rosetta ‚ihren‘ Kometen noch bis zum Ende des Jahre 2015 auf dessen Weg durch das innere Sonnensystem begleiten und auch weiterhin untersuchen.
„Wir haben dadurch die einzigartige Möglichkeit mitzuverfolgen, wie die Aktivität des Kometen seine Oberfläche formt und verändert“, so Dr. Holger Sierks vom MPS, der wissenschaftliche Leiter des OSIRIS-Teams.
Weitere Aufnahmen der Kameras von Rosetta können Sie in der Rosetta-Bildgalerie sowie im Rosetta-Blog der ESA einsehen und auf Ihren Computer herunterladen. Die Veröffentlichung der Aufnahmen der Navigationskamera erfolgt dabei gegenwärtig auf einer täglichen Basis, wobei jeweils eine Aufnahme vom Vortag um 15:00 MESZ freigegeben wird. Und vielleicht möchten Sie sich auch selbst an einer Nachbearbeitung dieser Aufnahmen versuchen?
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