Rosetta: Detailaufnahme von der Kometenoberfläche

Den an der Rosetta-Mission beteiligten Kometenforschern ist es gelungen, einen der größten Felsblöcke auf der Oberfläche des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko mit einer Auflösung von etwa 50 Zentimetern pro Pixel abzubilden. Diese Felsblöcke stellen für die Wissenschaftler derzeit immer noch ein ungelöstes Rätsel dar.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, ESA.

ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA
Diese Aufnahme einer Gruppierung aus Gesteinsblöcken fertigte die Telekamera des OSIRIS-Kameraexperiments am 6. August 2014 an. Aus einer Entfernung von etwa 130 Kilometern wurde dabei eine Auflösung von etwa 2,4 Metern pro Pixel erreicht. Der Felsblock ‚Cheops‘ befindet sich fast genau im Zentrum der Aufnahme am unteren Rand der Gruppierung.
(Bild: ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA)

Nach einem mehr als zehn Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem, bei dem eine Distanz von rund 6,4 Milliarden Kilometern zurückgelegt wurde, erreichte die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 das Ziel ihrer Reise – den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (der Einfachheit halber ab hier als „67P“ abgekürzt). Seitdem ‚begleitet‘ Rosetta diesen Kometen auf seinem Weg in das innere Sonnensystem und untersucht dieses Relikt aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems intensiv mit elf wissenschaftlichen Instrumenten.

Mitte September bewegte sich Rosetta dabei in einer Umlaufbahn um den Kometen, welche in einer Entfernung von etwa 30 Kilometern zu dessen Zentrum verlief. Während dieser „Global Mapping Phase“ (kurz „GMP“) wurden die abbildenden Instrumente der Raumsonde dazu genutzt, um die Oberfläche von 67P zu verschiedenen ‚Tageszeiten‘ und somit unter unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen abzubilden und zu charakterisieren. Auf den Aufnahmen zeigt sich, dass der Komet 67P über eine stark variierende Oberfläche verfügt, welche größtenteils von einem rauen Gelände dominiert wird, auf dem sich eine Vielzahl von teilweise sehr stark geneigten Berghängen, scharfkantige Klippen, Vertiefungen, kraterähnliche Strukturen, parallel verlaufenden Rillen und Gräben sowie Gesteinsbrocken und Felsblöcke befinden.

In einer bestimmten Region wurde dabei zum Beispiel auf einer Fläche von etwa einem Quadratkilometer mehr als 300 Felsblöcke gezählt, welche über einen Durchmesser von teilweise deutlich mehr als drei Metern verfügen. Diese blockartigen Strukturen gehören zu den auffälligsten und bisher geheimnisvollsten Oberflächenmerkmalen des Kometen 67P.

Der Felsblock ‚Cheops‘

ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA
Diese ‚Nahaufnahme‘ des Felsblocks ‚Cheops‘ wurde am 19. September 2014 mit der Telekamera von OSIRIS angefertigt.
(Bild: ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA)

Am 19. September 2014 gelang es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern mit der OSIRIS-Kamera – der vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickelten und betriebenen Hauptkamera an Bord der Raumsonde – von einem dieser Felsblöcke eine beeindruckende Aufnahme anzufertigen. Mit einer maximalen Ausdehnung von etwa 45 Metern handelt es sich bei diesem Gesteinsblock um einen der größten Felsblöcke auf der Oberfläche des Kometen.

Er befindet sich auf der Unterseite des größeren Teilkörpers von 67P und ist dort am Rand einer Ansammlung ähnlicher Brocken abgelagert. Da diese ‚Felsgruppe‘ die Wissenschaftler an die Pyramiden von Gizeh erinnert, wurde der jetzt abfgebildete Felsbrocken, der zugleich der größte der dortigen Felsblöcke ist, nach der Cheops-Pyramide benannt.

Mit dieser Namenswahl folgen die Wissenschaftler den für die Rosetta-Mission vorgesehenen Kriterien bezüglich der Vergabe von Namen für Strukturen auf der Oberfläche des Kometen 67P. Die zu vergebenden Bezeichnungen für Oberflächenformationen auf dem Kometen sollen – ganz im Sinne der Namensherkunft für die Raumsonde Rosetta – einen allgemeinen Bezug zu der ägyptischen Geschichte und Mythologie aufweisen.

Diese Felsgruppe war erstmals auf Aufnahmen zu erkennen, welche bereits Anfang August bei der Ankunft von Rosetta an dem Kometen angefertigt wurden. In den vergangenen Wochen konnte die OSIRIS-Kamera – nachdem sich die Raumsonde der Kometenfläche immer weiter angenähert hatte – diese Formation erneut abbilden. Aus einer Entfernung von lediglich noch 28,5 Kilometern erreichte die Kamera dabei am 19. September 2014 allerdings eine deutlich höhere Auflösung von etwa 50 Zentimetern pro Pixel. Die hochaufgelöste Aufnahme enthüllt dabei sogar verschiedenen Details.

„Die Oberfläche von Cheops erscheint zerklüftet und unregelmäßig“, so Dr. Holger Sierks vom MPS, der Leiter der OSIRIS-Teams. Besonders faszinierend sind dabei für die Wissenschaftler kleine Bereiche auf der Oberfläche des Brockens, welche dieselbe Helligkeit und Textur aufweisen wie der Untergrund. „Es sieht fast so aus, als ob der lose Staub, der die Oberfläche des Kometen bedeckt, sich in den Ritzen abgelagert hat. Dies ist jedoch derzeit nur eine Vermutung“, so Dr. Sierks weiter.

Die Gesteinsblöcke bilden derzeit noch ein ungelöstes Rätsel

ESA, Rosetta, NavCam
Diese Mosaikaufnahme setzt sich aus vier Einzelaufnahmen zusammen, welche die Navigationskamera der Raumsonde Rosetta am 2. Oktober 2014 aus einer Entfernung von etwa 19 Kilometern zum Zentrum des Kometen 67P in einem Zeitraum von 20 Minuten angefertigt hat. Auch auf diesem Bild, welches über eine Auflösung von etwa 1,45 Metern pro Pixel verfügt, sind diverse Felsblöcke erkennbar, welche sich in der ‚Halsregion‘ des Kometen befinden.
(Bild: ESA, Rosetta, NavCam)

Wie die meisten der kleineren und größeren Felsblöcke, welche das OSIRIS-Team derzeit kartografiert, hebt sich auch der Felsblock ‚Cheops‘ deutlich vom typischerweise dunkleren Untergrund der Kometenoberfläche ab. Abgesehen von den Größen und der Verteilung auf der Oberfläche des Kometen stellen jedoch fast alle Merkmale der Felsblöcke von 67P für die Kometenforscher derzeit immer noch ein Rätsel dar.

Aus welchem Material bestehen diese Formationen? Was sind ihre physikalischen Eigenschaften wie etwa Dichte und Festigkeit? Und wie sind diese Blöcke einstmals entstanden? Das OSIRIS-Team hofft, dass eine regelmäßige Überwachung der Kometenoberfläche in den nächsten Monaten weitere Hinweise liefern wird, welche zur Beantwortung dieser Fragen beitragen werden.

„Falls die Brocken beispielsweise durch die Aktivität des Kometen freigelegt werden oder ihre Position dem Gravitationsfeld folgend verändern, so müssten wir dies in unseren Aufnahmen erkennen können“, so Dr. Sierks.

Am morgigen Tag wird sich die Raumsonde Rosetta, welche das Zentrum des Kometen derzeit noch in einer Entfernung von 18,6 Kilometern umrundet, durch eine Serie von Manövern auf eine Orbitbahn begeben, welche ab dem 15. Oktober in einer Entfernung von dann nur noch 9,8 Kilometern zum Zentrum verläuft. Für einen Umlauf um 67P wird Rosettadann nur noch 66 Stunden benötigen. Aus dieser nochmals deutlich verkürzten Distanz heraus soll die OSIRIS-Kamera noch besser aufgelöste Aufnahmen der Kometenoberfläche anfertigen.
Diese Daten sollen unter anderem genutzt werden, um die Details für die derzeit für den 12. November 2014 vorgesehene Landung des Kometenlanders Philae zu planen. Außerdem werden auch die anderen Instrumente der Raumsonde aus diesen neuen Orbit heraus noch bessere Messdaten liefern können, welche unter anderem der Untersuchung der von dem Kometen freigesetzten Staub- und Gaspartikel dienen werden.

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