Am Freitag, dem 15. April 2016, eröffnete Staatsministerin Ilse Aigner das Robotik und Mechatronik Zentrum (RMC) beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen.
Erstellt von Thomas Weyrauch. Quelle: Raumfahrer.net
Anlässlich der offiziellen Eröffnung hatte das DLR zu einer Tagesveranstaltung am rund 25 Kilometer südwestlich von München gelegenen bayerischen Standort geladen. Auf dem Programm der Veranstaltung standen Vorträge, Laborrundgänge und vor allem die eigentliche feierliche Eröffnung durch die Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner, den Ministerialdirigenten im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Holger Schlienkamp und den Physiker Professor Dr. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie.
Professor Dr. Dittus brachte in seinen einleitenden Worten seine Freude darüber zum Ausdruck, dass das DLR mit dem RMC im neuen Gebäude jetzt eine unvergleichliche Infrastruktur nutzen kann, in der nicht nur Roboter für den Einsatz im Weltraum entwickelt werden können, sondern auch Spitzenforschung im Bereich irdischen Robotereinsatzes betrieben werden kann.
Angetan zeigte sich Dittus vom Erscheinen zahlreicher Vertreter aus Wirtschaft und Industrie, die für das DLR wichtige Partner sind. Erwähnt wurde die seit Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Firma Kuka, die Nutzung von Software für Fahrerassistenzsysteme durch Mercedes Benz, und die etwa jährlich erfolgenden Ausgründungen durch einzelne Mitarbeiter des DLR.
Die Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner erklärte sich zufrieden mit dem erreichten Ergebnis und den damit neu eröffneten Möglichkeiten.
Zur Unterstützung beim fortschreitenden Aufbau der Kompetenzen im RMC erhält das DLR weitere rund 500.000 Euro, einen entsprechenden Fördermittelbescheid sagte die Ministerin zu.
Obwohl die Roboter des DLR schon die Kernkompetenzen eines Politikers wie Händeschütteln und Bänder durchschneiden beherrschten, werde die Entwicklung von Robotern noch eine ganze Weile dauern, bis sich Modelle wie der C3PO aus Krieg der Sterne verwirklichen lassen, trug die Staatsministerin in entspannter Laune vor.
Als Professor Gerd Hirzinger, ehemals Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik beim DLR in Oberpfaffenhofen, vor rund 30 Jahren mit dem Aufbau des Instituts begann, war nicht abzusehen, welche internationale Anerkennung die Arbeit am Standort einmal erfahren würde, berichtete Staatsministerin Aigner und brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Erfolgsgeschichte angesichts der Tatsache, dass jetzt alle wichtigen Arbeitsgruppen im neuen Gebäude gemeinsam untergebracht sind, fortgeschrieben werden kann.Aigner lies es nicht aus, darauf hinzuweisen, dass Roboter längst in weiten Lebensbereichen Einzug genommen haben und nannte als Beispiel die unauffälligen Maschinen, die immer häufiger zur Rasenpflege eingesetzt werden.
Befürchtungen, der Mensch werde durch eine sich ausdehnende Nutzung von Robotik Schaden erleiden, trat die Ministerin entgegen. Man könne sich sicher sein, dass auch künftig der Mensch der Schlüssel beim Einsatz von Robotern sein werde.
Professor Dr.-Ing. Alin Albu-Schäffer, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik, schilderte in seinem Vortrag die Ziele der Institutsarbeit in Oberpfaffenhofen. Langfristig habe man vor, autonome Roboter und Schnittstellen zum Menschen für eine wirkungsvollere, effektivere und sicherere Interaktion mit der Umwelt zu entwickeln.
In den vier Ebenen des rund 25 Millionen teuren Neubaus beschäftigten sich laut Alin Albu-Schäffer rund 300 Mitarbeiter mit Themen wie der Robotik in der Raumfahrt, der Medizin- und Pflegerobotik, der Industrierobotik und der intelligenten Servicerobotik.
Zentrale Arbeitsgebiete Albu-Schäffers Instituts sind der Robotereinsatz bei unbemannten Wartungs- und Entsorgungsmissionen im Weltraum, robotische Assistenzsysteme zum Einsatz in der bemannten Raumfahrt, robotische Systeme zur Planetenerkundung, der Robotereinsatz in der Produktion und Industrie 4.0, robotische Unterstützung in Medizin und Pflege und neue Mensch-Maschine-Schnittstellen, intelligente Roboter zur Erledigung von Dienstleistungen und Routineaufgaben im Alltag sowie zur Nutzung im Freien, z.B. in der Landwirtschaft.
Als Beispiel für die Nützlichkeit modernen Robotereissatzes nannte der Institutsleiter aktuelle Entwicklungen im Bereich der minimal-invasiven Operationstechnik. Ein Demonstrationssystem erläuterte er der Staatsministerin im Anschluss an die offizielle Einweihungszeremonie bei einer Runde durch die Labore des RMC. Eine Nutzung bereits gewonnener Erkenntnisse durch die medizintechnische Industrie steht laut Albu-Schäffer kurz bevor.
Im Bereich des Weltraumrobotings erwähnte Albu-Schäffer unter anderem das Projekt DEOS. DEOS steht für „Deutsche Orbitale Servicing Mission“ und kennzeichnet ein Konzept, das unter anderem zur Realisierung einer Möglichkeit führen könnte, gealterte und deaktivierte Satelliten auf niedrigen Erdumlaufbahnen einzufangen und anschließend bei kontrollierten, zerstörerischen Wiedereintritten in der Erdatmosphäre zu entsorgen.
Envisat, der konkret genannt wurde, ist derzeit der größte inaktive Satellit im All, dessen gezielte Entsorgung im Sinne der Weltraumschrottvermeidung von Vorteil sein könnte. Ein Raumfahrzeug einer robotischen Entsorgungsmission könnte Envisat z.B. an einer Antenne, an der Struktur des Hauptkörpers des Satelliten oder am Adapter, mit dem der Satellit beim Start mit der Trägerrakete verbunden war, greifen.
Auch Möglichkeiten zur robotischen Wartung und automatisch ablaufenden Nachbetankung von Satelliten im Weltraum werden im Rahmen von DEOS untersucht. Ein DEOS-Simulator war nach der Einweihungszeremonie in einem Teil des Hauptlabors zu sehen. Der Simulator ermöglicht die Erprobung der autarken Annäherung und Kopplung der beiden DEOS-Komponenten sowie die Manipulation der einen durch die andere Komponente. An Bord ist ein Roboterarm von Kuka mit einer adaptiven drei-fingerigen Greifhand.
Nicht unerwähnt ließ Alin Albu-Schäffer auch das Institut für Optische Sensorsysteme am DLR-Standort Berlin Adlershof, das für die Komplettierung des DLR-Robotik-Forschungsclusters sorge. Die Einrichtung unter der Leitung von Prof. Dr. Heinz-Wilhelm Hübers beschäftigt sich mit der Entwicklung von Sensoren und Software für intelligente Datenerfassungs- und Verarbeitungssysteme.Dr.-Ing. Johann Bals verwies in seiner Einführung auf das hohe Synergie-Potenzial zwischen den Bereichen Luft- und Raumfahrt und den Bereichen Energie, Sicherheit und Verkehr. Das Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik widmet sich unter Bals Leitung der Entwicklung intelligenter Regelungssysteme, die nicht nur bei Robotern im Raumfahrteinsatz verwendet werden können, sondern auch in Luft-, Schienen- und Straßenfahrzeugen nutzbar sind.
Ein Beispiel für eine Entwicklung, bei der robotische und regelungstechnische Technologien für planetare Rover und terrestrische Elektromobile Eingang fanden, ist das ROboMObil des DLR.
Das DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik liefert maßgebliche Beiträge zur Etablierung internationaler Standards bei der physikalischen Modellierung und Simulation. Von der Softwareentwicklung über rechnergestützte Entwurfsarbeiten bis zu Tests zusammengesetzter Hardware kann das Institut im Neubau mit Prüfständen und Fahrzeuglabor nun alle Aufgaben unter einem Dach erfüllen.
Die Zeremonie zur Eröffnung fand anschließend im großzügigen Foyer des RMC statt, in dem ausnahmsweise auch das ROboMObil einen Parkplatz gefunden hatte. Anlass-gemäß assistierte der dank eines Untergestells auf Rädern mobile Roboter Justin der Staatsministerin beim Durchschneiden des symbolischen Bands zur Eröffnung des RMC. Justins künstlicher Kollege Toro, als Laufroboter auf den eigenen Beinen unterwegs, sorgte für glänzende Augen beim Händeschütteln mit Frau Aigner.
Prüfstände für Industrieroboter und ein Labor für Entwicklung und Test mobiler Roboter für die Planetenforschung sind im Untergeschoss des RMC untergebracht.
In den drei Hauptgeschossen existieren zahlreiche gut zugängliche, um Innenhöfe herum angeordnete Büros, sowie gut erreichbare Besprechungsräume. Kreativer Austausch kann zusätzlich in den vier Innenhöfen stattfinden, wo es außerdem Raum zur Entspannung in Arbeitspausen gibt. Insgesamt rund 8.000 Quadratmeter stellt das Gebäude seinen Nutzern zur Verfügung.
Den größten Raum im Erdgeschoss des RMC nimmt das rund 300 Quadratmeter große, auf flexible Nutzungsmöglichkeiten hin ausgelegte Hauptlabor ein. Umgeben ist es auf drei Seiten von kleineren Nebenlaboren, die bei Bedarf durch große Zugangstore vom Hauptlabor aus erreicht werden können. Augenfällig ist die durchgängig gute Beleuchtungssituation, die gebäudeweit von der Nutzung aktueller LED-Technik profitiert.
Im Hauptlabor können große, offen Flächen bedarfsweise anders unterteilt und abgetrennt werden. Der Wunsch, die Transfermöglichkeiten zwischen verschiedenen Anwendungen der Robotik zu maximieren, zeigt sich also auch deutlich bei der Auslegung des von den Architekten Brik, Heilmeyer und Frenzel entworfenen Gebäudes. 2010 hatten die Architekten aus Stuttgart den nicht offenen Realisierungswettbewerb um den Neubau gewonnen.
Der Grundstein für den Bau war am 22. April 2013 gelegt worden. Die reine Bauzeit betrug etwas über zwei Jahre. Im Sommer 2015 waren die entsprechenden Arbeiten beendet, und die betroffenen Institute in Oberpfaffenhofen konnten mit dem Bezug des Gebäudes beginnen.
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