Das Herz eines Kometen ist der Kern: Ein kleines, unförmiges Stück aus Eis und Stein, meist nur wenige Kilometer im Durchmesser. Wenn sich ein Komet der Sonne nähert, heizt sich die Oberfläche des Kerns auf, Eis verdampft und die austretenden Gase und Staub bilden den Schweif…“ (NASA, CONTOUR Projekt-Homepage)
Autor: Karl Urban.
Der Missionstypus der neuen NASA-Sonde CONTOUR („Comet Nucleus Tour„) wurde bereits zweimal zuvor durchgeführt: Der Besuch eines Kometen. Sowohl die ESA-Sonde Giotto als auch die innovative NASA-Mission Deep Space 1 näherten sich bereits den „großen schmutzigen Schneebällen“, die wunderschöne Schweife entwickeln, wenn sie sich der Sonne nähern.
CONTOUR wird sogar zwei Kometen innerhalb weniger Jahre anfliegen. Sie soll bessere Bilder als ihre Vorgänger schießen, Staub einsammeln und analysieren und zudem viele offene Fragen beantworten. CONTOUR startet voraussichtlich am 3. Juli 2002 ins All.
Die Mission
Von allen größeren Objekten im Sonnensystem sind die Kometen am zahlreichsten. Ihre Zahl wird auf über eine Billion geschätzt. Sie spielen in der Geschichte unseres Sonnensystems und auch unseres Planeten eine wichtige Rolle. Teile der Grundbausteine des Wassers der Ozeane kamen höchstwahrscheinlich mit Kometen auf die Erde, die mit dieser in ihren jungen Jahren kollidierten. Zudem gibt es auch Spekulationen, wonach sogar die Bausteine des Lebens, langkettige organische Moleküle, mit Kometen auf die Erde gelangten. Somit gibt es vielfältigste Forschungsgebiete bei einem Kometen-Besuch einer Raumsonde. Die beiden anvisierten Ziele für CONTOUR sind die Kometen Encke und Schwassmann-Wachmann 3. Der erste zu besuchende, Encke, besitzt die kürzeste Umlaufzeit aller bekannten Kometen. Er umläuft die Sonne in nur 3,2 Jahren. Er wird seit 1786 bei jeder Erscheinung beobachtet. Ende 2003 soll die Sonde bei Encke eintreffen.
Das zweite Ziel von CONTOUR, der Komet Schwassmann-Wachmann 3, hat noch nicht so viel Eis verloren wie Encke, da er sich der Sonne weitaus seltener nähert. Im Jahr 1996 entdeckten Astronomen große Splitter des Kerns, die sich gelöst hatten. Somit hoffen die CONTOUR-Forscher beim Eintreffen der Sonde im Juni 2006 möglicherweise Gebiete mit Elementen aus dem Untergrund des Kometenkerns vorzufinden.
Besonders interessant am CONTOUR-Missionskonzept ist die Flexibilität: Erscheint in Reichweite der Sonde im Laufe ihrer Mission ein unbekannter Komet, wie Hale-Bopp 1997, so ist es möglich CONTOUR auch darauf auszurichten. Die Sonde nutzt nach ihrem Start das Erdschwerefeld mehrmals, um genug „Schwung“ für ihren Flug zu den Kometen zu erhalten.
Die Instrumente
• Der Neutral Gas and Ion Mass Spectrometer (NGIMS) wird den Anteil von vielen neutralen und ionisierten Gasen im Schweif des Kometen während des Vorbeiflugs messen. Dies soll gemeinsam mit den Ergebnissen des Gas-Experiments zum Verständnis der Zusammensetzung des Kometenkerns beitragen. Zudem möchte man darin auch Unterschiede der beobachteten Kometentypen finden.
• Der CONTOUR Remote Imaging Spectrograph (CRISP) wird beim dichtesten Vorbeiflug der Sonde am jeweiligen Kometen hochaufgelöste Bilder machen und eine infrarote Spektralkarte erstellen.
• Der CONTOUR Dust Analyzer (CIDA) soll den Staub des Schweifs der Kometen analysieren.
• CFI steht für CONTOUR Foward Imager und wurde für Aufnahmen bis zum ultravioletten Spektralbereich konstruiert. Das Instrument soll arbeiten, wenn sich CONTOUR dem Kometen bis auf 2.000 Kilometer genähert hat. CFI wird den Kometen kurz vor dem Eintreffen anvisieren und beim Vorbeiflug Bilder vom Kern, jeglichen Gas- und Staub-Jets und dem inneren Schweif machen.
Die ESA zieht nach
Nach der erfolgreichen Kometen-Mission Giotto der europäischen Raumfahrtbehörde ESA soll im Januar 2003 ein weiteres Raumfahrzeug wiederum einen Kometen besuchen. Die Sonde Rosetta wird dann Kurs auf den Kometen Wirtanen nehmen und dort neben vielfältigen Analysen auch einen Lander absetzen, der auf der Oberfläche von Wirtanen landen soll. Zum Start von CONTOUR wünscht auch die ESA der NASA gutes Gelingen ihrer Mission.
Fazit
Neben den vielen Vorteilen und Perspektiven, die die Mission von CONTOUR bietet, ist sie doch auch mit Risiken behaftet. Das Missionskonzept wurde unter dem Grundsatz entwickelt, es dürfe das Budget von nur 150 Mio. US-Dollar nicht überschreiten. Bei allen Entlastungen, die diese Einschränkung dem NASA-Etat bringen dürfte, erhöhen die geringen Mittel für die Mission doch auch das Risiko eines Totalverlustes. Noch nicht lange zurück liegt der bis heute nicht geklärte Verlust des Mars Climate Orbiter 1999 oder auch des Mars Observer 1993. In der Geschichte der Raumfahrt hat sich schon viel zu oft gezeigt, dass die Einsparung von Mitteln oft zu großen und sehr teuren Pannen geführt hat. Neben der Challenger-Katastrophe 1986 war auch der Jungfernflug der Ariane 5 nur durch ungünstige Einsparungen gescheitert.
Es bleibt zu hoffen, dass die Kalkulationen der NASA betreffend der Sonde CONTOUR trotz aller Befürchtungen und eines geringen Budgets aufgehen.
Nachtrag: Während einer Zündung des CONTOUR-Triebwerks am 15. August 2002, durch die die Raumsonde den Erdorbit verlassen sollte, ist CONTOUR aus bisher nicht geklärten Gründen auseinandergebrochen. Alle nachfolgenden Versuche, noch einmal Kontakt zur Raumsonde aufzunehmen, sind fehlgeschlagen. Nach einem letzten derartigen Versuch im Dezember 2002 wurde die Mission endgültig für gescheitert erklärt.
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