Die NASA blickt der Zukunft des Space Shuttles wieder optimistisch entgegen. Diverse Modifizierungen sollen die Sicherheit steigern und eine Rückkehr zum bemannten Flugregime bis Ende des Jahres ermöglichen.
Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: Reuters/UPI.
Noch während der endgültige Untersuchungsbericht des CAIB (Columbia Investigation Board) vorbereitet wird, denkt man nun bei der NASA wieder lauter über eine Wiederaufnahme von Shuttle-Flügen nach. Voraussetzung dafür ist die vollständige Aufklärung der Verunglückung des Space Shuttles Columbia bei der Mission STS-107 am 1. Februar dieses Jahres, bei der auch sechs US-Raumfahrer sowie der erste israelische Astronaut, Ilam Ramon, auf tragische Art und Weise ums Leben kamen. Entsprechend der noch eindeutig zu identifizierenden, definitiven Unglücksursache müssen ebenso sämtliche potentiellen Fehlerquellen im und am Shuttle beseitigt werden. Keine leichte Aufgabe: nachdem anfangs seitens aller Experten Konfusion über die Unglücksursache herrschte und sich Ende Mai bzw. Anfang Juni durch entsprechende Tests und Simulationen ein beim Start gelöstes Schaumstoff-Teil als Verursacher der Katastrophe zu bestätigen schien, gab das CAIB unter Leitung des ehemaligen Navy-Admirals Hal Gehman wiederholt zu bedenken, dass man womöglich niemals zu einem klaren Ergebnis über die Geschehnisse am Start- bzw. Unglückstag kommen wird.
Eine erste direkte Konsequenz aus den bisherigen Untersuchungen ist die Veränderung einiger wesentlicher Hardware-Komponenten des Space Shuttles. So sollen künftig zum Beispiel Design-Veränderungen am externen Tank das erneute Ablösen von Bruchstücken in der Startphase, wie es auch bei der Columbia geschah, verhindern. Jede Veränderung, und diese wird es bis zur Wiederaugfnahme der Shuttle-Flüge en masse geben, wird allerdings Konstruktions-Probleme mit sich führen. Diese sind nun rasch zu lösen und möglicherweise gilt es, technische Kompromisse einzugehen. Einer dieser wird sein, dass Shuttle-Flüge nur noch am Tag durchgeführt werden sollen, was NASA-Administrator Sean O’Keefe heute gegenüber der Presse verkündete. Grund hierfür: Kamerasysteme können Schäden am Shuttle tagsüber wesentlicher Besser aufzeichnen. Im Tageslicht gefertigte Bilder sind demnach besser zu Analysen möglicher Fehlerquellen zu gebrauchen, als es bei Nachtstarts möglich ist. Eben diese Schäden gilt es, so früh wie möglich aufzuspüren.
Sollte bei künftigen Missionen tatsächlich ein entsprechender Schaden vermutet werden, so soll es den Raumfahrern ermöglicht werden, im Orbit umfangreichere Außenbord-Einsätze zur Inspektion der Raumfähre durchzuführen. Auch hierfür müssen technische Neuerungen die bisherigen Shuttle-Systeme ergänzen. Auf der Agenda der Techniker und Ingenieure der NASA steht aus diesem Grund auch die Entwicklung von entsprechenden Roboterarmen, da ein Umfliegen des Shuttles ohne ausgeklügelte Sicherheitssysteme als riskant gilt. Strittig ist allerdings, ob dies den Astronauten der Columbia hätte helfen können, schließlich muss bezweifelt werden, dass ein Haarriss mit nur wenigen Millimetern Länge überhaupt rein optisch detektiert werden kann. Trotzdem sind Tendenzen hin zu mehr Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Schritte, die in den vergangenen Jahren auf Grund einer andauernden Finanzmisere und Sparzwängen der NASA nie getan wurden.
O’Keefe betonte in diesem Zusammenhang noch einmal, dass eine Wiederaufnahme des bemannten Flugregimes die einzige Option ist, die der NASA bleibt. Ein pauschaler und dauerhafter Stopp aller Missionen würde auf kurz oder lang auch den Abbruch des weiteren Aufbaus der ISS nach sich ziehen. „Wenn wir aufgeben, können wir gleich einfach in unsere Höhlen zurückkehren“, bemerkte O’Keefe lapidar gegenüber kritischen Stimmen, die gar die Einstellung des gesammten bemannten Raumfahrt-Programmes fordern. Intern ist bereits von einem konkreten Datum die Rede, ab dem Shuttles wieder mehr oder minder regelmäßig ins All fliegen sollen. Laut Mike Greenfield, Chief of technical activities bei der NASA, sei der 18. Dezember der Stichtag. Ab dann sollen alle Shuttle-Missionen – mit Ausnahme einer noch ausstehenden Reparatur-Mission des Hubble Space Telescopes (HST) – nur noch zur ISS führen. Angedockt an die Internationale Raumstation sollen Wartungsarbeiten im Orbit erleichtert und sogar routinemäßig durchgeführt werden.
Die am 1. Februar verunglückte Columbia flog nicht zur ISS; sie führte eine der letzten Einzelmissionen durch. Ein Mangel an Raumanzügen an Bord der Fähre hätte eine Rettung der Crew im Notfall in Form eines Umstiegens in ein anderes Shuttle (wir berichteten über dieses denkbare Szenario) unmöglich gemacht, ganz zu schweigen davon, dass eine Verifizierung des Schadens im Orbit mangels technischer Möglichkeiten unwahrscheinlich scheint. Inwieweit dies in der Zukunft möglich sein wird muss sich hoffentlich nie unter Beweis stellen. Aber ebenso muss gehofft werden, dass es sich bei den angekündigten Veränderungen der Shuttle-Hardware nicht nur um halbherzige Versprechungen handelt, um die nun aufgeflammten Sicherheits-Bedenken zu beruhigen. Experten rechnen unabhängig von den NASA-Schätzungen mit einer Aufnahme der Shuttle-Flüge frühestens im Frühjahr 2004. Im Laufe den Sommers 2003 steht zunächst die Veröffentlichung des engültigen Untersuchungsberichtes der Columbia-Untersuchungs-Kommission an.
Mehr zum Columbia-Unglück können Sie auf der Raumfahrer.net-Sonderseite nachlesen.