Im letzten „Mars Express-Tagebuch“ vor dem Start schildert Michael Wittig, Manager für die Startkampagne, die Aktivitäten der letzten Tage und Wochen.
Autor: Michael Stein
Mars Express ist erfolgreich mit Treibstoff und dem Oxidator beladen worden, womit die Sonde genug Brennstoff hat um ihr korrektes Einschwenken in einen Mars-Orbit um Weihnachten dieses Jahres herum sicherzustellen. Diese Aktivität markiert das Ende der „Stand Alone“-Operationen für Mars Express hier in Baikonur, und von nun an muss jede Aktivität in der „Kombinierten Operationsphase“ eng mit der Startmannschaft abgestimmt werden.
Die Raumsonde wurde anschließend mit dem Adapter der Trägerrakete verbunden, der die Schnittstelle mit der Fregat-Oberstufe der Rakete darstellt und das Trennungssystem bereitstellt, das den korrekten Einschuss von Mars Express in seine interplanetare Flugbahn ermöglicht. Danach erfolgte die Integration mit der Fregat-Oberstufe, die alle erforderlichen Manöver im niedrigen Erdorbit durchführen wird, bevor Mars Express abgetrennt und alleine auf den Weg zum Mars geschickt wird.
Als nächstes wurde die Nutzlastverkleidung, die Mars Express während des Aufstiegs der Trägerrakete durch die Atmosphäre schützt, installiert. Dieser Vorgang geschieht, während sich die Nutzlast in einer waagerechten Position befindet. Schließlich werden die Fregat-Oberstufe mitsamt der Raumsonde mit der ersten und zweiten Sojus-Stufe im so genannten Vehicle Integration Building verbunden.
Und dann war zuletzt jeder für die große Show bereit, das „Roll-Out“ der Rakete zur Startplattform. Seit den Tagen von Juri Gagarin findet dies traditionell um 07:30 Uhr am Morgen statt, was bedeutet dass unser gesamtes Team um 06:00 Uhr das Hotel verlassen musste um rechtzeitig an Ort und Stelle zu sein.
Das Vehicle Integration Building ist ein Ziegelgebäude das in den (sehr) frühen Jahren der Weltraumforschung gebaut worden ist, und die rauhen Wetterbedingungen haben ihre Spuren an dem Gebäude hinterlassen. Die Trägerrakete, komplett poliert und neu, befindet sich im Inneren des Gebäudes auf einem speziellen Waggon, der einen Teil eines von einer alten Diesellokomotive gezogenen Zuges bildet. Um genau 07:30 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung, und der Kontrast könnte nicht größer sein: Ein wissenschaftlicher High-Tech-Satellit an der Spitze einer der zuverlässigsten existierenden Raketen taucht aus den gigantischen Toren eines alten Ziegelsteingebäudes auf.
Der Zug fährt mit bequemer Laufgeschwindigkeit, und unser gesamtes Team folgt ihm – wie eine Touristengruppe mit Kameras bewaffnet – entlang seines Weges bis zur Startplattform, wo er nur 30 Minuten später eintrifft. Als wir angekommen sind bringt die Hydraulik des Waggons die Trägerrakete in eine vertikale Position, und kurz danach ist die Rakete mit ihrer kostbaren Mars Express-Nutzlast endgültig auf der Startplattform eingerichtet: Nur noch vier Tage, und wir sind (beinahe) „Ready to go!“
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