Am 9. Oktober 2013 passierte die Jupitersonde Juno die Erde und versetzte sich dabei in einen Sicherheitsmodus, welcher zwei Tage später wieder verlassen werden konnte. Bereits am 13. Oktober begab sich die Raumsonde jedoch erneut in einen abgesicherten Modus, welcher derzeit immer noch besteht. Beide Ereignisse, welche in keinem Zusammenhang zueinander stehen, bilden allerdings keine Gefahr für die Fortsetzung der Mission.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: The Planetary Society, SwRI, NASA.
Bereits am 5. August 2011 startete die Raumsonde Juno an Bord einer Rakete vom Typ Atlas V (551) und begann ihre Reise zum Jupiter, dem größten Planeten unseres Sonnensystems. „Die Atlas V konnte Juno nur die Hälfte der Geschwindigkeit geben, die nötig ist, um den Jupiter zu erreichen“, so Dr. Scott J. Bolton vom Southwest Research Institute (SwRI) in San Antonio im US-Bundesstaat Texas, der für die Juno-Mission verantwortliche leitende Wissenschaftler. Aus diesem Grund konnte die Raumsonde auch keinen direkter Kurs zum Jupiter einschlagen, sondern bewegte sich während der vergangenen zwei Jahre zunächst durch das innere Sonnensystem.
Am Abend des 9. Oktober 2013 näherte sich Juno dabei erneut der Erde und passierte unseren Heimatplaneten in einer Entfernung von rund 560 Kilometern. Durch ein so genanntes Swing-by-Manöver erhöhte sich die Geschwindigkeit der Raumsonde um 7,3 Kilometer pro Sekunde relativ zur Sonne, wodurch Juno die nötige Geschwindigkeit für den weiteren Flug erlangte. Zudem wurde durch diesen Vorbeiflug an der Erde der Kurs der Raumsonde so umgeleitet, dass diese am 4. Juli 2016 nach einer Reise von insgesamt 2,8 Milliarden Kilometern durch unser Sonnensystem in eine Umlaufbahn um den Jupiter eintreten wird.
Neben der Veränderung von Fluggeschwindigkeit und Kurs wurde der Vorbeiflug genutzt, um mit den neun an Bord von Juno befindlichen wissenschaftlichen Instrumenten Daten von der Erde zu sammeln, wodurch die Funktionstüchtigkeit dieser Instrumente getestet werden sollte. Des weiteren sollen die gesammelten Daten genutzt werden, um die Instrumente zu kalibrieren. Aufnahmen der JunoCam, der einzigen Kamera an Bord der Raumsonde, zeigten zum Beispiel während der Anflugphase an die Erde das Erde-Mond-System sowie Detailaufnahmen von der Erde und dem Mond, welche unter anderem im nahinfraroten Spektralbereich angefertigt wurden.
Erd-Flyby trotz Safe Mode erfolgreich verlaufen
Juno erreichte die dichteste Annäherung an die Erdoberfläche am 9. Oktober um 21:21 Uhr MESZ über dem südlichen Afrika. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Raumsonde, deren Energieversorgung ausschließlich durch Solarzellen erfolgt, für einen Zeitraum von etwa 20 Minuten im Erdschatten. Kurz nach dem Verlassen des Erdschattens stellen die für die Steuerung der Raumsonde verantwortlichen Techniker und Ingenieure fest, dass sich Juno in den Minuten zuvor in einen „Safe Mode“ versetzt hatte.
Dieser Sicherheitsmodus hatte zur Folge, dass alle nicht zwingend für den Betrieb der Raumsonde erforderlichen Instrumente – dazu zählen auch die wissenschaftlichen Experimente – abgeschaltet wurden und Juno auf weiterführende Anweisungen von seinem Kontrollzentrum wartete. Da es sich bei dem Flyby an der Erde um ein passives Manöver handelte, hatte dies jedoch keine negativen Auswirkungen auf den weiteren Ablauf des Manövers.
Die Missionskontrolleure konnten die Verbindung zu der Raumsonde sehr schnell wieder herstellen und es zeigte sich, dass Juno dabei wie vorgesehen auf die gesendeten Kommandos reagierte. Bereits zwei Tage später, am Abend des 11. Oktober, konnte Juno wieder in den normalen Operationsmodus versetzt werden.
Die genaue Ursache für den Übertritt in den Sicherheitsmodus ist derzeit noch nicht endgültig bestimmt. Allerdings wird vermutet, dass hierfür zu vorsichtig gesetzte Parameter bezüglich der Energieversorgung verantwortlich waren. Während der Passage des Erdschattens konnten die Solarzellen der Raumsonde keine Energie generieren und die für die Aktivitäten benötigte Energie wurde in diesem Zeitraum – wie vorgesehen – aus den Batterien der Raumsonde bezogen.
Möglicherweise, so die Annahme der Missionskontrolleure, sank die Ladung der Batterien dabei schneller als erwartet, so dass der Bordcomputer die Raumsonde nach dem Unterschreiten einer bestimmten Batteriespannung vorsorglich in einen Sicherheitsmodus versetzte, um Energie zu sparen. Die entsprechenden Parameter, so der für die Mission verantwortliche Projektmanager Rick Nybakken vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, waren offensichtlich zu konservativ gesetzt.
Auswertungen der Telemetriedaten zeigten, dass der Sicherheitsmodus um 21:31 MESZ, also zehn Minuten nach der dichtesten Annäherung an die Erde und 12 Minuten nach dem Eintritt in den Erdschattens begann. Diese etwa 20 Minuten andauernde Flugphase im Erdschatten war der einzige Zeitraum im gesamten Missionsverlauf, in dem sich Juno im Schatten eines Himmelskörpers befindet. Während des jetzt noch fast dreijährigen Fluges zum Jupiter und bei den anschließenden Umläufen um den Gasplaneten wird sich Juno stets im Sonnenlicht aufhalten. Lediglich bei zwei zukünftigen Manövern über jeweils etwa 70 Minuten, einmal während des Eintritts in den Jupiter-Orbit und kurz danach während der Verkürzung der Umlaufzeit um den Jupiter auf einen Zeitraum von 11 Tagen, werden die Solarpaneele der Raumsonde dabei nicht direkt auf die Sonne gerichtet sein.
In den Tagen nach dem Flyby an der Erde konnten alle von den Instrumenten gesammelten Daten sowie die Telemetriewerte der Raumsonde an die Erde übermittelt werden. Dabei zeigte sich, dass der Vorbeiflug ein voller Erfolg war. Juno befindet sich auf einer nahezu perfekten Flugbahn zum Jupiter und weist eine nur minimale Abweichung von dem optimalen Kurs auf. Außerdem konnten alle mit einer hohen Priorität eingestuften Messungen wie vorgesehen durchgeführt werden. Die dabei gesammelten Daten wurden mittlerweile an die jeweiligen Teams weitergeleitet, welche dies jetzt auswerten.
Ein weiterer Safe Mode am 13. Oktober 2013
Allerdings ergab sich bereits am Abend des 13. Oktober ein weiteres Problem. Dies geschah bei einer zu diesem Zeitpunkt vorgesehenen Neukonfiguration des Bordcomputers, welcher hierbei von der „Erd-Flyby-Phase“ zur „Cruise-Phase“ wechselte. Bei dieser Umschaltung verblieb die für die Navigation der Raumsonde benötigte „Stellar Reference Unit“ fälschlicherweise im Erd-Flyby-Modus. Der Bordcomputer reagierte auf das Problem wie vorgesehen und versetzte die Raumsonde erneut in den Sicherheitsmodus. Auch bei diesem zweiten Safe Mode innerhalb weniger Tage verläuft die Kommunikation zwischen der Erde und Juno stabil und die Raumsonde arbeitet wie vorgesehen.
Da sich Juno auf dem vorgesehenen Kurs befindet und in den nächsten Tagen und Wochen auch keine weiteren Beobachtungen oder andere Aktivitäten vorgesehen sind besteht derzeit keine Notwendigkeit, die Raumsonde durch übereilte Maßnahmen wieder in den normalen Modus zu versetzen. Dies, so die gegenwärtige Planung, wird nach dem Abschluss einer eingehenden Analyse der Situation wahrscheinlich erst im Verlauf der kommenden Woche geschehen. Ein in Kürze vorgesehenes Kurskorrekturmanöver, das „Trajectory Correction Maneuver 9“ (kurz „TCM-9“), mit dem die Flugbahn der Raumsonde noch weiter verfeinert werden soll, kann ohne negative Einflüsse auf den weiteren Missionsverlauf gegebenenfalls sogar bis zum Dezember 2013 aufgeschoben werden.
Während des weiteren Fluges sind dann lediglich noch einige wenige weitere Kurskorrekturmanöver vorgesehen. Bis zum Erreichen des Jupiters sollen – mit Ausnahme der JunoCam – keine weiteren Messungen durch die Instrumente erfolgen. Die Kamera des Jupiterorbiters soll dagegen in den kommenden Jahren mehrfach eingesetzt werden und dabei, wie zum Beispiel am 21. März 2012 geschehen, bestimmte Sternfelder abbilden (Raumfahrer.net berichtete). Erste entsprechende Aufnahmen sind unmittelbar nach dem 29. November 2013 vorgesehen. Außerdem ist geplant, zu Beginn des Jahres 2014 den Kometen ISON zu beobachten.
Nächstes Ziel: Jupiter
Die Ankunft der Raumsonde beim Jupiter wird am 4. Juli 2016 erfolgen. Dort angelangt wird Juno in eine elliptische polare Umlaufbahn einschwenken und den Riesenplaneten innerhalb eines Jahres 32 mal umrunden. Dabei wird sich die Raumsonde der obersten Wolkenschicht des Jupiters auf eine Entfernung von bis zu 5.000 Kilometern nähern.
Der Schwerpunkt der Mission liegt bei der Vermessung des Magnetfeldes, der Untersuchung der polaren Magnetosphäre und der Bestimmung des inneren Aufbaus des Gasplaneten. Bislang ist zum Beispiel nicht bekannt, ob der Jupiter über einen festen Kern verfügt. Außerdem wollen die Wissenschaftler anhand von Veränderungen in der Umlaufbahn der Raumsonde das Gravitationsfeld des Jupiters untersuchen und kartografieren.
Weitere Forschungsschwerpunkte sollen die Untersuchung der Zusammensetzung der Jupiteratmosphäre und des dort vorherrschenden Wetters bilden. Neben der Studie von allgemeinen Windprofilen und den äquatorparallelen Wolkenbändern in der Atmosphäre wird dabei auch der Große Rote Fleck in das Zentrum der wissenschaftlichen Studien rücken. Insgesamt erhoffen sich die beteiligten Wissenschaftler von der Juno-Mission neue Erkenntnisse darüber, wie sich der größte Planet unseres Sonnensystems einstmals gebildet und seitdem entwickelt hat.
Raumcon-Forum: