Raumsonde DAWN – Vorbereitung auf Vesta

Im Juli 2011 wird die Raumsonde DAWN den Asteroiden Vesta erreichen und anschließend für etwa ein Jahr in einem Orbit um diesen Protoplaneten verbleiben. Zur Vorbereitung dieser Phase der Mission wurden jetzt dreidimensionale Modelle von Vesta erstellt und Tests mit der Kamera durchgeführt.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, MPS, JPL. Vertont von Peter Rittinger.

NASA, ESA, J.-Y. Li (University of Maryland, College Park), L. McFadden (NASA, GSFC)
Diese Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble von dem Asteroiden (4) Vesta wurde am 28. Februar 2010 angefertigt. Die Distanz zu dem Asteroiden betrug an diesem Tag etwa 211 Millionen Kilometer.
(Bild: NASA, ESA, J.-Y. Li (University of Maryland, College Park), L. McFadden (NASA, GSFC))

Der etwa 560 x 544 x 488 Kilometer durchmessende Asteroid (4) Vesta, welcher am 29. März 1807 von dem Astronomen Heinrich Olbers in Bremen entdeckt und nach der römischen Göttin von Heim und Herd benannt wurde, ist nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Wissenschaft einzigartig in unserem Sonnensystem. Anders als alle anderen Kleinkörper, welche im sogenannten Asteroiden-Hauptgürtel zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter um die Sonne kreisen, weist dieser Asteroid eine differenzierte innere Struktur auf. Eine Kruste aus erkalteter Lava überdeckt dabei eine tiefer liegende Gesteinsschicht und einen darunter befindlichen Eisen-Nickel-Kern. Ein solcher Aufbau ist vergleichbar mit der Struktur der sogenannten terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars. Kurz nach seiner Entstehung vor etwa 4,6 Milliarden Jahren muss der Asteroid vollkommen geschmolzen gewesen sein. In den folgenden 50 Millionen Jahren kühlte Vesta ab und die Gesteine trennten sich nach ihrer unterschiedlichen Dichte, wobei das schwere Material nach innen wanderte.

Im Juli dieses Jahres wird Vesta erstmals Besuch von der Erde bekommen. Nach einer Flugzeit von fast vier Jahren wird die Raumsonde DAWN den Asteroiden erreichen, ihn anschließend etwa ein Jahr lang auf seinem Orbit um unsere Sonne begleiten und dabei ausführlich untersuchen. Die gewonnenen Daten sollen Erkenntnisse über die Oberflächengestalt, die innere Struktur und die chemische Zusammensetzung des Asteroiden liefern.

Zu diesem Zweck befinden sich neben einem Mapping Spectrometer und einem Gammastrahlen- und Neutronendetektor zwei Kameras an Bord der Sonde, welche unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut wurden.

„Es ist das erste Mal, dass wir so nah an einen so alten Himmelskörper gelangen“, so Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. „Mit Vesta haben wir die Chance zu lernen, was passierte, als sich aus einer Staubwolke die ersten Planeten bildeten.“ Dabei bietet sich den Wissenschaftlern eine Möglichkeit, eine Art „Zeitreise“ zu den Anfängen unseres Sonnensystems zu unternehmen.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, PSI
So stellt sich die Oberfläche von Vesta nach den Berechnungen der Wissenschaftler dar. Ob diese Annahmen zutreffen, wird sich bereits in wenigen Monaten zeigen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, PSI)

Hierbei wird es sich als hilfreich erweisen, dass auf der Erde sehr wahrscheinlich bereits eine Vielzahl kleiner Bruchstücke des Asteroiden gefunden wurden. Vor allem in der Sahara und der Antarktis stießen die Wissenschaftler in der Vergangenheit auf Meteoriten, deren chemische Zusammensetzung mit den Bestandteilen von Vesta übereinstimmen. Diese Annahme beruht auf Spektralanalysen, welche von der Erde aus bei Vesta sowie an den entdeckten Meteoriten durchgeführt wurden. „Wir sind ziemlich sicher, dass wir Proben von Vesta hier auf der Erde haben“, so Prof. Ralf Jaumann weiter.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass einstmals ein anderer Asteroid mit Vesta kollidierte. Bei diesem gewaltigen Zusammenstoß entstand ein rund 13 Kilometer tiefer Krater auf der Oberfläche von Vesta. Zusätzlich sind bei dieser Kollision laut der Computermodelle auch etwa 50 neue, allerdings deutlich kleinere Asteroiden entstanden. Bisher können aus der Vielzahl von Meteoriten, welche auf der Erde aufgefunden wurden, nur sehr wenige aufgrund ihrer Zusammensetzung eindeutig dem Mond, dem Mars und eben dem Asteroiden Vesta zugeordnet werden. Der Ursprung aller anderen Meteoriten ist dagegen bisher noch ungewiss. Dass die Planetenforscher einige Proben Vesta zuordnen können, stellt sich jetzt als ein Glücksfall für die Erforschung unseres Sonnensystems heraus.

Das Kamerasystem von DAWN, die sogenannte Framing Camera, soll ab dem August 2011 den Asteroiden zunächst aus einer Umlaufbahn in rund 2.400 Kilometern Höhe abbilden und dabei Daten liefern, welche anschließend am DLR-Institut für Planetenforschung zu einem vorläufigen dreidimensionalen Geländemodell von Vesta verarbeitet werden. „Dann schrauben wir uns langsam auf eine Höhe von 660 Kilometern hinunter“, erläutert der DLR-Wissenschaftler Dr. Thomas Roatsch, der für die Planung und Prozessierung der dreidimensionalen Vesta-Aufnahmen zuständig ist, die weitere Vorgehensweise. „Von dort aus können wir noch detailliertere Bilder mit einer Auflösung von 60 Metern pro Bildpunkt aufnehmen.“ Zum Ende ihres Besuchs bei Vesta umrundet DAWN den Asteroiden dann in nur noch 200 Kilometern Entfernung zur Oberfläche. Während dieser Phase der Mission bestimmt der Gammastrahlen- und Neutronendetektor die chemische Zusammensetzung des Himmelkörpers. Parallel dazu wird das Schwerefeld von Vesta vermessen, um die innere Struktur des Asteroiden zu entschlüsseln.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, PSI
Eine dreidimensionale Darstellung der berechneten Oberfläche von Vesta. Durch die Betrachtung mit einer speziellen Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille wird mit dieser 3D-Aufnahme ein räumlicher Eindruck der Landschaft vermittelt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, PSI)

Um sicherzustellen, dass die geplante Erstellung eines dreidimensionalen Geländemodells von Vesta ohne Probleme funktioniert, testeten die Wissenschaftler des DLR jetzt ihre Stereo-Software. „Wir haben diese Software zwar schon für Mond, Mars und Merkur eingesetzt, aber jede Mission hat nun einmal ihre Eigenheiten“, so Dr. Thomas Roatsch.

Für ihren Test verwendeten die DLR-Mitarbeiter „simulierte“ Aufnahmen der Asteroiden-Oberfläche, welche zuvor von Nick Mastrodemos vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/ Kalifornien erstellt wurden. Nick Mastrodemos war seit dem August 2009 damit beschäftigt, Computersimulationen des zukünftigen Orbits von DAWN zu erstellen, welche für die Planung der anzufertigenden Bilder des Asteroiden verwendet wurden. Diese simulierten Aufnahmen beruhen auf Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble sowie auf verschiedenen Abbildungen erdgestützter Teleskope. Aus dem von Nick Mastrodemos gelieferten Material berechneten Dr. Roatsch und sein Team, über welche Gestalt Vesta sehr wahrscheinlich verfügt. Demzufolge ist die Form des Asteroiden unregelmäßig. Auf seiner Oberfläche befinden sich eine Vielzahl von Einschlagskratern in unterschiedlichen Größen und am Südpol ist eine leichte Einbuchtung erkennbar.

Bis Vesta sich jedoch mit all seinen Oberflächenstrukturen in einer dreidimensionalen Form darstellte, mussten die DLR-Wissenschaftler mehrere Wochen an Arbeitszeit investieren. Zur gleichen Zeit erarbeitete ein amerikanisches Team des Planetary Science Institute in Tuscon/ Arizona ebenfalls ein dreidimensionales Modell von Vesta. Die Unterschiede zwischen den beiden computergenerierten Geländemodellen waren nur geringfügig. „Wir wissen jetzt, dass unsere Datenverarbeitung die erforderliche Genauigkeit leisten kann“, betont Dr. Roatsch die Bedeutung dieser Arbeit.

Allerdings ist den Planetenforschern bewusst, dass die bisherigen Simulationen lediglich Testläufe für die eigentliche Mission sind. „Wir werden erst dann wirklich wissen, wie Vesta aussieht, wenn DAWN am Asteroiden ankommt“, sagt auch Carol Raymond vom JPL. Die beteiligten Wissenschaftler hoffen, Vesta möglichst vollständig kartografieren zu können. Etwa 80 Prozent der Oberfläche des Asteroiden werden sich im Blickfeld der Raumsonde befinden. Lediglich die Nordpolregion von Vesta wird während des einjährigen Besuchs im Dunkeln liegen.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Dieses Testaufnahme eines Sternfeldes, welches mit der Framing Camera 2 aufgenommen wurde, demonstriert, dass das Kamerasystem an Bord der NASA-Raumsonde Dawn voll funktionstüchtig ist.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Zur Vorbereitung der anstehenden Ankunft bei Vesta wurde das Kamerasystem von DAWN in den vergangenen Tagen nach einer etwa halbjährigen Ruhephase jetzt wieder aktiviert. Diese Tests, bei denen die Wissenschaftler sowohl die mechanischen, als auch die elektrischen Komponenten des Systems gründlich überprüften, erfolgten über einen Zeitraum von drei Tagen. „Solche Untersuchungen führen wir seit dem Start der Raumsonde im September 2007 routinemäßig zweimal im Jahr durch“, erklärt Pablo Gutierrez-Marques vom Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau.

„Das Kamerasystem funktioniert einwandfrei. Die Generalprobe war ein voller Erfolg“, urteilt Dr. Andreas Nathues, der Leiter des Kamerateams. Zudem boten die erfolgten Tests die Gelegenheit, das Kamera-Experiment mit einer neuer Software zu versehen. „Im Laufe der vergangenen vier Jahre konnten wir einige Abläufe beim Gewinnen und Verarbeiten der Bilddaten optimieren. Mit der neuen Software reagieren wir auf diese veränderten Anforderungen“, so Gutierrez-Marques.

In den kommenden Monaten wird das Kamerasystem entscheidend zum Erfolg der Mission beitragen. Bereits beim Anflug auf den Asteroiden Vesta werden die beiden Kameras die Raumsonde bei der Navigation zu ihrem Ziel unterstützen. Am Ziel angekommen wird die Framing Camera detaillierte Aufnahmen der Asteroidenoberfläche ermöglichen. Neben den zu erstellenden dreidimensionalen Geländemodelle des Asteroiden erlauben diese Aufnahmen erste Ruckschlüsse auf seine mineralogische Zusammensetzung. Zudem werden die Kameras nach Monden in der Umgebung von Vesta sowie nach Anzeichen einer vulkanischen Aktivität auf der Oberfläche des Asteroiden Ausschau halten.

Nach dem Abschluss der Untersuchungen bei Vesta im Juli 2012 ist die lange Reise der Raumsonde allerdings noch nicht beendet. Vielmehr wird DAWN anschließend den Zwergplaneten Ceres ansteuern, welcher einen kompletten Gegensatz zu Vesta darstellt. Dieses größte Objekt im Asteroidenhauptgürtel ist bis zu 450 Millionen Kilometer – und somit weiter als Vesta – von der Sonne entfernt und besteht unter seiner Kruste, so die bisherigen Annahmen der Wissenschaftler, sehr wahrscheinlich aus Gasen und zu 25 Prozent aus gefrorenem Wasser.

Eventuell könnte Ceres sogar über eine extrem dünne Atmosphäre, eine sogenannte Exosphäre verfügen, wie sie auch in der unmittelbaren Umgebung des innersten Planeten unseres Sonnensystems, dem Merkur, zu finden ist. Über die Oberflächenstruktur von Ceres kann bisher noch keine Aussage getätigt werden. „Mit der Dawn-Mission werden wir uns ein Bild davon machen, was in den ersten Millionen Jahren nach der Entstehung der Planeten geschah“, so Prof. Ralf Jaumann. „Wir fliegen sozusagen in die Morgendämmerung des Sonnensystems.“

Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen