Raumsonde DAWN: Sichtkontakt mit Ceres

Auf ihrem Weg zu dem Zwergplaneten Ceres fertigte die Raumsonde DAWN am 1. Dezember 2014 ein Foto ihres nächsten Ziels an, auf den der Zwergplanet erstmals als ein zwar immer noch kleines, aber doch deutlich erkennbar rundes Objekt dargestellt wird. Bereits in wenigen Wochen werden die Aufnahmen der Raumsonde allerdings wesentlich höhere Auflösungen und somit auch eine bessere Qualität erreichen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, JPL.

NASA, JPL
Der schematische Aufbau der Raumsonde DAWN. DAWN wird im März 2015 den Zwergplaneten Ceres erreichen und diesen anschließend aus einer Umlaufbahn heraus über einen Zeitraum von etwa einem Jahr eingehend analysieren.
(Bild: NASA, JPL)

Zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter befindet sich der Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems. In einer Entfernung zwischen 2,0 und 3,4 Astronomischen Einheiten zur Sonne befinden sich dort vermutlich mehrere Millionen Asteroiden mit Durchmessern von mehreren hundert Kilometern bis hinunter zu lediglich wenigen Metern.

Die am 27. September 2007 gestartete Raumsonde DAWN schwenkte am 16. Juli 2011 in eine Umlaufbahn um den Asteroiden (4) Vesta ein und untersuchte diesen drittgrößten Himmelskörper im Bereich des Asteroidengürtels anschließend bis zum September 2012 ausführlich mit den drei an Bord der Raumsonde befindlichen wissenschaftlichen Instrumenten. Neben dem im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitenden VIR-Spektrometer und dem Gamma- und Neutronenspektrometer GRAND kam dabei auch ein unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickeltes und betriebenes Kamerasystem, die aus zwei identischen Optiken bestehende Framing Camera, zum Einsatz.

Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen setzte die Raumsonde ihre Reise durch unser Sonnensystem fort. Bereits Anfang März 2015 wird DAWN ihr zweites und letztes Reiseziel, den ebenfalls im Haupt-Asteroidengürtel gelegenen Zwergplaneten (1) Ceres, erreichen und auch dieses größte und zugleich massereichste Objekt im Asteroiden-Hauptgürtel aus einem Orbit heraus erkunden.

NASA, ESA, J. Parker (Southwest Research Institute), P. Thomas (Cornell University), L. McFadden (University of Maryland, College Park), M. Mutchler und Z. Levay (STScI)
Der Zwergplanet (1) Ceres wurde in der Vergangenheit unter anderem mehrfach mit dem Hubble-Weltraumteleskop abgebildet. Die hier gezeigten Aufnahmen wurden im Dezember 2003 und Januar 2004 angefertigt.
(Bild: NASA, ESA, J. Parker (Southwest Research Institute), P. Thomas (Cornell University), L. McFadden (University of Maryland, College Park), M. Mutchler und Z. Levay (STScI))

Der Zwergplanet (1) Ceres
Ceres wurde bereits am 1. Januar 1801 von dem italienischen Astronomen Giuseppe Piazzi entdeckt und verfügt bei einer kugelähnlichen, leicht abgeplatteten Form über einen Durchmesser von etwa 975 x 909 Kilometern. Die Planetenforscher unter den Astronomen gehen davon aus, dass es sich bei (1) Ceres um einen differenzierten Protoplaneten handelt – eine Art ‚Vorplanet‘, welcher vor etwa 4,5 Milliarden Jahren in einer frühen Phase seiner Entwicklung hin zu einem ‚vollwertigen‘ Planeten stecken geblieben ist und der – vergleichbar mit dem inneren Aufbau der terrestrischen Planeten – über einen geschichteten Aufbau verfügt.

Um einen Kern, in dem sich Silikate und Metalle angesammelt haben, befindet sich demnach ein mehrere Kilometer dicker und kompakter Mantel aus Wassereis. Unter dieser dicken Eiskruste könnte sich eventuell sogar ein Ozean aus Wasser verbergen. Über dem Eismantel ist dagegen eine dünne Materialschicht abgelagert, welcher die sichtbare Oberfläche des Zwergplaneten darstellt. Radarmessungen und Beobachtungen mit verschiedenen Teleskopen haben zu dem Schluss geführt, dass die Oberfläche von Ceres offenbar weitflächig mit einer Schicht aus feinem Regolith bedeckt ist. Diese sehr dunkle und kohlenstoffreiche Oberfläche erklärt auch die geringe Albedo von Ceres, welche einen Wert von lediglich 0,09 aufweist.

Im Rahmen verschiedener spektroskopischer Untersuchungen gelang den Wissenschaftlern in den vergangenen Jahren auf der Oberfläche von Ceres zudem der Nachweis von hydratisierten Mineralen, in deren Kristallstruktur ebenfalls Wasser fest eingebunden ist. Insgesamt, so die Planetenforscher, dürfte der Wassereisanteil etwa 17 bis 27 Prozent der Gesamtmasse von Ceres ausmachen. Dieser Wert ergibt sich aus der mittleren Dichte des Zwergplaneten, welche rund 2,077 Gramm pro Kubikzentimeter beträgt.

Ein erstes Foto von Ceres
In den vergangenen Jahren wurde Ceres bereits mehrfach mit dem Kamerasystem von DAWN abgebildet. Dabei war dieser Zwergplanet aufgrund der dabei gegebenen Entfernungen allerdings kaum von den Hintergrundsternen zu unterschieden. Am 1. Dezember 2014 fertigte die Framing Camera jedoch erstmals eine Aufnahme von Ceres an, auf dem die kugelförmige Gestalt des Zwergplaneten deutlich erkennbar ist. Auf diesem Foto, welche das Kamerasystem aus einer Entfernung von etwa 1,2 Millionen Kilometern zu ihrem Ziel aufgenommen hat, misst Ceres lediglich neun Pixel im Durchmesser. Trotzdem hilft diese auf den ersten Blick noch eher unspektakuläre Aufnahme den an diesem Instrument beteiligten Wissenschaftlern dabei, das Kamerasystem noch vor der Ankunft der Raumsonde an ihrem nächsten Ziel zu kalibrieren. Mit abnehmender Entfernung zum Ziel werden die Aufnahmen dann in den kommenden Monaten immer besser werden und somit auch immer mehr Details von Ceres enthüllen.

NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA
Die Framing Camera von DAWN fertigte diese Aufnahme am 1. Dezember 2014 aus 1,2 Millionen Kilometern zu dem Zwergplaneten Ceres an. Der etwa 950 Kilometer durchmessende Himmelskörper bedeckt dabei eine Fläche von lediglich neun Pixeln Breite. Da Ceres deutlich heller ist als die Hintergrundsterne, wurde bewusst eine lange Belichtungszeit gewählt, um auch diese Sterne sichtbar zu machen. Die aus dieser Überbelichtung resultierende ‚übertriebene‘ Größe von Ceres wurde durch das Überlagern eines kürzer belichteten Fotos des Zwergplaneten korrigiert.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA)

„Die schärfsten Bilder, die uns bisher von Ceres vorliegen, wurden vom Weltraumteleskop Hubble aufgenommen“, so Dr. Andreas Nathues vom MPS, der für die Framing Camera verantwortliche Wissenschaftler. „Die Auflösung dieser Bilder müssten wir Ende Januar übertreffen. Ab dann betreten wir Neuland.“

Nach der Ankunft bei Ceres soll DAWN in einen Beobachtungsorbit um den Zwergplaneten eintreten und zunächst dessen Oberfläche kartografieren. Anschließend wird der Abstand zu Ceres schrittweise verringert, bis die Kamera der Raumsonde schließlich aus nur noch wenigen hundert Kilometern Entfernung auf die Oberfläche des Zwergplaneten blickt und dann auch einzelne Oberflächendetails in hoher Auflösung abbilden kann. Insgesamt soll DAWN ein Jahr lang um Ceres kreisen und den Zwergplaneten erforschen.

Vesta vs. Ceres
Obwohl Vesta und Ceres beide im Asteroidengürtel beheimatet sind, unterscheiden sich diese beiden Himmelskörper doch deutlich voneinander. Wenn auch deutlich kleiner und masseärmer, so gleicht Vesta doch den Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars – den vier inneren Planeten unseres Sonnensystems. Manche Planetologen betrachten Vesta sogar als den fünften Vertreter dieser Planetengruppe.

Ceres hingegen erinnert eher an die größeren Monde der äußeren Planeten Jupiter und Saturn: tiefgefroren und wasserhaltig. Messungen mit dem Weltraumteleskop Herschel deuten zudem darauf hin, dass Ceres gelegentlich Wasserdampf in das umgebende Weltall abgibt – ähnlich wie der Saturnmond Enceladus, nur in einem deutlich geringeren Ausmaß.

NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA
Aus 1,2 Millionen Kilometern Entfernung ist der Zwergplanet Ceres in den Aufnahmen der Raumsonde DAWN bisher lediglich ein kleiner, heller Punkt im Weltall . Bereits im März 2015 wird die Raumsonde ihr Ziel jedoch erreicht haben und erstmals einen Zwergplaneten aus wenigen hundert Kilometern Entfernung abbilden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA)

Die Ursache für diese Unterschiede findet sich in der sogenannten Schneegrenze innerhalb unseres Sonnensystems. „Im inneren Asteroidengürtel zur Sonne hin finden wir Gesteinskörper wie Vesta, deren Wasserdampf bereits verschwunden ist“, erläutert Prof. Dr. Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof. „Im äußeren Asteroidengürtel, wo wir gerade hinfliegen, gibt es jede Menge Eis, weil die Sonne nicht mehr viel ausrichtet.“

Mit Vesta und Ceres werden durch die Raumsonde DAWN somit gegenwärtig zwei der drei größten Asteroiden des Hauptgürtels beobachtet und untersucht, bei denen es sich zudem um zwei extrem gegensätzliche Himmelskörper handelt. „Ein weiterer Glücksfall ist, dass wir zeitgleich mit der Rosetta-Sonde und dem Lander Philae den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko untersuchen“, so Prof. Jaumann weiter. „Wir können also zum Beispiel das Eis-Mineral-Gemisch des Kometen mit dem des Asteroiden Ceres vergleichen.“

Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Wissenschaftler auch über den von Ceres freigesetzten Wasserdampf. Wenn dieser Wasserdampf tatsächlich aus Geysiren ausströmt, so würde das Gas umgehend gefrieren und als eine Art ‚Schnee‘ wieder auf die Oberfläche herabsinken. Die daraus resultierenden Veränderungen auf der Oberfläche müssten sich aus dem Orbit heraus mit der Kamera dokumentieren lassen.

NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA
Ceres erreicht auf diesem Bild einen Durchmesser von lediglich neun Pixeln. In Wirklichkeit ist der Zwergplanet mit rund 950 Kilometern Durchmessern der größte Körper im Haupt-Asteroidengürtel unseres Sonnensystems.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, MPS, DLR, IDA)

„Es gibt viele Fragen, auf die wir eine Antwort finden wollen: Wie sieht die Oberfläche aus und wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert? Gibt es eine Tektonik, das heißt bewegt sich die Eiskruste von Ceres? Und stammen die Ablagerungen, also der Dreck auf der Oberfläche, aus dem Inneren des Zwergplaneten oder wurden sie über Einschläge von außen auf die Oberfläche gebracht“, so Prof. Jaumann. „Wir haben gute Chancen, das mit der DAWN-Mission herauszufinden und so die Anfänge unseres Sonnensystems besser zu verstehen.“ Zugleich werden sich bei diesen Untersuchungen allerdings auch neue Fragestellungen ergeben, welche dann wohl erst durch weitere Forschungen beantwortet werden können.
Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.

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