Raumsonde DAWN: Ein pyramidenförmiger Berg auf Ceres

Mittlerweile hat die Raumsonde DAWN eine Flugbahn eingenommen, welche in einer Entfernung von nur noch 4.400 Kilometern zu dem Zwergplaneten Ceres verläuft. Auf den dabei in den letzten Tagen angefertigten Aufnahmen zeigen sich zuvor unbeobachtete Oberflächenstrukturen, welche darauf hindeuten, dass Ceres über eine bewegte geologische Geschichte verfügt. Einige dieser Prozesse könnten sogar erst in der jüngeren Vergangenheit erfolgt sein.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, JPL.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Auf der Oberfläche des Zwergplaneten Ceres sind zahlreiche Krater und andere geologische Strukturen erkennbar. Diese Aufnahme fertigte die Framing Camera an Bord der Raumsonde DAWN am 5. Juni 2015 aus einer Entfernung von 4.400 Kilometern an.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Bereits am 6. März 2015 erreichte die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde DAWN ihr zweites und finales Forschungsziel – den im Asteroidengürtel unseres Sonnensystems gelegenen Zwergplaneten (1) Ceres.

Seit dem 23. April umkreiste DAWN ihr Zielobjekt dabei zunächst in einem Abstand von rund 13.600 Kilometern und fertigte im Rahmen dieser als „RC3“ – so die Abkürzung für die der Beobachtung und Kartierung von Ceres dienenden „Rotation Characterization Phase 3“ – bezeichneten Missionsphase mit der Framing Camera – dem unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickelten und betriebenen Kameraexperiment an Bord der Raumsonde – fast 2.000 Aufnahmen an, welche die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten abdeckten.

Bereits am 9. Mai 2015 hatte DAWN den zuvor für die RC3-Phase eingenommenen Orbit verlassen und näherte sich der Ceres-Oberfläche weiter an. Am 3. Juni erreichte die Raumsonde dabei schließlich den so genannten „Survey Orbit“, welcher in einer Höhe von nur noch 4.400 Kilometern über der Oberfläche von Ceres verläuft. Drei Tage später begann eine weitere Beobachtungskampagne, in deren Verlauf die Framing Camera die Oberfläche des Zwergplaneten mit einer räumlichen Auflösung von 410 Metern pro Pixel abbilden kann. Bei diesen Fotos handelt es sich um die am höchsten aufgelösten Aufnahmen, welche bisher von Ceres angefertigt wurden. Auf ihnen zeigen sich nicht nur weitere rätselhafte ‚helle Flecken‘, sondern auch ein auf einem ebenen Gelände befindlicher pyramidenförmiger Berg, welcher laut den Schätzungen der an dieser Mission beteiligten Wissenschaftler rund fünf Kilometer in die Höhe ragt.

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Auf dieser Aufnahme vom 9. Juni 2015 sind mindestens acht weitere ‚helle Flecken‘ zu erkennen, welche zuvor nicht beobachtet wurden. Die Auflösung dieses Fotos liegt bei 410 Metern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Die rätselhaften ‚hellen Flecken‘ im Detail
Bereits während der Annäherungsphase an Ceres konnte die Raumsonde mehrfach diverse ‚helle Flecken‘ abbilden (Raumfahrer.net berichtete). Eine eindeutige Erklärung für diese räumlich eng begrenzten und stark reflektierenden Regionen auf der Oberfläche des Zwergplaneten konnte bisher noch nicht gefunden werden. Die derzeitigen Vermutungen gehen jedoch nach wie vor in die Richtung, dass es sich bei diesen auffälligen Strukturen um Ablagerungen von Wassereis handelt, welches sich in einem größeren Umfang unmittelbar unter der Oberfläche des Zwergplaneten befinden könnte und das in diesen speziellen Fällen infolge von – eventuell sogar erst kürzlich erfolgten – Impaktereignissen freigelegt wurde.

Auf Aufnahmen, welche bereits am 9. Juni angefertigt wurden, ist erneut eine markante Gruppierung diverser Flecken erkennbar, welche sich im Inneren eines etwa 92 Kilometer durchmessenden Kraters auf der nördlichen Hemisphäre des Zwergplaneten befinden. Bei der Analyse der entsprechenden Fotos entdeckten die beteiligten Planetologen mindestens acht weitere Flecken, welche zuvor aufgrund der bisherigen geringen Oberflächenauflösung der Ceres-Aufnahmen nicht erkennbar waren. Die neu entdeckten Strukturen befinden sich in der Nähe eines besonders hellen Gebietes im Zentrum des Kraters, welches über einen Durchmesser von rund neun Kilometern verfügt.

Im weiteren Verlauf der Mission wollen die beteiligten Wissenschaftler die Natur dieser Flecken mit Spektralmessungen entschlüsseln. Hierbei werden die beiden anderen Instrumente von DAWN – ein im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitendes Spektrometer (abgekürzt „VIR“) und ein Gamma- und Neutronenspektrometer (abgekürzt „GRAND“) – zum Einsatz kommen.

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Oben rechts ist in dieser Aufnahme ein pyramidenförmiger Berg erkennbar, welcher die umgebende Oberfläche von Ceres um etwa fünf Kilometer überragt. Diese Aufnahme wurde am 6. Juni 2015 angefertigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Ein pyramidenförmiger Berg
Die jüngsten Aufnahmen des Kamerasystems verdeutlichen zudem erneut, dass die Oberfläche des rund 975 x 909 Kilometer durchmessenden Zwergplaneten von einer Vielzahl an Impaktkratern dominiert wird, welche allerdings nicht gleichförmig verteilt sind. Zudem weisen diese Krater unterschiedliche Formen auf. Neben zahlreichen eher kleineren und anscheinend ‚flachen‘ Kratern zeigen die Bilder auch von Kraterwällen umgebene Impaktstrukturen und auffallend viele Krater, in deren Zentrum sich ein Zentralberg befindet.

Neben den besagten hellen Flecken und Impaktkratern zeigen die Aufnahmen der Framing Camera zudem auch erstmals deutlich einen steilen, pyramidenförmigen Berg. Dieser befindet sich auf einem relativ flachen Gelände und überragt das umgebende Terrain um etwa fünf Kilometer.

Des weiteren entdecken die Planetenforscher auf den Ceres-Aufnahmen inzwischen immer mehr Hinweise auf geologische Aktivitäten, welche sich auf der Oberfläche des Zwergplaneten abgespielt haben müssen. Hierzu zählen fließförmige beziehungsweise eingesunkene Strukturen sowie diverse Hangrutschungen. Ceres, so die bisherige Einschätzung der Wissenschaftler, scheint damit deutlich mehr Überbleibsel einer früheren oder gar einer erst vor Kurzem erfolgten Aktivität zu zeigen als der Asteroid (4) Vesta, den die Raumsonde DAWN vom Juli 2011 bis zum August 2012 erkundete.

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Auch diese Aufnahme zeigt den pyramidenförmigen Berg auf Ceres (zu erkennen als kleine Ausbuchtung am unteren Rand des Zwergplaneten). Aufgrund des hier gegebenen Blickwinkels schätzen die beteiligten Wissenschaftler dessen Höhe auf etwa fünf Kilometer. Das Foto wurde am 14. Juni 2015 mit der Framing Kamera an Bord von DAWN aufgenommen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

„Die doch beachtliche Anzahl an hellen Ablagerungen lassen vermuten, dass auf Ceres frisches Material an die Oberfläche gelangt. Auch der sehr steile Berg ist ein Beleg für besondere Aktivitäten in der Kruste“, so Prof. Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof, einer der Mitarbeiter des Kamerateams der Mission. „Ceres scheint durch viel komplexere geologische Prozesse geprägt worden zu sein als bisher vermutet.“

DAWN wird noch bis zum 30. Juni 2015 in dem derzeitigen Beobachtungsorbit verbleiben und Ceres dabei auf einer über dessen beide Pole verlaufenden Umlaufbahn alle drei Tage in einer Entfernung von etwa 4.400 Kilometern umrunden. Anschließend wird die Raumsonde diesen Orbit verlassen und sich der Oberfläche bis zum 4. August 2015 bis auf 1.450 Kilometer Entfernung nähern.

Aus diesem „High Altitude Mapping Orbit“ (kurz „HAMO“) heraus wird es dann möglich sein, Oberflächenaufnahmen mit einer Auflösung von 140 Metern pro Pixel anzufertigen. Der HAMO ist dabei besonders für die weitere Optimierung eines dreidimensionalen Geländemodells der Ceres-Oberfläche von Bedeutung mit dem alle geologischen Formationen auf der Oberfläche des Zwergplaneten erkennbar sein werden.

Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
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