Am 5. April 2013 wird die Raumsonde Cassini den größten der Saturnmonde, den 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, zum mittlerweile 91. Mal im Rahmen eines gesteuerten Vorbeifluges passieren und bei dieser Gelegenheit mit verschiedenen wissenschaftlichen Instrumenten eingehend untersuchen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, CICLOPS.
Am 5. April 2013 wird die Raumsonde Cassini im Rahmen ihres 186. Umlaufs um den Planeten Saturn dessen Mond Titan mit einer Geschwindigkeit von 5,8 Kilometern pro Sekunde passieren. Zwecks der Einleitung dieses Vorbeifluges erfolgte bereits am 1. April eine kurze Aktivierung der Triebwerke, wodurch Cassini einen direkten Kurs auf den für den kommenden Freitag angepeilten Rendezvouspunkt mit dem Titan einnahm.
Dieser mittlerweile 91. gesteuerte Vorbeiflug der Raumsonde am Titan, das Manöver trägt die Bezeichnung „T-90“, ist der zweite von insgesamt acht in diesem Jahr erfolgenden Vorbeiflügen am Titan. Die dichteste Annäherung an den Titan, welche diesmal 1.400 Kilometer betragen wird, soll die Raumsonde dabei um 23.44 Uhr MESZ erreichen.
Bereits rund zehn Stunden zuvor und somit noch während der Annäherungsphase an den Titan wird das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), eines der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, damit beginnen, die Nachtseite dieses Mondes abzutasten. Hierbei sollen Daten über die zu diesem Zeitpunkt auf der Oberfläche und in der Stratosphäre vorherrschenden Temperaturen auf der nördlichen Hemisphäre gesammelt werden. Weitere Messungen des CIRS, welche im mittleren und Fern-Infrarotbereich erfolgen werden, dienen unter anderem dazu, die Verteilung von Aerosolen und verschiedener chemischer Verbindungen in den oberen Schichten der Titanatmosphäre zu bestimmen.
Während der Phase der dichtesten Annäherung wird in erster Linie ein weiteres Spektrometer der Raumsonde, das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), die wissenschaftlichen Aktivitäten von Cassini bestimmen. Das VIMS-Spektrometer soll dabei speziell die Oberfläche des Titan untersuchen und im Rahmen dieser Arbeiten verschiedene ausgedehnte Dünenfelder abbilden. Als primäres Ziel wurde hierfür von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern der westliche Bereich des Dünenfeldes „Xanadu“ ausgewählt. Speziell werden dabei die dort gelegenen Formationen Menrva und Tui Regio durch das Spektrometer abgebildet. Hierbei soll dieses Instrument die Oberfläche mit einer Auflösung von bis zu fünf Kilometern pro Pixel erfassen.
Anschließende Observationen des VIMS werden den auf der südlichen Hemisphäre des Titan gelegenen, mit flüssigen Kohlenstoffverbindungen gefüllten See „Ontario Lacus“ zum Ziel haben. Weitere Aufnahmen dienen der Anfertigung eines Oberflächenmosaiks, welches auf die Region Adiri zentriert sein wird. Da sich Cassini zu dem hierfür vorgesehenen Aufnahmezeitpunkt bereits wieder vom Titan entfernt, wird das Instrument dabei allerdings lediglich noch Auflösungen von etwa 10 Kilometern pro Pixel erreichen können.
Des Weiteren soll das VIMS während des Vorbeifluges über den mittleren nördlichen Breiten des Mondes in der Titanatmosphäre nach dort eventuell befindlichen Wolkenformationen Ausschau halten. Durch die langfristige Beobachtung von markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Titan lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen. Entsprechende – und zudem langfristig ausgelegte – Beobachtungskampagnen bilden einen wichtigen Bestandteil der aktuellen und direkt auf den Titan bezogenen Forschungsarbeiten.
Bei einem weiteren im Rahmen des Vorbeifluges eingesetzten Instrument handelt es sich um das Dual Technique Magnetometer (MAG). Aufgrund der hohen während des Vorbeifluges gegebenen Inklination wird dieses Magnetometer in der Lage sein, die räumliche Ausdehnung des Saturn-Magnetfeldes, dessen Variationen und zudem erfolgende Interaktionen mit dem Titan im Detail zu analysieren.
Während des gesamten Vorbeifluges der Raumsonde am Titan soll das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment zusätzliche Aufnahmen anfertigen. Diese Aufnahmen sollen es ermöglichen, die parallel gewonnenen Daten der anderen Instrumente in einen größeren wissenschaftlichen Kontext zu versetzen. Die im Rahmen des FlyBys gewonnenen Daten werden zunächst im Bordcomputer der Raumsonde gespeichert und nach der Beendigung des Vorbeifluges ab dem 6. April zur Erde übermittelt. Die dabei gewonnenen Aufnahmen der ISS-Kamera sollten kurz danach auf der entsprechenden Internetseite des JPL auch für die interessierte Öffentlichkeit einsehbar sein.
Im Rahmen des Titan-Vorbeifluges wird sich die Inklination der Raumsonde von derzeit noch 57 Grad auf dann 61,7 Grad erhöhen. Diese Bahnneigung wird es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern ermöglichen, die Polarregionen des Saturn und des Titan während der folgenden Saturn-Umläufe der Raumsonde im Detail abzubilden und zu untersuchen. Zusätzlich wird auch das Ringsystem des Saturn von den abbildenden wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde während der kommenden Monate in seiner „Gesamtheit“ erfasst werden können. Im Rahmen mehrerer weiterer Vorbeiflüge am Titan wird die Inklination von Cassini dann in den folgenden Monaten wieder auf etwa 40 Grad gesenkt.
Der nächste aktiv gesteuerte Vorbeiflug von Cassini am Titan, das Manöver „T-91“, wird am 23. Mai 2013 erfolgen.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn und seine Monde noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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