Raumsonde Cassini: Noch weitere 3 Jahre beim Saturn

Die Raumsonde Cassini befindet sich seit mittlerweile mehr als zehn Jahren in einer Umlaufbahn um den Planeten Saturn und hat seitdem das Wissen der Menschheit über diesen Planeten ungemein erweitert. Auch in den kommenden drei Jahren ist mit weiteren Erkenntnissen zu rechnen. Entsprechende Planungen wurden am heutigen Tag auf einer Fachtagung vorgestellt.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2014, FU Berlin, JPL.

NASA, JPL-Caltech
Cassinis Flugplanung sieht auch für die kommenden Jahre noch mehrere nahe Vorbeiflüge an verschiedenen Monden des Saturn vor. Das Hauptaugenmerk der beteiligten Wissenschaftler wird sich dabei auf den Mond Titan richten.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Seit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters hat sich das Wissen der Menschheit über den Saturn, dem zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems, ungemein erweitert. Erste durch Raumsonden direkt gewonnene Erkenntnisse stammten dabei von den US-amerikanischen Raummissionen Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2, welche den Saturn in den Jahren 1979 bis 1981 jeweils im Rahmen von dichten Vorbeiflügen passierten. Die dabei gewonnenen Daten besaßen jedoch den Nachteil, dass diese Raumsonden den Saturn jeweils nur für relativ kurze Zeiträume untersuchen konnten. Viele der gewonnenen Erkenntnisse warfen dabei neue Fragen auf, deren Beantwortung laut der beteiligten Planetologen erst durch eine Raummission möglich sein würde, die den Saturn über einen längeren Zeitraum hinweg aus unmittelbarer Nähe untersuchen kann. Bereits im Jahr 1982 begann dann auch die Planung einer entsprechenden Mission.
Die Saturnmission Cassini-Huygens
Nach einem fast sieben Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem, bei dem eine Distanz von über drei Milliarden Kilometern zurückgelegt wurde, trat die am 15. Oktober 1997 gestartete Raumsonde Cassini am 1. Juli 2004 im Rahmen eines komplexen, 96 Minuten andauernden Bremsmanöver in eine Umlaufbahn um den Saturn ein. In den folgenden zehn Jahren hat die Raumsonde den Ringplaneten bis zum heutigen Tag 208 mal umkreist und dabei weitere mehr als 3,5 Milliarden Kilometer im Saturnorbit zurückgelegt.

NASA, JPL-Caltech
Diese Grafik zeigt die wechselnden Verläufe der Flugbahn, auf der sich die Raumsonde Cassini während der Untersuchung des Saturn um den zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems bewegt. Derzeit ist die Flugbahn von Cassini um 44,6 Grad gegen die Umlaufbahn des Saturn geneigt. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, speziell dessen Polarregionen zu untersuchen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die Ziele dieser Mission sind vielschichtig und oftmals eng miteinander verknüpft. Neben der langfristigen Erforschung der atmosphärischen Bedingungen auf dem Saturn und dessen größten Mond, dem 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, stehen auch das Ringsystem des Planeten, dessen Magnetosphäre und die weiteren Monde des Saturn im Fokus des Interesses der beteiligten Wissenschaftler. Während der einzelnen Orbits wurden der Saturn, dessen 62 bisher bekannten Monde und das faszinierende Ringsystem mit den von Cassini mitgeführten 12 wissenschaftlichen Instrumenten ausführlich untersucht. Unter anderem absolvierte der Saturnorbiter hierzu bisher 134 dichte Vorbeiflüge an den größeren, inneren Saturnmonden.

Dabei umkreist Cassini den Saturn auf einer elliptischen Umlaufbahn. Durch gezielt herbeigeführte Veränderungen der Neigung der Cassini-Flugbahn gegen die Äquatorebene des Saturn ergeben sich dabei für die Instrumente der Raumsonde bei der Abbildung des Saturn und von dessen Monden und Ringen immer wieder unterschiedliche Perspektiven. Orbits mit niedrigen Inklinationen sind zum Beispiel besonders gut geeignet, um die Ringe des Saturn aus einer horizontalen Blickrichtung heraus zu untersuchen.

Die Saturnringe präsentierten sich unter diesen Beobachtungsbedingungen in der Vergangenheit als äußerst komplexe Gebilde. Normalerweise verfügen die Ringe über eine Dicke von lediglich etwa zehn Metern. Am Innenrand der „Cassini-Teilung“, welche den A-Ring des Saturn von dem B-Ring trennt, türmen sich diese Partikel jedoch bis zu einer ‚Höhe‘ von mehreren Kilometern auf. Im Jahr 2009, als die Sonne genau auf die Kante der Ringe schien, zeigten sich auf den in diesem Zeitraum angefertigten Aufnahmen lange Schatten, was eine Bestimmung der vertikalen Ausdehnung dieser Strukturen ermöglichte.

Ähnliche ‚Massekonzentrationen‘ wurden an den Rändern der „Keeler-Lücke“ im Bereich des äußeren A-Ringes beobachtet. Hierfür verantwortlich, so die Ergebnisse der Planetologen, ist der lediglich etwa acht Kilometer durchmessende Mond Daphnis, der als Schäfermond für die Keeler-Lücke fungiert. Durch leichte Taumelbewegungen auf seiner Umlaufbahn um den Saturn nähert er sich den an den beiden Rändern der Keeler-Lücke gelegenen Ringen zeitweise an. Die dabei auftretenden gravitativen Kräfte führen zu den beobachteten lokalen Verdichtungen in den Ringen.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Immer wieder beeindruckend: Das Nordpol-Hexagon auf dem Saturn (mehr zu diesem direkt über dem Nordpol des Saturn gelegenen Wirbelsturmgebiet in einem früheren Artikel ). Die hier gezeigte Aufnahme wurde am 23. November 2013 mit der WAC-Kamera der Raumsonde Cassini angefertigt. Aus einer Entfernung von etwa 2,5 Millionen Kilometern liegt die Auflösung bei 150 Kilometern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Aus einer hohen Inklination heraus ergibt sich dagegen die Möglichkeit, speziell die Polarregionen des Saturn und des Titan im Detail abzubilden und zu untersuchen. Zusätzlich wird bei solchen Bedingungen auch das Ringsystem des Saturn von den abbildenden wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde in seiner ‚Gesamtheit‘ erfasst. Derartige Aufnahmen ermöglichten zum Beispiel die Entdeckung von zuvor unbekannten Einzelringen und Ringstrukturen. Derzeit umkreist Cassini den Saturn noch auf einer Bahn, welche eine Inklination von 44,6 Grad aufweist. Erst im Frühjahr 2015 wird die Raumsonde wieder auf eine deutlich geringer geneigte Flugbahn wechseln.

Wissenschaftlicher Output
Durch die Auswertung der in den letzten Jahren gewonnenen Daten konnten die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler, welche an Instituten und Forschungseinrichtungen in 26 Ländern arbeiten, eine Vielzahl an neuen, für die Planetenforschung teilweise sogar ‚revolutionären‘ Erkenntnissen ableiten und bisher mehr als 3.000 wissenschaftliche Publikationen veröffentlichen.
Das zehnjährige ‚Jubiläum‘ dieser überaus erfolgreichen und produktiven Mission ist der Anlass dafür, dass die Cassini-Mission auf dem diesjährigen European Planetary Science Congress, einer gegenwärtig in der Nähe von Lissabon stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, eine Sonderstellung einnimmt. Im Rahmen von diversen Vorträgen und Posterpräsentationen werden am heutigen sowie am morgigen Tag neben den bisherigen Höhepunkten der Mission auch neue Forschungsresultate vorgestellt. Außerdem geben die an der Mission beteiligten Wissenschaftler einen Ausblick auf die Aktivitäten, welche bis zum Ende der Mission im September 2017 geplant sind.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Die im A-Ring des Saturn gelegene Encke-Teilung ist keineswegs so ‚leer‘ wie zuvor angenommen. Auf dieser Aufnahme der Telekamera von Cassini sind zwei sich sehr dynamisch verhaltende Ringstrukturen erkennbar. Diese Aufnahme wurde am 11. Mai 2013 aus einer Entfernung von rund 321.000 Kilometern zum Saturn angefertigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Drei weitere Jahre
Trotz ihres hohen Alters befindet sich die Raumsonde Cassini immer noch in einem sehr guten technischen Zustand. In Kombination mit dem hohen wissenschaftlichen Nutzen, welcher als „exzellent“ eingestuft wurde, hat dies zur Folge, dass die Mission laut eines kürzlich gefassten NASA-Beschlusses noch für weitere drei Jahre fortgesetzt werden soll. Für den weiteren Betrieb wird der Cassini-Mission hierfür von der NASA pro Missionsjahr eine Summe von rund 60 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt.
Dabei werden zunächst – neben dem Saturn – die größeren, inneren Mondes des Ringplaneten im Fokus der Forschung stehen. Neben dem Titan sind dabei weitere dichte Vorbeiflüge an den Monden Dione (zwei geplante Flybys), Tethys (ein Flyby) und Enceladus (drei Flybys) geplant. Und auch der unregelmäßig geformte, mit einem mittleren Durchmesser von etwa 113 Kilometern eher kleine Mond Epimetheus soll am 6. Dezember 2015 noch einmal von Cassini ‚besucht‘ und dabei in einer Entfernung von lediglich 2.616 Kilometern passiert werden.

Während der kommenden Jahr soll zudem überprüft werden, ob ein periodisches Auftreten von bestimmten Effekten in den Atmosphären, den Exosphären oder den Magnetfeldern des Saturn oder dessen größeren Monden erfolgt oder ob Veränderungen in den über 175.000 einzelnen Ringen, von denen der Saturn umgeben ist, zu beobachten sind.

Ein weiterer Aspekt bei den zukünftig geplanten Untersuchen in der Umgebung des Saturn ist die Tatsache, dass am 4. Juli 2016 die Raumsonde Juno in eine Umlaufbahn um den Planeten Jupiter eintreten und dessen Atmosphäre anschließend über einen Zeitraum von etwa einem Jahr untersuchen wird. Zusammen mit den Cassini-Daten der Saturnatmosphäre stehen den Wissenschaftlern somit Daten zur Verfügung, welche zeitgleich von zwei verschiedenen Gasplaneten unseres Sonnensystems gesammelt werden. Hierbei lassen sich Effekte in den Gashüllen dieser beiden Planeten untersuchen und vergleichen, welche durch eine Interaktion mit der Sonnenstrahlung hervorgerufen werden.
Weitere Vorbeiflüge an diversen inneren Saturnmonden werden in Entfernungen von bis zu 50.000 Kilometern erfolgen. Die beiden letzten dichten Vorbeiflüge an den Monden des Saturn werden schließlich den Titan zum Ziel haben und am 29. November 2016 beziehungsweise am 22. April 2017 erfolgen.

NASA, JPL-Caltech, FU Berlin
Diese Grafik zeigt die Flugbahn der Raumsonde Cassini zwischen dem November 2016 und dem September 2017. Die Cassini-Mission endet am 15. September 2017 mit einem Absturz in der Saturnatmosphäre.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, FU Berlin)

Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich dann allerdings bereits auch das definitive Ende der Cassini-Mission ab. Aufgrund des zu diesem Zeitpunkt nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates soll die Raumsonde am 15. September 2017 kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden. Cassini wäre allerdings irgendwie nicht ‚wirklich‘ Cassini, wenn dieses Finale ‚einfach so‘ erfolgen würde…
Das ‚Große Finale‘ – Weitere Untersuchungen…
Durch den Titan-Vorbeiflug am 29. November 2016 wird sich die Flugbahn der Raumsonde so verändern, dass sich Cassini dem F-Ring des Saturn in Zukunft zunächst bis auf eine Entfernung von stellenweise nur noch 10.000 Kilometern nähert. Die folgenden 20 Orbits sollen genutzt werden, um speziell diesen Ring noch eingehender zu untersuchen.

Im Rahmen des letzten Titan-Vorbeifluges am 22. April 2017 soll die Flugbahn von Cassini dann so verändert werden, dass sich die Raumsonde dem Planeten noch weiter annähert, so dass sich deren saturnnächster Punkt ab jetzt zwischen dem D-Ring, dem innersten Saturn-Ring, und der Atmosphäre des Saturn befindet. Cassini wird sich dabei in einer Entfernung von weniger als 4.000 Kilometern über der äußersten Schicht der Saturnatmosphäre bewegen. Diesen nur wenige Tausend Kilometer breiten ‚Flugkorridor‘ wird die Raumsonde in den folgenden Monaten noch 22 mal durchlaufen, wobei jeder Saturnumlauf dann nur noch knappe sieben Tage dauern wird.

Durch die Daten, welche in dieser finalen Missionsphase gesammelt werden sollen, erhoffen sich die beteiligten Wissenschaftler weitere fundamentale Erkenntnisse zur Beantwortung von bisher immer noch offenen Fragen:

  • Wie hoch fällt zum Beispiel die Gesamtmasse der Hauptringe und speziell des B-Ringes aus?
  • Wie setzt sich die Saturnatmosphäre im Detail zusammen?
  • Welche Art von Gasen und Staubpartikeln befinden sich in welcher Konzentration in dem Raum zwischen der äußeren Atmosphärenschicht des Saturn und dem innersten Ring?
  • Welche ‚Feinstrukturen‘ sind auf den aus geringer Entfernung angefertigten Bildaufnahmen in den Wolken der Saturnatmosphäre erkennbar?
  • Wie ist der Saturn in seinem Inneren aufgebaut?
  • Ergeben sich eventuell neue Erkenntnisse über die Dauer der Rotation des Planeten? Diese Rotationsperiode wird gegenwärtig mit einer Dauer von 10 Stunden, 45 Minuten und 45 Sekunden angegeben, wobei der Unsicherheitsfaktor bei 36 Sekunden liegt.
  • Wie groß ist die Abweichung der Orientierung des Magnetfeldes des Saturn in Bezug zu dessen Rotationsachse?
  • Wie präsentieren sich die Ringe und dabei speziell der F-Ring in den – dann erstmals in diesem Zusammenhang erfolgenden – Messungen des RADAR-Instrumentes?
NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Der lediglich 86 Kilometer durchmessende Mond Prometheus ist mitverantwortlich für die Entstehung von Wellenstrukturen und Verästelungen im Bereich des F-Ringes des Saturn – ganz außen in dieser Aufnahme zu sehen. Die hier gezeigte Aufnahme wurde am 11. Februar 2014 angefertigt. Aus einer Entfernung von 2,1 Millionen Kilometern erreichte die Telekamera des ISS-Kameraexperiments von Cassini eine Auflösung von etwa 13 Kilometern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

…und gezielter ‚Absturz‘

Aber auch diese Phase der Mission findet schließlich ein Ende. Nach letztendlich 294 Saturnumkreisungen wird Cassini am 15. September 2017 um 12:57 Uhr MESZ endgültig in die oberste Schicht der Saturnatmosphäre eintreten und dort verglühen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Signallaufzeit zwischen dem Saturn und der Erde 83,5 Minuten betragen, so dass das letzte Radiosignal von Cassini die Erde am selben Tag aller Voraussicht nach gegen 14:20 Uhr MESZ erreichen wird. Das entsprechende Signal wird dabei von der 70-Meter-Antenne – der Antenne DSS-43 – des Deep Space Network (DSN) der NASA bei Canberra/Australien empfangen. Allerdings gehen die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler davon aus, dass während dieses ‚finalen Eintritts‘ nur eine sehr limitierte Anzahl an Daten gesammelt und dann noch vor der ‚Zerstörung‘ der Raumsonde zur Erde übertragen werden können.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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