Raumsonde Cassini – Der Saturnumlauf Nummer 214

Am heutigen Abend beginnt für die Raumsonde Cassini der mittlerweile 214. Umlauf um den Planeten Saturn. Den Höhepunkt dieses neuen Orbits bildet ein für den 16. März 2015 vorgesehener naher Vorbeiflug der Raumsonde an dem Saturnmond Titan.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese Aufnahme des Ringsystems des Saturn fertigte die Raumsonde Cassini am 6. Dezember 2014 mit der Telekamera des ISS-Kameraexperiments an. Aus einer Entfernung von etwa 1,4 Millionen Kilometern wurde dabei eine Auflösung von acht Kilometern pro Pixel erreicht.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 26. Februar 2015 erreicht die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 18:15 MEZ erneut die Apoapsis – den Punkt ihrer größten Entfernung zu dem zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystem. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 3,44 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden und damit zugleich ihren mittlerweile 214. Umlauf um den Ringplaneten beginnen. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini dabei eine Inklination von 8,5 Grad auf.

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord von Cassini, sind während dieses 30 Tage andauernden Umlaufs, dessen offizielle Bezeichnung „Rev 213“ lautet, insgesamt 31 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Wie üblich wird ein Großteil dieser Kampagnen erneut die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben. Den Höhepunkt des jetzt beginnenden Saturnumlaufs stellt allerdings ein für den 16. März 2015 vorgesehener naher Vorbeiflug an dem größten der derzeit 62 bekannten Saturnmonde, dem 5.150 Kilometer durchmessenden Mond Titan, dar.
Das erste Beobachtungsziel: Der Saturn
Unmittelbar nach den Beginn des neuen Umlaufs wird die Telekamera des ISS-Kameraexperiments zusammen mit einem der Fernerkundungsinstrumente der Raumsonde, dem Composite Infrared Spectrometer (kurz „CIRS“), den Saturn abbilden. Die im Rahmen dieser Kampagne gewonnenen Beobachtungsdaten dienen – wie bereits bei einer vergleichbaren Beobachtungskampagne im vorherigen Saturnumlauf – in erste Linie der Kalibrierung des CIRS-Spektrometers.

Direkt im Anschluss an diese Aufnahmen wird auch die Weitwinkelkamera des Kameraexperiments den Saturn abbilden und dabei nach markanten Wolkenformationen Ausschau halten. Durch die regelmäßig erfolgende Dokumentation von Wolkenstrukturen und kleineren Sturmgebieten und deren Positionsveränderungen lassen sich zum Beispiel Aussagen über die gegenwärtig in der Saturnatmosphäre vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Die diversen Wolkenformationen innerhalb der Saturnatmosphäre werden in regelmäßigen Abständen von der ISS-Kamera der Raumsonde Cassini dokumentiert. Die hier gezeigte Aufnahme wurde am 4. April 2014 mit der Weitwinkelkamera des ISS-Kameraexperiments angefertigt. Die Distanz zwischen Raumsonde und Saturn betrug dabei etwa 1,8 Millionen Kilometer.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

In Kombination mit früheren und zukünftigen Beobachtungen dieser langfristig angelegten ‚Sturmbeobachtungskampagne‘ lässt sich durch derartige Aufnahmen die allgemeine ‚Großwetterlage‘ auf dem Saturn dokumentieren, welche sich aufgrund der Bewegung des Planeten um die Sonne und der dabei auftretenden Jahreszeiten in einem etwa 30 Jahre dauernden Rhythmus kontinuierlich verändert (Raumfahrer.net berichtete). Bis zum Ende des jetzt beginnenden Saturnumlaufs sind insgesamt noch sechs weitere derartige Beobachtungen vorgesehen.

Das Ringsystem des Saturn
Am 9. und 10. März steht dann erneut der F-Ring des Saturn auf dem Beobachtungsprogramm der Raumsonde. Hierbei sollen unter anderem zum wiederholten Mal die dort erkennbaren diversen Verästelungen der gewundenen Einzelringe abgebildet werden. Frühere Aufnahmen des ISS-Kamerasystems von Cassini führten zu dem Schluss, dass in erster Linie gravitative Wechselwirkungen mit dem weiter innen liegenden A-Ring und den beiden den F-Ring begrenzenden Saturnmonden Prometheus und Pandora die Form des F-Ringes gestalten.

Speziell die gravitativen Einflüsse dieser beiden als „Schäfermonde“ fungierenden Monde sind für die Ausbildung der beobachteten Wellenstrukturen des F-Ringes verantwortlich (Raumfahrer.net berichtete). Aus den jetzt geplanten Aufnahmen sollen nach einer entsprechenden Bildbearbeitung zwei kurze Videosequenzen erstellt werden.

Am 13. März wird sich die ISS-Kamera in Zusammenarbeit mit einem weiteren Instrument, dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (kurz „VIMS“), auf die Hauptringe des Saturn richten und diese abbilden. Dabei steht speziell der äußere Bereich des B-Ringes auf dem Beobachtungsprogramm, welcher dabei über einen Zeitraum von rund sechs Stunden mit der Telekamera abgebildet werden soll. Aus diesen Aufnahmen wollen die beteiligten Wissenschaftler eine kurze Videosequenz erstellen, auf der die im B-Ring angeordneten Speichenformationen erkennbar sein sollen. Diese Strukturen wurden erstmals auf den Aufnahmen der Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 ausgemacht, welche den Saturn bereits Anfang der 1980er Jahre passierten. Diese auf Fotoaufnahme in hellen Farben erkennbaren Speichen sind im Durchschnitt lediglich etwa 100 Kilometer breit und erstrecken sich radial über eine Strecke von bis zu 20.000 Kilometer in das Ringsystem hinein.

NASA, JPL, Space Science Institute, Animation: Mike Malaska
Diese Speichenformationen im B-Ring des Saturn wurden im September 2009 durch die Raumsonde Cassini abgebildet.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute, Animation: Mike Malaska)

Bei diesen ‚Speichen‘ handelt es sich um lediglich vorübergehend auftretende Erscheinungen, welche sich üblicherweise innerhalb von wenigen Stunden ausbilden und dann wieder auflösen. Die Planetenforscher gehen davon aus, dass diese Speichenstrukturen durch elektrisch aufgeladene Staubpartikel verursacht werden, welcher durch elektrischen Abstoßungskräfte vorübergehend aus dem B-Ring herausgedrückt werden. Es wird vermutet, dass die Speichen ein saisonales Phänome darstellen, welche sich nur zu bestimmten Zeiten während eines knapp 30 Jahre andauernden Saturnjahres bilden. Mit dem weiteren Fortschreiten der Jahreszeiten auf dem Saturn und dem Einsetzen des Sommers auf der nördlichen Planetenhemisphäre, so die Prognose der Wissenschaftler, sollten sie dann nicht mehr auftreten.

Periapsis
Am 14. März 2015 wird Cassini schließlich um 16:49 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 214, erreichen und die obersten Wolkenschichten des Ringplaneten dabei in einer Entfernung von 313.780 Kilometern passieren.

Am darauffolgenden Tag soll die ISS-Kamera zusammen mit dem VIMS-Spektrometer eine Sternbedeckungen dokumentieren. Hierbei wird der im Sternbild Schlangenträger gelegene Stern X Ophiuchi von Teilen des Ringsystems des Saturn bedeckt. Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve des Sterns erhoffen sich die an der Kampagne beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der Ringbereiche, welche X Ophiuchi bei dieser Okkultation bedecken. Außerdem, so die Wissenschaftler, können hierbei eventuelle minimale Veränderungen in der Ringstruktur registriert werden, welche erst kürzlich durch das Gravitationsfeld des Saturn oder durch ‚Einschläge‘ von Meteoroiden verursacht wurden.

Anschließend stehen erneut der F-Ring und danach der D-Ring – der innerste der Hauptringe des Saturn-Ringsystems – auf dem Beobachtungsprogramm der Raumsonde. Cassini wird während der letzten Monate der Mission im Jahr 2017 die Gelegenheit erhalten, speziell den D-Ring ausführlich und aus kürzester Distanz zu studieren (Raumfahrer.net berichtete). Durch diese für den 15. März vorgesehenen Untersuchungen soll unter anderem die Partikeldichte im Bereich des inneren D-Rings ermittelt werden – eine Information, welche für den sicheren Betrieb der Raumsonde im Jahr 2017 von essentieller Bedeutung sein wird.

Der Titan-Vorbeiflug T-110

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Der Titan ist von einer dichten Atmosphäre umgeben, welche im Bereich des sichtbaren Lichts keinen Blick auf dessen Oberfläche zulässt (Aufnahme links). Durch die Verwendung verschiedener Filtersysteme kann diese Atmosphäre jedoch „durchdrungen“ werden. Die hier gezeigte linke Aufnahme gibt den Mond in den Farben wieder, wie sie auch ein im Saturnsystem befindlicher menschlicher Betrachter wahrnehmen würde. Die mittlere Aufnahme wurde im nahen Infrarotbereich bei 938 Nanometern erstellt und ermöglicht einen Blick auf verschiedene Oberflächenstrukturen. Bei der rechten Aufnahme handelt es sich um ein Falschfarbenkomposit. Zwei Infrarotaufnahmen (erstellt bei 938 und 889 Nanometern) wurden hierzu mit einer im sichtbaren Lichtbereich erstellten Aufnahme kombiniert. Alle verwendeten Aufnahmen wurden am 16. April 2005 mit der WAC-Kamera aus Entfernungen zwischen 173.000 bis 168.200 Kilometern angefertigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 16. März steht dann der Höhepunkt dieses 214. Umlaufs der Raumsonde Cassini um den Saturn an. Um 15:30 MEZ wird die Raumsonde den größten der Saturnmonde im Rahmen eines zielgerichteten Vorbeifluges mit einer Geschwindigkeit von 5,7 Kilometern pro Sekunde in einer Entfernung von 2.274,5 Kilometern passieren. Die mit diesem mittlerweile 111. Vorbeiflug am Titan – das Manöver trägt die Bezeichnung „T-110“ – assoziierten Beobachtungen beginnen bereits mehrere Stunden vor der dichtesten Annäherung. Neben dem ISS-Kamerasystem sollen dabei in erster Linie die Instrumente CIRS und VIMS genutzt werden, um die Oberfläche und die Atmosphäre des Titan zu untersuchen sowie um ein Temperaturprofil zu erstellen.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, University of Idaho
Diese globale Ansicht der nördlichen Hemisphäre des Saturnmondes Titan wurde aus mehreren Infrarot-Aufnahmen der Raumsonde Cassini zusammengesetzt und zeigt die Oberfläche in Falschfarben. Oberhalb der Bildmitte zeigen sich mehrere unregelmäßig geformte, mit flüssigem Methan und Ethan gefüllte Seen. Der größte dieser Seen, das Kraken Mare, verfügt über die Fläche des Kaspischen Meeres.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, University of Idaho)

Während der Phase der dichtesten Annäherung an den Titan wird dann auch das VIMS die wissenschaftlichen Beobachtungen dominieren. Das Instrument soll dabei unter anderem verschiedene Oberflächenstrukturen wie die Umgebung des Sinlap-Impaktkraters in der östlichen Fensal-Region und die im Bereich des Titan-Nordpols gelegenen, mit flüssigen Kohlenwasserstoffverbindungen gefüllten SeenKraken Mare, Punga Mare und Ligeia Mare abbilden.

Das VIMS wird auch in den Stunden nach dem Flyby aktiv sein. Zusammen mit dem CIRS-Spektrometer sollen hierbei speziell Temperaturdaten von der Nachtseite des größten Saturnmondes gesammelt werden. Weitere Datensätze sollen Informationen über die chemische Zusammensetzung der Titanatmosphäre liefern und Reflektionen des Sonnenlichts zeigen, welches sich an den Oberflächen der bisher rund 400 auf dem Titan entdeckten Seen spiegelt.

Neben den wissenschaftlichen Untersuchungen ist dieser Titan-Vorbeiflug auch deshalb von Bedeutung, weil dabei die Flugbahn der Raumsonde dahingehend geändert werden soll, dass die Inklination der Flugbahn innerhalb des Saturnsystems auf einem Wert von nur noch 0,3 Grad verringert wird. Durch diese ’neue‘ Flugbahn wird sich den Wissenschaftlern in den kommenden Monaten die Gelegenheit bieten, speziell die Ringe des Saturn wieder in ihrer Kantenstellung zu beobachten.

Der Abschluss des Orbits Nummer 214
Nach dem Abschluss der Titan-Kampagne wird die Raumsonde Cassini am 20. und am 22. März zunächst Teilbereiche des diffusen E-Rings des Saturn abbilden, welcher sich in erster Linie aus Staubpartikeln zusammensetzt. Durch die bei diesen Beobachtungen gegebenen Beleuchtungsverhältnisse lassen sich speziell diese Staubteilchen besonders gut untersuchen.

Am 25. März wird die ISS-Kamera zudem die Monde Titan, Rhea und Mimas abbilden, welche sich dabei zusammen im Aufnahmebereich der Telekamera befinden werden.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese am 10. September 2007 mit der NAC-Kamera angefertigte Mosaikaufnahme zeigt die farblich zweigeteilte Oberfläche des Saturnmondes Iapetus aus einer Entfernung von rund 73.000 Kilometern in Falschfarben. Das in dem Bild unten links erkennbare Impaktbecken verfügt über einen Durchmesser von 450 Kilometern. Auf den für Anfang Januar 2015 geplanten Aufnahmen werden diese Strukturen allerdings nicht erkennbar sein.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 26. März beginnt schließlich eine über zwei Tage andauernde Beobachtungskampagne des im Mittel 1.436 Kilometer durchmessenden Saturnmondes Iapetus, welcher sich dabei etwa etwas mehr als eine Million Kilometer von der Raumsonde entfernt befinden wird. Die Aufnahmen werden speziell die nördliche Hemisphäre des mit einer zweigeteilten Oberfläche versehenen Mondes Iapetus wiedergeben, wo sich zwei größere Impaktbecken – Tungis und Roland – befinden. Auch eines der markantesten Merkmale von Iapetus – ein rund 1.300 Kilometer langer, etwa 20 Kilometer breiter und bis zu 13 Kilometer hoher Bergrücken – sollte auf den Aufnahmen erkennbar sein.

Am 28. März 2015 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 17:41 MEZ in einer Entfernung von rund 3,2 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis ihrer Umlaufbahn erreichen und damit auch diesen 214. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 215 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden (Raumfahrer.net berichtete).

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