Raumsonde Cassini: Der Saturnorbit Nummer 181

Am gestrigen Tag begann der mittlerweile 181. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. Auch die kommenden zwei Wochen sollen in erster Linie dazu genutzt werden, um die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn eingehend zu untersuchen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute
Das Ringsystem des Saturn setzt sich aus mehr als 100.000 einzelnen Ringen zusammen, welche durch scharf umrissene Lücken voneinander abgegrenzt sind.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am gestrigen 25. Januar 2013 hat die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 14:55 Uhr MEZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreicht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini in einer Entfernung von rund 1,66 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 181. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell verfügt die Raumsonde auf ihrer Saturnumlaufbahn immer noch über eine Inklination von 53 Grad. Bis Mitte des Jahres 2013 soll die Neigung der Cassini-Umlaufbahn im Rahmen verschiedener naher Vorbeiflüge an dem größten und massereichsten Saturnmond, dem 5.150 Kilometer durchmessenden Mond Titan, in mehreren Schritten allerdings noch auf fast 62 Grad erhöht werden.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 13 Tage andauernden Orbits Nummer 181 – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 180“ – insgesamt 31 Beobachtungskampagnen vorgesehen.

NASA, JPL, Space Science Institute
Am 3. Januar 2008 wurde eine Okkultation des Sternes Antares dazu genutzt, um die Dichte der einzelnen Saturnringe eingehender zu untersuchen. Die NAC-Kamera fertigte diese Aufnahme aus einer Entfernung von 541.000 Kilometern zum Saturn an.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Die erste dieser Beobachtungen erfolgt am heutigen Tag und wird den Saturn zum Ziel haben. Durch die hierbei geplante Abbildung der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten „Sturmbeobachtungskampagne“ ist, sollen aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Ringplaneten lassen sich so zum Beispiel Aussagen über die gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen. Bis zum 7. Februar sind 15 weitere solcher Beobachtungssequenzen vorgesehen.

Ebenfalls für den heutigen Tag ist die Beobachtung einer Sternokkultation vorgesehen. Hierbei wird der Stern R Lyrae von Teilen den Ringsystems bedeckt. Im sichtbaren Licht erreicht dieser im Sternbild Leier (lat. Lyra) gelegene Veränderliche Rote Riesenstern lediglich eine Helligkeit zwischen 3,9 bis 5,0 mag. Im Infrarotbereich des Lichtes handelt es sich dagegen um einen der hellsten Sterne am Himmel, welcher mit einer maximalen Helligkeit von -0,7 mag sogar heller als der Stern Wega, der Hauptstern des Sternbildes Leier, erstrahlt. Aus diesem Grund wird zur Beobachtung der Bedeckung neben der ISS-Kamera auch eines der Spektrometer der Raumsonde, das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), eingesetzt.

Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve von R Lyrae erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau und die Struktur der einzelnen Ringe. Durch die zeitliche Abfolge der auftretenden Helligkeitsschwankungen und deren Intensität können so zum Beispiel Rückschlüsse über die Lichtdurchlässigkeit und somit auch über die Materialdichte der einzelnen Ringstrukturen gewonnen werden. Bei zwei vergleichbaren Beobachtungskampagnen sollen am 30. Januar und am 2. Februar weitere Sternokkultationen der Sterne R Cassiopeiae und W Hydrae beobachtet werden.

NASA, JPL, Space Science Institute, Animation: Mike Malaska
Diese Speichenformationen im B-Ring des Saturn wurden im September 2009 durch die Raumsonde Cassini abgebildet.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute, Animation: Mike Malaska)

Zwischen dem 27. und dem 29. Januar stehen diverse Beobachtungen des Ringsystems auf dem Beobachtungsprogramm der Raumsonde. Mittels der geplanten Aufnahmen des F-Ringes sollen erneut die diversen Wellen und Kanäle innerhalb der dortigen Ringstruktur untersucht werden, welche durch eine gravitative Interaktion mit dem Saturnmond Prometheus verursacht werden.

Mit weiteren Aufnahmen sollen anschließend speziell die Speichenformationen im B-Ring des Saturn näher untersucht werden. Diese Strukturen konnten erstmals auf den Aufnahmen der Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 ausgemacht werden, welche den Saturn bereits Anfang der 1980er Jahre passierten. Diese auf Fotoaufnahme in hellen Farben erkennbaren Speichen sind im Durchschnitt etwa 100 Kilometer breit und erstrecken sich radial über eine Strecke von bis zu 20.000 Kilometer in das Ringsystem hinein.

Es handelt sich hierbei um lediglich vorübergehend auftretende Phänomene, welche jeweils innerhalb von einigen Stunden auftauchen und dann wieder verschwinden. Die Planetenforscher sind sich mittlerweile weitgehend sicher, dass diese Speichenstrukturen durch elektrisch aufgeladenen Staub verursacht werden, welcher durch elektrischen Abstoßungskräfte vorübergehend aus dem B-Ring herausgedrückt wird.

Auch für die Entstehung dieser elektrischen Aufladungen gibt es einen Erklärungsansatz. In der Saturnatmosphäre auftretende Gewitter ziehen demzufolge zumindestens zeitweise nach außen gerichtete elektrische Entladungen nach sich, welche dabei zehntausendfach stärker sind als die bei irdischen Gewittern auftretenden Blitze.

Zu solchen nach außen gerichteten Entladungen – so genannten Sprites – kommt es auch bei irdischen Gewittern. Während die meisten Blitze zu Entladungen zwischen Wolken und Erdboden führen, können aus dem Weltall einfallende, hochenergetische Partikel eine in die Höhe gerichtete Entladung auslösen. Dabei „schießen“ Ströme von Elektronen in den Weltraum und laden die dort befindlichen Staubteilchen des B-Ringes elektrostatisch auf.

NASA, JPL, Space Science Institute, Cornell University
Diese propellerähnliche Struktur innerhalb des A-Ringes des Saturn wurde am 5. Juni 2012 mit der ISS-Kamera abgebildet.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute, Cornell University)

Am 1. Februar wird Cassini um 06:32 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während des Orbits Nummer 181, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 388.490 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden.

Bereits wenige Stunden zuvor soll der äußere Bereich des A-Ringes durch die ISS-Kamera abgebildet werden. Mit den geplanten Aufnahmen sollen zum wiederholten Mal sogenannte „Propellerstrukturen“ in diesem Ring dokumentiert werden. Bei diesen entfernt an Flugzeugpropeller erinnernden, lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine „Hohlräume“ innerhalb des Ringes, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannter Moonlets – verursacht werden (Raumfahrer.net berichtete) über den bei der Entstehung solcher „Propellerstrukturen“ zugrunde liegenden Prozess). Durch die anzufertigenden Aufnahmen sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Moonlets noch weiter verfeinert werden.

Am 3. Februar wird sich die ISS-Kamera auf den kleinen, äußeren Saturnmond Erriapus richten und diesen über einen Zeitraum von 20 Stunden aus einer Entfernung von mehreren Millionen Kilometern abbilden. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn, seinem Durchmesser von etwa acht bis zehn Kilometern und seiner mittleren Dichte von etwa 2,3 Gramm pro Kubikzentimeter ist über diesen erst im Jahr 2000 entdeckten Mond bisher nur sehr wenig bekannt.

Anhand der Variationen in der sich bei der Beobachtung ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen dessen Helligkeitsvariationen und die sich daraus ergebende Rotationsperiode näher bestimmt werden. Diese Beobachtungssequenz ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus jeweils mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Drei der kleineren, inneren Saturnmonde – Prometheus, Epimetheus und Atlas – und das Ringsystem des Saturn. Diese Aufnahme wurde am 19. September 2012 mit der WAC-Kamera erstellt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 4. und 5. Februar sollen zudem mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.

Am 7. Februar 2013 wird Cassini schließlich um 22:12 MEZ in einer Entfernung von rund 1,7 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und auch diesen 181. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 182 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn vorgesehen. Zusätzlich wird am 17. Februar ein weiterer gesteuerter Vorbeiflug an dem Saturnmond Titan erfolgen. Dieser soll dabei in einer Distanz von rund 2.000 Kilometern passiert und erneut mit verschiedenen Instrumenten untersucht werden.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.

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