Dank der Unterstützung durch mehrere Amateurastronomen konnten Wissenschaftler des Goddard Space Flight Centers der NASA in Greenbelt/USA mittels des abbildenden Infrarotspektrometers CIRS an Bord der Raumsonde Cassini ein Sturmgebiet auf der südlichen Hemisphäre des Saturn eingehend untersuchen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Dank der Raumsonde Cassini, welche sich seit dem Jahr 2004 in einer Umlaufbahn um den Planeten Saturn befindet, verfügen die Wissenschaftler über die Möglichkeit, die Atmosphäre des Planeten, dessen Ringsystem und seine Monde mit 12 verschiedenen wissenschaftlichen Instrumenten und Kamerasystemen dauerhaft und systematisch zu untersuchen. Zwar kann Cassini dabei aufgrund der Nähe zum Ringplaneten viel detailreichere Bilder anfertigen, als dies durch erdgestützte Teleskope möglich ist, aber die Beobachtungszeiten der einzelnen Instrumente und die dabei von den Wissenschaftlern angepeilten Beobachtungsziele sind für einen Zeitraum von mehreren Monaten im Voraus festgelegt. Deshalb ist es nahezu unmöglich, auf plötzlich eintretende besondere Ereignisse mit spontanen Beobachtungen zu reagieren.
In den letzten Jahren gelang es den Wissenschaftlern mehrfach, mittels des „Radio and Plasma Wave Science“-Instruments (RPWS) Radiowellen aufzuzeichnen, welche von elektrischen Entladungen in Sturmgebieten innerhalb der Saturnatmosphäre ausgelöst werden (Raumfahrer.net berichtete). Diese Stürme bilden sich in der Regel innerhalb eines Gürtels, welcher im Bereich der mittleren südlichen Breiten verläuft und von den Wissenschaftlern scherzhaft mit dem Spitznamen „Sturmgasse“ belegt wurde. Allerdings war es bisher aufgrund der langfristig im Voraus geplanten Beobachtungskampagnen nur selten möglich, diese Sturmgebiete gezielt zu untersuchen.
Sturmgebiete innerhalb der Atmosphäre des Saturn entstehen innerhalb weniger Wochen und lösen sich anschließend oftmals ebenso schnell wieder auf. Dauerhafte Beobachtungen des Saturn zur frühzeitigen Entdeckung solcher Veränderungen in der Planetenatmosphäre durch erdgestützte und von Berufsastronomen betriebene Teleskope sind zu zeitaufwändig und zu teuer. Zudem würden solche Observationen die Teleskope auch blockieren und dadurch andere Beobachtungen und Forschungen behindern. Aus diesem Grund regen die Wissenschaftler der Cassini-Mission immer wieder gut ausgerüstete Amateurastronomen dazu an, den Saturn mit ihren Instrumenten systematisch zu überwachen.
So beobachteten unter anderem die Amateurastronomen Anthony Wesley und Trevor Barry aus Australien und Christopher Go von den Philippinen im Februar 2010 Hinweise auf einen sich bildenden Sturm in der Atmosphäre des Saturn. In den folgenden Wochen konnten sie eine Vielzahl von Aufnahmen anfertigen, welche das Sturmgebiet als hellen Fleck in der Planetenatmosphäre zeigen. Ende März 2010 machte Anthony Wesley, er hatte diesen Sturm auf seinen Aufnahmen als Erster entdeckt, die Wissenschaftler der Cassini-Mission mittels einer E-Mail auf die Veränderungen in der Saturnatmosphäre aufmerksam. „Ich wollte sicherstellen, dass diese Bilder vom Cassini-Team gesehen werden. Immerhin war es möglich, dass die Aufnahmen interessant genug waren, um eine Abbildung durch Cassini oder das Weltraumteleskop Hubble zu rechtfertigen,“ so Wesley.
Die Amateurastronomen sandten ihre Bilder, darunter auch eine am 13. März 2010 von Christopher Go angefertigte Aufnahme, welche den Sturm auf seinem Höhepunkt abbildete, an die Cassini-Wissenschaftler. Diese überprüften die Aufnahmen und bereiteten daraufhin eine spontane Beobachtungskampagne durch das CIRS-Spektrometer vor. Aus den Bildern der Amateurastronomen ließ sich dabei sogar der Bereich der vermutlich aktivsten Gebiete innerhalb des Sturms vorhersagen. Somit konnte man das Infrarotspektrometer schließlich anhand dieser Aufnahmen punktgenau auf die entsprechenden Koordinaten auf der Südhemisphäre des Saturn ausrichten.
Bei der folgenden Beobachtungskampagne durch das CIRS-Spektrometer gelangen den Wissenschaftlern am 25. und 26. April 2010 die bislang genauesten Datenaufzeichnungen von Temperaturen und Gasverteilung innerhalb eines Sturmgebietes in der Atmosphäre des Saturn. Die durch CIRS gewonnenen Messdaten zeigen, dass es sich um einen sehr starken Sturm handelt, welcher große Gasmengen aus den tieferen Atmosphärenschichten in die oberen Schichten befördert. Ein Indiz für diesen Gastransport ist der Nachweis einer für die Wissenschaftler in diesem Umfang unerwartet großen Menge an Monophosphan, einem Gas, welches typischerweise in den unteren Atmosphärenschichten des Saturn zu finden ist.
Innerhalb der Tropopause, einem Bereich, welcher die wolkenreichen und tiefer gelegenen Atmosphärenschichten von der darüber befindlichen Stratosphäre trennt, stieß das CIRS-Spektrometer auf einen Temperaturunterschied von einem halben Grad Celsius. Im Bereich des Sturmgebietes war es dabei etwas kühler als in der Umgebung. Die gewonnenen Daten, so Brigette Hesman von der University of Maryland, deuten darauf hin, dass dieses Sturmgebiet von atmosphärischen Strömungssystemen und weiteren Sturmgebieten angetrieben wird, welche sich etwa 100 bis 200 Kilometer tiefer in der Atmosphäre Saturns befinden.
Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der italienischen Raumfahrtorganisation und wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA koordiniert. Das Team des „Composite Infrared Spectrometers“ (CIRS) operiert vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt/Maryland aus, wo dieses abbildende Infrarotspektrometer auch gebaut wurde. Die Beobachtung des australischen Amateurastronomen Anthony Wesley war nicht seine erste Entdeckung, welche von professionellen Astronomen und Wissenschaftlern weiterverfolgt wurde. Im Sommer 2009 entdeckte er als Erster die Anzeichen für einen durch einen Kometen oder Asteroiden verursachten Einschlag in der Atmosphäre des Planeten Jupiter (Raumfahrer.net berichtete).
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