Raumsonde Cassini beginnt den Saturn-Orbit Nummer 151

Am heutigen Tag beginnt der mittlerweile 151. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Während dieses drei Wochen dauernden Umlaufs wird sich das Hauptaugenmerk der Raumsonde fast ausschließlich auf den Saturn richten. Im Rahmen mehrerer Beobachtungskampagnen sollen dessen Atmosphäre und das Ringsystem des Planeten näher untersucht werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese unbearbeitete Aufnahme des Saturn wurde am 18. Mai 2011 mit der WAC-Kamera der Raumsonde Cassini angefertigt. Zum Aufnahmezeitpunkt betrug die Entfernung zwischen Cassini und dem Planeten etwa 2,97 Millionen Kilometer. Auf der nördlichen Hemisphäre ist das dort befindliche ausgedehnte Sturmgebiet erkennbar.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am heutigen Tag erreicht die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn. Dabei befindet sich Cassini in einer Entfernung von etwa 2,69 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 151. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich auch in den kommenden zehn Monaten auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.

Wie bereits die vorherigen Umläufe wird auch der in diesen Stunden beginnende Orbit, er trägt die Bezeichnung „Rev 150“, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern überwiegend dazu genutzt werden, den Ringplaneten und den größten seiner 62 bisher bekannten Monde, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden. Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, eines von insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während der kommenden 22 Tage insgesamt 33 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Der überwiegende Teil dieser Beobachtungen wird ein gewaltiges Sturmgebiet zum Ziel haben, welches sich seit dem Dezember 2010 über der nördliche Hemisphäre des Saturn ausdehnt (Raumfahrer.net berichtete).

Zuvor befinden sich jedoch erst einmal die Monde des Saturn im Fokus der Wissenschaftler. Nach der Anfertigung einer Aufnahmesequenz, welche der Kalibrierung der Kamera dient und die am 1. Juli 2011 erfolgen soll, wird die ISS-Kamera ihren wissenschaftlichen Betrieb am 3. Juli aufnehmen. Aus einer Entfernung von rund 3,39 Millionen Kilometern soll dabei der Saturnmond Titan abgebildet werden. Mit den Aufnahmen des zu diesem Zeitpunkt lediglich zur Hälfte von der Sonne beleuchteten Mondes sollen Oberflächenformationen und Wolken im Bereich der Fenzal-Aztlan-Region beobachtet werden. Neben Erkenntnissen über die komplexe Meteorologie des Titan erhoffen sich die Wissenschaftler dadurch weitere Informationen über eventuell erfolgende Veränderungen auf dessen Oberfläche.

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Diese Aufnahme des G-Ringes vom Saturn wurde am 9. Oktober 2009 aus einer Entfernung von rund zwei Millionen Kilometern angefertigt. Der innere Rand des Ringes erscheint deutlich heller als der weiter außen gelegene Bereich.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Unmittelbar im Anschluss an die Titan-Beobachtung stehen verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgenden Abbildungen der Monde Prometheus, Epimetheus, Calypso, Pallene, Helene und Polydeuces besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können. Weitere astrometrische Beobachtungen werden am 5. Juli erfolgen und die Monde Helene, Pallene, Anthe, Prometheus und Janus zum Ziel haben.

Direkt im Anschluss an die astrometrischen Mondbeobachtungen am 3. Juli steht eine Beobachtung des G-Ringes auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde. Dieser Ring erstreckt sich in einer Entfernung von 165.800 bis 173.800 Kilometern vom Zentrum des Saturn. Vorangegangene Untersuchungen haben zu dem Schluss geführt, dass der G-Ring durch die Erosion großer Eispartikel aus einer Region am inneren Rand des G-Rings gespeist wird. In dieser Region, dem so genannten „G-Ring arc“, befinden sich wesentlich mehr und auch deutlich größere Eispartikel als in den restlichen Bereichen des Ringes. Diese Partikel erscheinen in den Cassini-Aufnahmen wesentlich heller als die Umgebung.
Bei der jetzt anstehenden Beobachtungssequenz wird die ISS-Kamera den G-Ring zusammen mit dem Visual Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) abbilden. Im Gegensatz zur ISS-Kamera, welche ihre Aufnahmen ausschließlich im sichtbaren Licht anfertigt und dabei eine relativ hohe Auflösung erreicht, sammelt dieses abbildende Spektrometer seine Daten im Spektralbereich des nahen UV-Spektrums über das sichtbare Licht bis hin zum mittleren Infrarot-Spektrum. Das im Vergleich zur ISS-Kamera bessere Kontrastvermögen des VIMS-Spektrometers hat allerdings eine verhältnismäßig niedrige Auflösung zur Folge. Da sich die beiden Instrumente ergänzen, werden sie von den Wissenschaftlern der Cassini-Mission oftmals zeitgleich eingesetzt.

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Diese Aufnahmen von Blitzen in der Saturnatmosphäre fertigte die NAC-Kamera der Raumsonde Cassini am 30. November 2009 aus einer Entfernung von etwa 2,6 Millionen Kilometern an.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 9. Juli wird Cassini um 16:02 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses 151. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde 183.410 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn. Während der Annäherungsphase an des Saturn wird der Ringplanet Cassini seine in diesem Zeitraum nicht von der Sonne beleuchtete Hemisphäre zuwenden. Bei dieser Gelegenheit werden die ISS-Kamera und das VIMS-Spektrometer nach Blitzen in der Saturnatmosphäre Ausschau halten, welche sich unter diesen Beleuchtungsverhältnissen besonders gut erkennen lassen. Eine erste entsprechende Beobachtungssequenz erfolgt am 9. Juli unmittelbar vor dem Erreichen der Periapsis und wird über einen Zeitraum von 12 Stunden andauern. Zwei weitere Beobachtungen mit einer Dauer von jeweils zwei Stunden werden dann am 10. Juli erfolgen.

Für den 12. Juli sind diverse Aufnahmen mit der WAC-Kamera vorgesehen. Durch die Kombination verschiedener Filter soll Saturn hierbei in Echtfarben wiedergegeben werden. Das VIMS-Spektrometer wird sich am selben Tag auf die nördliche Hemisphäre konzentrieren. Vom 13. bis zum 20. Juli sind dann schließlich 14 weitere Aufnahmesequenzen geplant, die sich ausschließlich auf das gigantische Sturmgebiet konzentrieren werden, welches sich gegenwärtig über die nördliche Hemisphäre des Saturn erstreckt. Mit diesen aus unterschiedlichen Entfernungen und mit verschiedenen Instrumenten erfolgenden Aufnahmen und Messungen soll dessen weitere Entwicklung dokumentiert werden.

Zwischen den einzelnen Beobachtungskampagnen werden auch immer wieder verschiedene der insgesamt 62 bisher bekannten Saturnmonde auf den Aufnahmeprogramm der Raumsonde stehen. Neben weiteren Titan-Beobachtungen am 11., am 14. und am 17. Juli wird so zum Beispiel am 14. Juli der Mond Rhea in den – allerdings nur indirekten – Fokus rücken.

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An den Lagrangepunkten L1 bis L5 heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Nur die Punkte L4 und L5 sind dabei stabil genug, um kleinere Objekte dauerhaft zu binden.
(Bild: Wikipedia)

An diesem Tag soll die ISS-Kamera die Region um den Lagrange-Punkt L4 dieses Mondes abbilden. An den fünf Lagrangepunkten heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Dadurch entstehen an diesen Punkten Zonen mit einem niedrigen Gravitationspotenzial. Drei der Lagrange-Punkte, nämlich L1, L2 und L3, sind dabei relativ instabil, so dass bereits leichte gravitative Wechselwirkungen zu einem Entweichen von eventuell dort befindlichen Objekten führen können. Die Punkte L4 und L5, welche sich 60 Grad vor beziehungsweise hinter dem Himmelskörper befinden, sind dagegen stabil, so dass sich dort kleinere Objekte sammeln und anschließend über einen nahezu unbegrenzt langen Zeitraum aufhalten können.

Im Mondsystem des Saturn befindet sich so zum Beispiel der kleine Mond Telesto in der L4-Region des größeren Mondes Tethys. Der L5-Punkt von Dione wird dagegen von dem Mond Polydeuces eingenommen. Die geplante Beobachtung des L4-Punktes von Rhea dient der Suche nach einem eventuell dort befindlichen und bisher noch unentdeckten weiteren Begleiter des Ringplaneten. Mehrere entsprechende Suchkampagnen von Cassini sind in der Vergangenheit allerdings erfolglos verlaufen.

Weitere astrometrische Mondbeobachtungen sind für den 17. und den 20. Juli vorgesehen. Außerdem wird die ISS-Kamera am 14. und am 18. Juli die nahen Begegnungen von verschiedenen Monden dokumentieren. Am 14. Juli wird sich dabei der Mond Tethys vor den Mond Titan schieben. Tethys ist zum Zeitpunkt dieser Bedeckung rund 1,86 Millionen Kilometer von Cassini entfernt. Die Distanz zu Titan wird dagegen 3,21 Millionen Kilometer betragen. Am 18. Juli wird der Mond Dione 2,19 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt sein, während er vor der südlichen Hemisphäre des 3,09 Millionen Kilometer entfernten Mondes Rhea vorbeizieht. Dessen nördliche Hemisphäre wird zu diesem Zeitpunkt zusätzlich teilweise von den Ringen des Saturn verdeckt sein.

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Dione zieht seine Bahn vor dem weiter entfernten Mond Tethys. Dieses Ereignis wurde von Cassini am 28. November 2009 dokumentiert.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Neben den ästhetischen Aspekten solcher Bedeckungsereignisse haben derartige fotografischen Dokumentationen auch einen wissenschaftlichen Hintergrund. Genauso wie auch bei den astrometrischen Beobachtungen können durch die Bestimmung der exakten Positionen der beobachteten Monde die verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter verfeinert werden. Am 13. Juli steht außerdem erneut das Ringsystem des Saturn auf dem Beobachtungsprogramm. An diesem Tag wird die ISS-Kamera den E-Ring abbilden. Anhand mehrerer Aufnahmen durch verschiedene Filter soll an diesem Tag ein vertikales Profil des abzubildenden Bereiches dieses diffusen Ringes erstellt werden.

Am 21. Juli wird Cassini schließlich in einer Entfernung von rund 2,8 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und den 151. Orbit um den Ringplaneten beenden. Während des damit beginnenden Orbits Nummer 152 wird sich das Hauptaugenmerk der Raumsonde erneut in erster Linie direkt auf den Saturn richten. Erneut wird eine Vielzahl der dabei vorgesehenen Observationen speziell das ausgedehnte Sturmgebiet über der nördlichen Hemisphäre des Planeten zum Ziel haben.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/ Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission für das Direktorat für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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