In den Morgenstunden des 19. Juni beginnt für die Raumsonde Cassini der mittlerweile 194. Umlauf um den Saturn.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
Am 19. Juni 2013 wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 7.34 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 1,34 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 194. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell weist die Flugbahn von Cassini eine Inklination von 59,4 Grad auf.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 12 Tage andauernden Umlaufs – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 193“ – insgesamt 37 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Die meisten dieser Kampagnen werden sich erneut auf die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn konzentrieren.
Die ersten Beobachtungen sollen bereits wenige Stunden nach dem Beginn des neuen Orbits erfolgen, wobei die ISS-Kamera den Saturn abbilden wird. Mittels der hierbei geplanten Abbildungen der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten „Sturmbeobachtungskampagne“ sind, sollen erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden.
Durch die Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in den Atmosphären des Saturn lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen. Eine vergleichbare Beobachtung wird anschließend den Titan, den größten der derzeit 62 bekannten Saturnmonde, zum Ziel haben.
Im Anschluss an diese Beobachtungskampagnen sollen mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren Umlaufbahnen noch weiter zu präzisieren.
Am 21. Juni wird die ISS-Kamera zusammen mit einem weiteren Instrument der Raumsonde, dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (kurz „VIMS“), eine Sternokkultation dokumentieren. Hierbei wird der halbregelmäßig veränderliche Stern My Cephei von Teilen den Ringsystems bedeckt. Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve von My Cephei erhoffen sich die an der Kampagne beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der Ringbereiche, welche den Stern bei dieser Okkultation bedecken.
Für den 22. Juni sind zunächst diverse Abbildungen des äußeren Bereich des A-Ringes vorgesehen, wobei unter anderem zum wiederholten Mal sogenannte „Propellerstrukturen“ dokumentiert werden sollen. Bei diesen lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine „Hohlräume“ innerhalb des Ringsystems, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannten Moonlets – verursacht werden (Raumfahrer.net berichtete). Durch die anzufertigenden Aufnahmen sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Moonlets noch weiter verfeinert werden.
Im Anschluss an diese Beobachtung wird die Kamera erneut den Titan abbilden, welcher dabei nur teilweise von der Sonne beleuchtet sein wird. Die aus einer Distanz von etwa 1,94 Millionen Kilometern angefertigten Aufnahmen sollen genutzt werden, um die Dunstschichten im Bereich von dessen äußeren Atmosphäre zu studieren. Später wird sich die ISS-Kamera dann auf den Saturn richten und in Zusammenarbeit mit dem VIMS-Spektrometer dessen südliche Hemisphäre abbilden und nach dort befindlichen Polarlichtern Ausschau halten.
Am 25. Juni wird Cassini schließlich um 7.09 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 194 erreichen und den Planeten in einer Entfernung von 557.860 Kilometern passieren. Neben der Abbildung der beiden Monde Enceladus und Titan wird sich das Hauptaugenmerk der an der Mission beteiligten Wissenschaftler dabei in erster Linie auf die Nordpolregion des Saturn konzentrieren. Das primäre Ziel der geplanten Aufnahmen ist das direkt über dem Nordpol gelegene Nordpol-Hexagon.
Für den 27. und 28. Juni sind neben weiteren Saturnabbildungen diverse Untersuchungen der inneren Saturnmonde vorgesehen. Neben verschiedenen astrometrischen Beobachtungen soll dabei bei den Monden Dione und Mimas die Beschaffenheit der jeweiligen Oberflächen mit einem weiteren Instrument, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), analysiert werden. Im Rahmen einer weiteren Beobachtungskampagne soll zudem der nur schwach ausgeprägte und schwer zu beobachtende D-Ring abgebildet werden.
Am 29. und 30. Juni wird sich die ISS-Kamera schließlich auf den kleinen, äußeren Saturnmond Ijiraq richten. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn und seinem Durchmesser von rund 12 Kilometern ist über diesen erst im Jahr 2000 entdeckten Mond bisher nur sehr wenig bekannt. Die ISS-Kamera soll Ijiraq über einen Zeitraum von mehreren Stunden aus einer Distanz von rund 8,5 Millionen Kilometern wiederholt abbilden. Anhand der Variationen in der sich bei dieser Beobachtungssequenz ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen die Helligkeitsvariationen auf dessen Oberfläche und die sich daraus ergebende Rotationsperiode näher bestimmt werden.
Am 1. Juli 2013 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 6.39 MESZ in einer Entfernung von rund 1,4 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und damit auch diesen 194. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Für den dann beginnenden Orbit Nummer 195 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen. Den Höhepunkt dieses nächsten Orbits bildet dabei ein gezielter Vorbeiflug an dem Titan, welcher am 10. Juli von der Raumsonde in einer Entfernung von lediglich 964 Kilometern passiert werden wird.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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