Raumsonde Cassini beendet den Sicherheitsmodus

Heute soll die Saturnsonde Cassini wieder in den normalen Operationsmodus versetzt werden. Am 26. November 2010 werden dann auch die wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde reaktiviert und mit der Erkundung des Saturns, seines Ringsystems und seiner Monde fortfahren.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Falschfarbenaufnahme des Saturnmondes Hyperion fertigte die Raumsonde Cassini am 26. September 2005 an. Aus einer Entfernung von etwa 62.000 Kilometern erreicht die NAC-Kamera der Sonde dabei eine Auflösung von rund 362 Metern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Unbeeinträchtigt von einem fehlerhafter Programm-Code im „Command and Data System Computer“, welcher dafür verantwortlich war, dass sich die Raumsonde am 2. November 2010 in einen vorsorglichen Sicherheitsmodus versetzte (Raumfahrer_net berichtete), erreichte Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn am 20. November 2010 erneut die Apoapsis, den Punkt der größten Entfernung zum Planeten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini etwa 2,63 Millionen Kilometer von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt und begann zugleich ihren 142. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde befindet sich gegenwärtig in einem Orbit, welcher sich fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn befindet. Der gegenwärtige 20 Tage dauernden Umlauf soll unter anderem dazu genutzt werden, um mehrere Saturnmonde zu untersuchen. Dabei steht auch ein zielgerichteter Vorbeiflug am Saturnmond Enceladus auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde.

Das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord von Cassini wird die wissenschaftlichen Beobachtungen während dieses auch als „Rev141“ bezeichneten Saturn-Umlaufs am 26. November aufnehmen und an diesem Tag die ersten Bilder seit dem Versetzen der Sonde in den Sicherheitsmodus anfertigen. Als Beobachtungsziel wird dabei der größte der Saturnmonde, der etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Mond Titan, dienen. Aus einer Entfernung von 1,94 Millionen Kilometern soll dabei die oberste Dunstschicht der Mondatmosphäre abgebildet werden. Anhand dieser Aufnahmen wollen die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler eventuell erkennbare Veränderungen, welche aufgrund des gerade stattfindenden Wechsels der Jahreszeiten auf Titan auftreten, untersuchen. Ebenfalls am 26. November wird man eines der Spektrometer der Sonde, das Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), auf die Südpolregion des Saturn richten, um die dortigen Polarlichter abzubilden.
Anschließend wird Cassini am 28. November um 04:29 MEZ den Mond Hyperion im Rahmen eines nicht zielgerichteten Vorbeifluges in einer Distanz von 71.702 Kilometern passieren. Im Rahmen dieses FlyBys sind drei Bildaufnahmesequenzen vorgesehen, wobei die ISS-Kamera die Oberfläche des Mondes aus verschiedenen Entfernungen und mit unterschiedlichen Filtern abbilden soll.

NASA, JPL, Space Science Institute, DLR
Der Saturnmond Enceladus: In der Großaufnahme ist am unteren Bildrand dessen Südpolregion mit den dort befindlichen „Tigerstreifen“ erkennbar. Diese geologisch aktive Region stellt den Ausgangspunkt für die Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln dar, welche aus den dort befindlichen Kryovulkanen entweichen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, DLR)

Am 30. November wird die Raumsonde schließlich um 10:33 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während ihres 142. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini 154.920 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Gleichzeitig wird die Raumsonde dabei einen gezielten Vorbeiflug an dem Eismond Enceladus einleiten. Die dichteste Annäherung an Enceladus soll um 12:53 MEZ erfolgen. Cassini wird den Mond dabei in einer Höhe von lediglich 47,9 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 6,3 Kilometern pro Sekunde passieren. Im Rahmen der Annäherungsphase an Enceladus wird die ISS-Kamera auf die Südpolregion des Mondes und die von dort ausgehenden Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln ausgerichtet sein. Zeitgleich soll ein weiteres Spektrometer der Sonde, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), die Oberflächentemperatur des Mondes auf dessen Nachtseite ermitteln.

Die dichteste Annäherung an Enceladus erfolgt anschließend über der nördlichen Mondhemisphäre. Zu diesem Zeitpunkt wird die Antenne der Raumsonde auf die Erde ausgerichtet sein. Gravitative Einflüsse des Mondes werden in dieser Flugphase zu minimalen Geschwindigkeitsschwankungen der Sonde führen. Daraus ergeben sich wiederum minimale Verschiebungen in der Trägerfrequenz des von der Raumsonde ausgestrahlten Radiosignals. Durch die Messung dieser Verschiebungen mittels auf der Erde stationierter Radioteleskope erhoffen sich die Wissenschaftler Rückschlüsse über den Aufbau des Gravitationsfeldes dieses lediglich etwa 504 Kilometer durchmessenden Eismondes.

In Kombination mit einer topografischen Karte des Mondes lassen sich auf diese Weise außerdem Rückschlüsse auf unter der Oberfläche des Mondes befindliche Strukturen und Massekonzentrationen ziehen (Raumfahrer_net berichtete bereits früher über vergleichbare Experimente). Begleitet wird dieses Gravitationsmessungsexperiment durch verschiedenen Aufnahmen der beiden Kameras des ISS-Instruments der Raumsonde.

Nach der dichtesten Annäherung werden das UVIS, das CIRS sowie das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) der Raumsonde die weiteren wissenschaftlichen Aktivitäten während dieses auch als „E12“ bezeichneten Enceladus-Vorbeifluges bestimmen, welche dann zusammen mit der ISS-Kamera die vom Saturn abgewandte Seite des Mondes abbilden sollen. Von besonderem Interesse für die Missionswissenschaftler ist dabei die Übergangszone zwischen der in geologischen Zeiträumen betrachtet noch relativ jungen Oberfläche auf der Südhemisphäre und dem älteren Gelände auf der Nordhälfte des Mondes. Die südliche Mondhemisphäre unterliegt, bedingt durch den dort gegenwärtig herrschenden Kryovulkanismus, einer permanenten Veränderung. Die nördliche Hemisphäre, obwohl in der Vergangenheit ebenfalls durch tektonische Aktivitäten beeinflusst, weist dagegen eine in den letzten Jahrmillionen nur geringfügig veränderte Oberfläche auf.

NASA
An den Lagrange-Punkten L1 bis L5 heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Nur die Punkte L4 und L5 sind dabei stabil genug, um kleinere Objekte dauerhaft zu binden.
(Bild: Wikipedia)

Im Anschluss an den Enceladus-FlyBy wird man mit der ISS-Kamera die Region um den Lagrange-Punkt L4 des Mondes Rhea abbilden. An den fünf Lagrangepunkten heben sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper und die Zentrifugalkraft der Bewegung gegenseitig auf. Dadurch entstehen an diesen Punkten Zonen mit einem niedrigen Gravitationspotenzial. Drei der Lagrange-Punkte, nämlich L1, L2 und L3, sind dabei relativ unstabil, so dass bereits leichte gravitative Wechselwirkungen zu einem Entweichen von eventuell dort befindlichen Objekten führen können. Die Punkte L4 und L5, welche sich 60 Grad vor beziehungsweise hinter dem Himmelskörper befinden, sind dagegen stabil, so dass sich dort kleinere Objekte sammeln und anschließend über einen nahezu unbegrenzt langen Zeitraum aufhalten können.

Im Mondsystem des Saturn befindet sich so zum Beispiel der kleine Mond Telesto in der L4-Region des größeren Mondes Tethys. Der L5-Punkt von Dione wird dagegen von dem Mond Polydeuces eingenommen. Die geplante Beobachtung des L4-Punktes von Rhea dient der Suche nach einem eventuell dort befindlichen und bisher noch unentdeckten weiteren Begleiter des Ringplaneten. Die entsprechende Beobachtungssequenz war eigentlich bereits für den vorangegangenen Cassini-Orbit vorgesehen, konnte aber aufgrund des zwischenzeitlichen Übertritts in den Sicherheitsmodus nicht durchgeführt werden.

NASA, JPL, Space Science Institute
Der Saturnmond Enceladus, hier in der Bildmitte erkennbar, versorgt den E-Ring des Saturn mit einem steten Nachschub an Material, welches in Form von Eispartikeln von dessen am Südpol beheimateten Geysiren ausgeht. Diese Aufnahme wurde am 15. September 2006 durch die WAC-Kamera der Raumsonde erstellt. Aus einer Entfernung von 2,1 Millionen Kilometern wurde dabei eine Auflösung von 128 Kilometern pro Pixel erreicht.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Für den 4. Dezember ist dann eine Untersuchung des E-Rings vorgesehen, welcher durch die Geysire des Mondes Enceladus mit einem steten Materialnachschub in Form von kleinen Eispartikeln versorgt wird. Zusätzlich sollen am 4. und 5. Dezember weitere astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden durchgeführt werden. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgenden Abbildungen der Monde Polydeuces, Telesto, Epimetheus, Anthe, Calypso, Atlas, Prometheus und Pandora besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt werden, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.

Eine weitere Beobachtungskampagne am 5. Dezember wird sich erneut dem Mond Titan widmen. Dabei sollen die Studien der Meteorologie dieses Mondes fortgesetzt werden, wobei sich die Wissenschaftler in diesem Fall speziell auf die Äquatorregion des Titan konzentrieren wollen. Für den 6. Dezember steht eine weitere Mondbeobachtung auf dem Programm. An diesem Tag soll dokumentiert werden, wie der Mond Dione vor dem Mond Tethys vorbeizieht. Dione wird dabei 2,05 Millionen Kilometer von Cassini entfernt sein. Die Distanz zwischen Tethys und der Raumsonde wird dagegen 2,19 Millionen Kilometer betragen.

Am 10. Dezember wird Cassini schließlich erneut die Apoapsis erreichen und damit den 142. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Der dann beginnende Orbit Nummer 143 beinhaltet unter anderem vier ungerichtete Vorbeiflüge an den Monden Dione, Pan, Pandora und Daphnis, welche alle am 20. Dezember erfolgen werden. Für den 21. Dezember ist zudem ein weiterer gezielten Vorbeiflug an dem Saturnmond Enceladus vorgesehen. Cassini wird diesen äußerst interessanten und geologisch aktiven Mond dabei mit einer Geschwindigkeit von 6,2 Kilometern pro Sekunde überfliegen. Wie bereits am 30. November wird der Abstand zur Mondoberfläche während der geringsten Annäherung lediglich etwa 48 Kilometer betragen.

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