Das Jahr 2006 brachte für die Raumfahrt wieder einmal hervorragende Ergebnisse; aber auch einige nicht erwartete Fehlschläge.
Autor: Hans J. Kemm. Vertont von Siegfried Krug und Dominik Heidler.
Wahrlich überragend sind die Leistungen der beiden US-Mars-Rover Spirit und Opportunity, die bereits seit über 1.000 Tagen auf dem Mars ihre wissenschaftliche Arbeit verrichten. Oppy hat den Victoria-Krater erreicht und umrundet ihn jetzt, um auszuloten, wo er am sichersten einfahren kann. Spirit untersucht die Umgebung seines Winterquartiers auf der anderen Seite des Mars und hält Ausschau nach Dust-Devils (Staubteufel), sie sollen seine Solarzellen reinigen. Erwähnenswert ist natürlich, daß für die beiden Rover nur eine Lebenszeit von 90 Tagen kalkuliert war und jetzt dieser große Erfolg.
Im Januar startete die Sonde Pluto New Horizons auf einer Atlas V/551 zu ihrer langen Reise; PNH entfernt sich mit 78.000 km/h von der Sonne in Richtung Jupiter um durch ein Swing-by-Manöver noch einen Geschwindigkeitsgewinn zu bekommen. Alle Instrumente und Geräte arbeiten einwandfrei.
Die ESA-Sonde Venus-Express erreichte im April den Orbit unseres Nachbarplaneten Venus und sendet für die Wissenschaft wichtige Daten, leider für uns Betrachter keine so spektakulären Bilder wie die des Mars-Orbiters Mars-Express oder des Saturn-Orbiters Cassini. Gerade diese Raumsonde hat bisher sagenhafte Aufnahmen der Saturnringe und von den Saturnmonden Dione, Titan, Tethys, Rhea und anderen geliefert. Aber auch das Weltraumteleskop Hubble stand dem nicht nach. Trotz kleiner vorrübergehender Macken arbeitet das HST sehr zuverlässig und die Ausbeute ist noch immer exellent.
Bereits Mitte März erreichte die Sonde MRO (Mars Reconnaissance Orbiter) den Mars-Orbit und konnte seine Primärmission Mitte November beginnen. Die an Bord arbeitende Camera HIRISE wird zur Erkundung der Mars-Oberfläche eingesetzt, für spätere Landemissionen durch die Amerikaner.
Völlig unspektakulär bereitete sich ARIANESPACE auf den Start von 5 Ariane 5/ECA vor und konnte auch den erfolgreichen Verlauf aller Missionen vermelden.
Bei jedem Start brachte die größte Ariane stets 2 Satelliten in den Orbit. Das bisher größte Gewicht mit 8,2 t wurde am 27. Mai mit den Satelliten Satmex 6 und Thaicom 5 auf einer Ariane 5/ECA von Kourou gestartet.
Der Ausbau der internationalen Raumstation ISS konnte im laufenden Jahr fortgesetzt werden. 3 US-Shuttle Flüge wurden erfolgreich durchgeführt. Zur Sicherheit der Flugbesatzung und zur Verhinderung weiterer Unfälle mußte ein neues Konzept her und es wurden technische Verbesserungen und Überwachungen eingeführt. Mit Erfolg, denn in keiner Phase dieser 3 Missionen gab es ernsthafte Probleme. Spektakulär verlief die letzte Mission, da das vorhandene Sonnensegel sich nicht wie gewünscht einfahren liess. So mußten bei der letzten EVA mit ein wenig Gewalt nachgeholfen werden und daß alles bei laufender Camera, aber es hat geholfen.
Nach diesen 3 Einsätzen darf man davon ausgehen, daß auch die weiteren Missionen ohne Störungen ablaufen und die ISS weiter ausgebaut und somit am Leben erhalten werden kann. Der europäische Anteil, das Raumlabor Columbus wurde bereits am KSC abgeliefert und wartet jetzt auf den Transport zur ISS, damit die vorgesehenen Aufgaben erfüllt werden können. Auch der europäische Versorger ATV hat bisher alle Test´s erfolgreich absolviert und kann wie geplant dann als Transporter zur ISS fliegen. Für die vorbereitenden Arbeiten startete der deutsche ESA-Wissenschaftler Th. Reiter mit einem Shuttle zur Raumstation und kehrte mit dem letzten Shuttle in diesem Jahr zur Erde zurück. Als Flugingenieur hatte er auch Betriebs- und Wartungsaufgaben an Geräten im amerikanischen und russischen Segment durchgeführt. Zum Austausch der Langzeitbesatzung auf der Raumstation wurden 2 russische TMA auf Sojus FG erfolgreich eingesetzt.
Für eine Raumsonde war die Missionszeit abgelaufen. SMART-1 zerschellte gewollt auf der Mondoberfläche im Gebiet Lake of Excellence. Die Aufgabe von SMART-1 bestand darin, den neuen solarelektrischen Ionenantrieb zu testen, die neuesten Kommunikations- und Navigationssysteme zu erproben und eine Fernanalyse der chemischen Zusammensetzung der Mondoberfläche zu betreiben. Ganz nebenbei lieferte die Mondsonde auch noch verwertbare Bilder.
Erfreulich war die Entscheidung der NASA, die zwischenzeitig gestoppte Mission Dawn nun doch durchzuführen. Der Start ist zwar erst in 2007, aber alle Vorbereitungen für dieses Projekt laufen jetzt gezielt weiter; für die Wissenschaft eine große Hilfe. Zum Ende des Jahres startete auf einer Sojus 2-1b, mit neuem Triebwerk, der europäische Satellit COROT erfolgreich. Dieser Satellit kann mit seiner speziellen technischen Ausrüstung Helligkeitsschwankungen bei Sonnen feststellen, falls diese von einem oder mehreren Planeten umkreist werden.
Im Verlaufe des Jahres 2006 sind 59 erfolgreiche Starts von Trägersystemen erfolgt, davon 5 bemannte (3 US-Spacehuttle und 2 russische TMA). 4 Fehlstarts waren zu verzeichnen, darunter Falcon 1 und Proton M/Breeze M mit dem Satelliten ArabSat 4 A. Russland konnte 24 erfolgreiche Starts verzeichnen und ist wieder Gewinner der Starterliste, gefolgt von den USA mit 16 erfolgreichen Starts. Es folgen Japan mit 6, ESA mit 5, das Consortium Zenit 3SL mit 5 Starts, China 4 und Indien mit einem Start, wobei dieser aber ein Fehlstart war.
Es war für die Raumfahrt schon ein gutes Jahr; denn bis auf diese wenigen Ausfälle verlief doch alles in glatten Bahnen. Die noch weiteren angesetzten Starts werden nun wohl in 2007 durchgeführt, denn von einer klaren Streichung ist bisher nichts bekannt.
Hoffen wir als Weltraumfreunde auf ebenfalls so viel Spannung und Aktion in 2007, wie wir es in diesem nun abgelaufnenen Jahr miterleben durften.