Das im Juni vergangenen Jahres gestartete russische Weltraumradioteleskop Spektr-R steht vor dem Abschluss der Erprobung und beginnt nun mit der Sammlung wissenschaftlicher Daten.
Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: ASC/IKI.
Die russisch-internationale Mission RadioAstron ist ein VLBI-Projekt – Very Long Baseline Interferometry. Das bedeutet, dass mehrere sehr weit entfernte Teleskope zu einem einzigen zusammenschaltet werden, um so ein deutlich höheres Auflösungsvermögen zu erhalten. Je größer dabei die Entfernung ist, umso größer ist auch das Auflösungsvermögen. Bei dem Einsatz ausschließlich irdischer Teleskope ist der Durchmesser der Erde die Grenze für den Teleskopabstand. Diese Einschränkung umgeht RadioAstron – der Einsatz irdischer Teleskope gemeinsam mit dem bis zu 400.000 km von der Erde entfernten Spektr-R ermöglicht weit höhere Auflösungen. Für diesen Zweck werden weltweit Radioteleskope verwendet, darunter die größten der Welt, um nicht nur hohe Auflösungen, sondern auch hohe Signalstärken zu erhalten. Somit kann das Maximum an Daten aus den Beobachtungen gewonnen werden.
Spektr-R verfügt über insgesamt vier Empfänger für verschiedene Wellenlängenbereiche, die nach und nach kalibriert und in den wissenschaftlichen Betrieb genommen werden. Inzwischen sind drei der vier Frequenzbänder für das ESP (Early Science Programm) im Einsatz und liefern bereits erste wissenschaftliche Daten. Zuletzt fehlte lediglich noch das 1,3-cm-Band. Grund hierfür war die wetterbedingt schlechte Datenqualität der irdischen Partnerteleskope in Effelsberg und Green Bank (USA) während der Erprobung.
Am 22. Februar und 1. März gab es zwei Zündungen zur Anhebung der Umlaufbahn. Seitdem beträgt das Perigäum (der erdnächste Punkt) des Orbits 55.000 km. Damit beträgt die ballistische Lebensdauer der Umlaufbahn (ohne weitere Korrekturen) jetzt 10 Jahre. Bereits am 22. Januar gab es einen Test des sogenannten „geschlossenen Kreislaufs“ zur Synchronisation. Dabei wird die Messung durch ständigen Funkkontakt mit der Bodenstation in Puschino synchronisiert. Alternativ werden ansonsten die Messwerte mit hochgenauem Zeitstempel durch die bordeigene Atomuhr versehen.
Zu den ersten Ergebnissen gehören Beobachtungen im 92-cm-Band von 25. Januar mit einer Basislänge von 220.000 km des Pulsars B0950+08. Diese wurden gemeinsam mit den Radioteleskopen Effelsberg, Westerbork (Niederlande) und Arecibo (Puerto Rico) durchgeführt. Der geschlossene Kreislauf wurde mit dem 18-cm-Band bei einer Basislänge von 16.000 km getestet, dabei wurde der Quasar 0212+735 beobachtet. Am 11. März gab es erste Testbeobachtungen gemeinsam mit dem australischen LBA, um wissenschaftliche Beobachtungen in Kooperation mit diesem durchzuführen.
PLASMA-F – klein aber fein
Während RadioAstron nach einer deutlich langsamer als geplant verlaufenden Testphase nun also in den regulären Betrieb übergeht, sammelt die Sekundärnutzlast PLASMA-F von Spektr-R schon seit Juli wissenschaftliche Daten. Bei diesem Experiment handelt es sich um ein Gerät, dass die Plasmaumgebung des Satelliten erfasst und somit die Magnetosphäre der Erde untersucht. Durch den hochelliptischen Orbit von Spektr-R kann PLASMA-F einen Querschnitt durch einen großen Bereich der Magnetosphäre anfertigen, was vergleichbare Experimente durch ihre Umlaufbahnen bislang nicht leisten konnten.
Angesichts des Erfolgs dieses Experiments gibt es derzeit die Überlegung, auf dem geplanten Röntgenteleskop Spektr-RG einen Nachbau von PLASMA-F zu installieren. Spektr-RG soll um den L2 des Sonne-Erde-Systems kreisen – der L2 ist ein Punkt 1,5 Mio km hinter der Erde, wo Objekte relativ zur Erde immer die gleiche Position halten können (von Störungen durch andere Himmelskörper abgesehen). Damit könnte mit Spektr-RG der „Schwanz“ der irdischen Magnetosphäre untersucht werden. Der Start von Spektr-RG ist derzeit für 2014 geplant, für das PLASMA-Team wird die Zeit also knapp.
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