PSLV-C15 bringt fünf Satelliten ins All

Am Morgen des 12. Juli 2010 ist die PSLV-C15-Rakete vom Satish Dhawan Space Center (SDSC) in Sriharikota an Indiens Südküste gestartet und hat fünf Satelliten in Umlaufbahnen um die Erde gebracht.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ISRO, FFI, SUPSI, TEAM STUDSAT, The Norway Post.

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Start der PSLV-C15
(Bild: ISRO)

Nach einem fünfzig Stunden und dreißig Minuten dauernden Countdown hob die 44,4 Meter hohe Rakete mit 230 Tonnen Startmasse um 05:52 Uhr MESZ (09:22 Uhr IST) vom Pad Nummer 1 des SDSC ab. Es war der sechzehnte Start vom SDSC. Die erste Stufe wurde beim Flug der PSLV-C15 nicht von zusätzlichen, seitlich angebrachten Boostern unterstützt. Nach dem Aufbrauchen der 138 Tonnen Treibstoffzuladung der ersten Stufe und der Zündung der zweiten, mit flüssigen Treibstoffen (UH25+N2O4) betriebenen Raketenstufe wurde um 8:24 Uhr MESZ in etwas über 115 Kilometern Höhe die Nutzlastverkleidung mit einem Durchmesser von 3,2 Metern abgeworfen. Anschließend trat die dritte Stufe in Aktion, die 7,6 Tonnen festen Treibstoffs verbrannte. In der vierten und letzten Raketenstufe wurden wieder flüssige Treibstoffe (MMH und MON-3) verwendet.

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Die Unterbringung der Satelliten in der Spitze der Rakete
(Bild: ISRO)

Die Hauptnutzlast, der indische Erdbeobachtungssatellit Cartosat 2B mit einer Startmasse von 694 Kilogramm, wurde schließlich nach einer Gesamtflugzeit von etwa 1.034 Sekunden in einer Höhe von rund 637 Kilometern über der Erdoberfläche in einer sonnensynchronen Umlaufbahn mit einer Bahnneigung von rund 98,1 Grad ausgesetzt. Anschließend wurde der algerische Erdbeobachtungssatellit AlSat 2A abgetrennt. Schließlich wurden die drei mitfliegenden Klein- bzw. Kleinstsatelliten Studsat aus Indien, AISSat 1 aus Norwegen und TIsat 1 aus der Schweiz von ihren Nutzlasttragstrukturen an der vierten Stufe ab- bzw. ausgestoßen.

Cartosat 2B soll die bereits im All befindlichen Vorgängermodelle Cartosat 2 und Cartosat 2A ergänzen. Mit seiner panchromatischen Kamera (PAN) soll Cartosat 2B 9,6 Kilometer breite Streifen der Erdoberfläche abtasten. Die erwartete Auflösung liegt dabei im Bereich von 80 Zentimetern. Selbst fahrende Autos sollen mit Hilfe des optischen Systems an Bord des Satelliten aus dem All identifiziert werden können. Für eine Zwischenspeicherung der Bilddaten gibt es 64 Gigabit Speicherkapazität, die in Halbleiterlaufwerkstechnik realisiert wurde. Ist der Satellit im Empfangsbereich einer geeigneten Bodenstation, können die Daten zur Erde übertragen werden. Der Satellit wird von Indiens ISTRAC überwacht und gesteuert, dabei kommen Bodenstationen in Bangalore, Lucknow und Mauritius, im indonesischen Biak, in Svalbard und Tromso in Norwegen sowie in Troll in der Antarktis zum Einsatz. Zur Stromerzeugung stehen dem Satelliten zwei Solarzellenausleger zur Verfügung, die eine elektrische Leistung von 930 Watt erzeugen können. Zur Speicherung der elektrischen Energie ist der Satellit mit zwei Nickel-Cadmium-Akkumulatoren mit einer Kapazität von jeweils 18 Amperestunden ausgestattet. Cartosat 2B dient der Erstellung großmaßstäblicher Karten und soll Stadt- und Infrastrukturplanung unterstützen. Seine Daten sollen in Landinformationssystemen (LIS) und Geoinformationssystemen (GIS) verwendet werden. Die geplante Lebensdauer des dreiachsstabilisierten Satelliten beträgt 5 Jahre.

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Cartosat 2B mit ausgefalteten Solarzellenauslegern im Bodentest
(Bild: ISRO)

AlSat 2A wurde zwischen Cartosat 2B und den mitfliegenden Klein- und Kleinstsatelliten in einer separaten Nutzlasthülle (DLA, Dual Launch Adopter) transportiert und als zweiter Satellit ausgesetzt. Aufgaben des algerischen Satelliten sind neben der Kartographie die Informationsgewinnung für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, die Suche nach Bodenschätzen, die Unterstützung von Planungen zur Landnutzung und beim Katastrophenschutz. Dafür befindet sich ein NAOMI für New Astrosat Observation Modular Instrument genanntes Teleskop an Bord, welches eine Auflösung von 2,5 Metern panchromatisch und von 10 Metern in vier bestimmten einzelen Spektralbereichen erzielt. Die Breite der auf der Erdoberfläche durch das Teleskop abzutastenden Streifen beträgt 17,5 Kilometer. Etwa alle drei Tage überfliegt AlSat 2A die gleiche Stelle der Erdoberfläche. Ein Solarzellenausleger aus zwei Elementen stellt maximal 175 Watt elektrische Leistung für den Betrieb der Satellitensysteme bereit. Elektrische Energie kann in Lithiumionenakkumulatoren mit einer Gesamtkapazität von 15 Amperestunden gespeichert werden. Das von EADS Astrium für das algerische nationale Zentrum für Weltraumtechnik (CNTS, Centre National des Techniques Spatiales) auf Grundlage der Satellitenplattform Myriade/AstroSat 100 gebaute Raumfahrzeug mit einer Startmasse von 117 Kilogramm soll sich mindestens fünf Jahre im All betreiben lassen. Um in dieser Zeit Bahnkorrekturmanöver ausführen zu können, ist der Satellit mit 4,5 Kilogramm Hydrazin für seine entsprechenden Triebwerke betankt. Drei Jahre nach dem Start von AlSat 2A soll AlSat 2B ins All transportiert werden, der in Algerien von Ingenieuren der dortigen Raumfahrtagentur (ASAL, Agence Spatiale Algérienne) gebaut wird.

EADS
AlSat 2A im All – künstlerische Darstellung
(Bild: EADS)

Studsat (für STUDent SATellite) ist der erste indische Studentensatellit zur Erdbeobachtung und hat bei einem Volumen von rund 1,1 Litern eine Masse von 0,85 Kilogramm. Er hat annähernd die Form eines Würfels (10 cm x 10 cm x 13,5 cm). Gebaut wurde der Satellit von 45 Studenten, die bei 7 verschiedenen indischen Instituten in Karnataka und Andhra Pradesh bzw. Bangalore und Hyderabad lernen und arbeiten. Die Führung des Projekts liegt beim Nitte Meenakshi Institute of Technology (NMIT). Das Hauptinstrument des Trabanten ist eine CMOS-Kamera mit einer Auflösung vom 90 Metern, welche auf einer Seite aus der würfelförmigen Grundstruktur herausragt. Für die Kommunikation mit dem Trabanten wurde eine besondere Bodenstation namens NASTRAC eingerichtet. NASTRAC steht für Nitte Amateur Satellite Tracking Centre, entsprechend ist die Station im Nitte Meenakshi Institute of Technology untergebracht. Sechs Monate will man Studsat im All erfolgreich betreiben.

AISSat 1, der erste in Norwegen entwickelte Satellit, dient der experimentellen Beobachtung des Schiffsverkehrs in norwegischen Gewässern. Dafür ist er mit entsprechender Empfangstechnik ausgestattet. Gebaut wurde der Satellit mit einer Masse von 6,5 Kilogramm vom Labor für Raumflug der Universität Toronto (SFL, Space Flight Laboratory) für die norwegische Verteidigungsforschungseinrichtung (FFI, Forsvarets forskningsinstitutt). Mit seiner Hilfe soll getestet werden, wie weit ein im All stationierter Empfänger für die von Seeschiffen mit mehr als 300 Bruttoregistertonnen auszustrahlenden AIS-Signale Verbesserungen bei der Kontrolle des Schiffsverkehrs im hohen Norden bewirken kann. Das Automatische Identifikationssystem (AIS) war ursprünglich als Antikollisionssystem für Schiffe entworfen worden. Seine Weiterentwicklung führt eventuell zur Möglichkeit, den Schiffsverkehr global und nicht nur in Reichweite terrestrischer AIS-Stationen zu überwachen. Drei Jahre lang soll AISSat 1 seinen Aufgaben im All nachkommen können. Die Gesamtkosten des Projekts werden mit rund 30 Millionen norwegischen Kronen beziffert, umgerechnet sind das etwa 3,7 Millionen Euro. Am 1. Juni 2010 ging bereits eine andere norwegische AIS-Testnutzlast im Weltraum in Betrieb. Der norwegische AIS-Receiver (NORAIS) ist im europäischen Modul Columbus der internationalen Raumstation (ISS) untergebracht, eine zugehörige Antennenanlage ist außen an Columbus montiert.

TIsat 1 ist ein Ausbildungssatellit der südschweizerischen Universität für angewandte Wissenschaften (SUPSI, Scuola universitaria della Svizzera italiana bzw. University of Applied Sciences of Southern Switzerland) und Amateurfunksatellit, der den Materialwissenschaften und der Technologieerprobung dient. Unter anderem will man die Zeit bestimmen, die vergeht, bis den Weltraumbedingungen ausgesetzte dünne Metalldrähte und Verbindungen auf Leiterplatten Unterbrechungen aufweisen. TIsat 1 hat eine Masse von rund einem Kilogramm und würfelförmige Gestalt. Die Kantenlänge beträgt 10 Zentimeter. Der Satellit mit dem Rufzeichen HB9DE soll sich per Funk gemorst als TISAT identifizieren.

Raumcon:

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