Proton-Doppelstart mit Express-AT 1 und 2

Stapelsat-Start: Am 16. März 2014 brachte eine Proton-M-Rakete mit Breeze-M-Oberstufe die beiden Kommunikationssatelliten Express-AT 1 und 2 für die Russische föderale Satellitenkommunikationsgesellschaft (Russian Satellite Communications Company, RSCC) in den Weltraum.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Chrunitschew, Reschetnjow, Roscosmos, RSCC.

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Proton-M-Start mit Express-AT 1 und 2
(Bild: Roskosmos)

Der zweite Flug einer Proton-M im Jahr 2014 und dem 395. einer Proton insgesamt begann um 00:08 Uhr MEZ am 16. März 2014 mit der Zündung der sechs mit flüssigem unsymmetrischen Dimetyhlhydrazin (UDMH) und Stickstofftetroxid (N2O4) betriebenen Haupttriebwerke der ersten Stufe auf der Rampe der Startanlage Startplatz 81/24. Rund zwei Sekunden nach der Zündung hob die von Chrunitschew in Russland gebaute Proton-M mit den beiden unter der Nutzlastverkleidung unmittelbar aufeinander gesetzten Express-AT 1 und 2 ab.

Die drei Stufen der Proton-M brachten die aus der Oberstufe Breeze-M und den beiden Kommunikationssatelliten als Nutzlast bestehende Orbitaleinheit auf eine Bahn, die durch eine erste Zündung der auch von Chrunitschew konstruierten und ebenfalls mit UDMH und N2O4 arbeitenden Breeze-M-Oberstufe in einen Parkorbit rund 181 Kilometer über der Erde verwandelt wurde.

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Express-AT 1 und 2 im Transportcontainer
(Bild: Reschetnjow)

In der Folge sorgten weitere Brennphasen der Oberstufe für zusätzlichen Vortrieb und weitere Bahnanhebungen, und wechselten mit langen Freiflugphasen. Nach Abschluss der vierten Brennphase der Oberstufe wurde Express-AT 1 gegen 09:10 Uhr MEZ neun Stunden und zwei Minuten nach dem Start ausgesetzt. Eine weitere Freiflugphase folgte, und schließlich konnte Express-AT 2 gegen 9:28 Uhr MEZ neun Stunden und 20 Minuten nach dem Start ausgesetzt werden. Nach Angaben des Herstellers der beiden Satelliten haben sie ihre Solarzellenausleger und Antennen nach dem Aussetzen entfaltet und funktionieren auf den erreichten annähernd geosynchronen Bahnen wie geplant.

Der Kommunikationssatellit Express-AT 1 brachte 1.726 Kilogramm Startgewicht auf die Waage (Reschetnjow 2014: 1.800 Kilogramm). Mit elektrischer Energie versorgt wird Express-AT 1 über zwei Solarzellenausleger aus jeweils drei Elementen mit Galliumarsenid-Zellen von OAO NPP KVANT aus Moskau. Der Stromspeicherung dienen Lithiumionen-Akkumulatorensätze vom Typ Saft VS 180 aus Frankreich.

Die Solarzellenausleger können zusammen rund 5.880 W elektrische Leistung generieren, um die raumflugtechnischen Systeme des Satelliten und seine maximal 5.600 Watt benötigende Kommunikationsnutzlast mit einer Masse von rund 360 Kilogramm zu versorgen. Letztere wurde von Thales Alenia Space (TAS) gebaut und umfasst 36 Ku-Band-Transponder, von den sich 32 gleichzeitig betreiben lassen. 8 der Transponder dienen der Reserve.

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Oberstufe und Satelliten vor dem Schließen der Nutzlastverkleidung
(Bild: Roskosmos)

Über die Transponder von Express-AT 1 will RSCC u.a. Nutzer in Sibirien mit verschiedenen hochaufgelösten Fernsehprogrammen und mit VSAT-Diensten versorgen. In dieser Funktion wird Express-AT 1 Nachfolger des seit dem 22. November 1998 im All befindlichen, mit 8 Ku-Band-Transpondern ausgestatteten Bonum 1 an der Position von 56 Grad Ost im Geostationären Orbit, und für den seit dem 10. Oktober 1999 um die Erde kreisenden DirecTV 1R.
Express-AT 1 wurde von Reschetnjow Informational Satellite Systems mit Sitz in Schelesnogorsk nordöstlich von Krasnojarsk basierend auf dem Satellitenbus Express-1000H (Ekspress-1000N) konstruiert. Der Hersteller nannte für den verwendeten Satellitenbus jüngst außerdem die Bezeichnung Express-1000HTB. Neben chemischen Triebwerken besitzt der für 15 Jahre Einsatz ausgelegte Satellit auch elektrische Triebwerke des Typs SPT-100 bzw. SPD-100 vom russischen Konstruktionsbüro Fackel bzw. Fakel aus Kaliningrad, deshalb befanden sich beim Start an Bord von Express-AT 1 neben 30 Kilogramm Hydrazin auch 110 Kilogramm des Edelgases Xenon.

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Express-AT 1 und 2 im All – Illustration
(Bild: Reschetnjow)

Der ebenfalls von Reschetnjow Informational Satellite Systems gebaute Express-AT 2 basiert auf der Express 1000A bzw. Ekspress 1000K-Plattform, bei der die Satellitenkomponenten um eine zylinderförmige, lasttragende Struktur herum montiert sind, welche den Doppelstart mit unmittelbar aufgesetztem Express-AT 1 ermöglichte. Auch Express-AT 2 besitzt chemische und elektrische Triebwerke (SPT-100), betankt wurde er ebenfalls mit 30 Kilogramm Hydrazin und 110 Kilogramm Xenon.

Die Kommunikationsnutzlast von Express-AT 2 besteht aus 16 Ku-Band-Transpondern sowie zusätzlichen 4 als Reserve. Sie hat einen Strombedarf von rund 2.850 Watt und ist ein Erzeugnis von TAS. Die Versorgung der Satellitensysteme mit elektrischem Strom übernehmen zwei Solarzellenausleger mit Galliumarsenid-Zellen von OAO NPP KVANT und gegebenenfalls Akkumulatorensätze vom Typ Saft VS 180. Der beim Start 1.427 Kilogramm (Reschetnjow 2014: 1.250 Kilogramm) schwere Express-AT 2 hat eine angestrebte Gesamtlebensdauer von 15 Jahren.
Um Kunden in Regionen Russlands im fernen Osten mit hochaufgelösten Fernsehprogrammen und VSAT-Diensten zu versorgen, wird er nach Abschluss einer Testphase im All an einer Position von 140 Grad Ost im Geostationären Orbit stationiert werden.

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