Plutonium 238 für die NASA: Ein Neuanfang

Nach einer Pause von 25 Jahren wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika wieder Plutonium 238 erzeugt. Derartiges Material möchte man zur Stromerzeugung in Raumfahrzeugen einsetzen, die weit entfernt von der Sonne ohne Möglichkeit, Solarstrom zu nutzen, operieren.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: NASA, DOE, SRS.

US Government
glühendes Plutonium-238-Pellet
(Bild: US Government)

Seit den 1970er Jahren verwendet die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtorganisation (NASA) das Plutonium-Isotop Pu 238 mit einer Halbwertszeit von rund 87,7 Jahren in Radioisotopengeneratoren (Radioisotope Thermoelectric Generator, RTG) an Bord von Raumsonden und Landern zur Erzeugung von Wärme. Die von Pu 238 abgestrahlte Wärme aus dem spontanen Zerfall von Plutoniumkernen sorgt für den nötigen hohen Temperaturunterschied, mit dem Thermoelemente schließlich Strom erzeugen können.

Die beiden ersten US-amerikanischen Marslander beispielsweise, Viking 1 und Viking 2, nutzten je zwei RTGs zur Stromversorgung. Jeweils vier RTGs vom Typ SNAP-19 ermöglichten Pioneer 10 und Pioneer 11 die ersten Forschungsflüge in das äußere Sonnensystem. Die beiden Voyager-Sonden, die unser Sonnensystem gerade verlassen, können dank je drei MHW-RTGs an Bord noch heute Daten aus größter Entfernung zur Erde senden (MHW steht für Multihundred-Watt – mit vielen hundert Watt).

NASA
SNAP-19-RTG: A – Thermoelemente, B – Brennstoffscheiben, C – Hitzeschild für den Fall eines Wiedereintritts, D – Brennstoffkapsel, E – Kühlrippen;
(Bild: NASA)

Galileo flog mit zwei GPHS-RTGs zum Jupiter und Cassini meldet sich noch heute regelmäßig aus einer Umlaufbahn um Saturn dank Strom aus drei GPHS-RTGs (GPHS steht für General Purpose Heat Source – Wärmequelle für universelle Nutzung). NASAs jüngstes außerhalb der Erde im Einsatz befindliches RTG-System ist die auch als MMRTG für Multi-Mission Radioisotope Thermoelectric Generator bezeichnete Anlage, die dem kleinwagengroßen Marsrover Curiosity gerade den Beginn ausgedehnter Exkursionsfahrten ermöglichte.

Bis Ende der 1980er betrieben die USA eine eigene Herstellung von Pu 238. Die zur Bestrahlung von Ausgangsmaterial, Targets aus Neptunium 237, erforderlichen Reaktoren, deren Hauptzweck die Bereitstellung von sogenanntem waffenfähigen Plutonium (Pu 239) waren, wurden aus Gründen der Sicherheit und des Umweltschutzes Ende der 1980er abgeschaltet. Der K-Reaktor der sogenannten Savannah River Site (SRS) im Bundesstaat South Carolina, in dem der größte Teil des von der NASA verbrauchten Pu 238 entstand, wurde Anfang der 1990er heruntergefahren.

Schon 1984 war der Betrieb der Plutonium Fuel Form Facility (PuFF), einer Anlage zur Formung von Plutonium-Pellets, sie arbeitete seit 1979 im in den 1950ern errichteten Gebäude 235-F der SRS, eingestellt worden. Bis 2010 konnte die USA das benötigte Material für die umgangssprachlich gelegentlich Atombatterien genannten Stromerzeuger aus Russland beziehen, doch dann versiegte auch diese Bezugsquelle.

Das Energieministerium der Vereinigten Staaten (United States Department of Energy, DOE) und die NASA bemühen sich angesichts der zur Neige gegangenen Vorräte von Pu 238 für Raumfahrtanwendungen um die Wiedereinrichtung einer US-amerikanischen Herstellung des Materials. Jetzt vorliegende Ergebnisse von Tests mit kleinsten Mengen Ausgangsmaterial sollen vielversprechend sein.

Nach Angaben von Jim Green, dem Leiter der Sparte Planetenwissenschaft der NASA, habe das DOE durch die rund einen Monat dauernden Bestrahlung des Ausgangsmaterials Neptunium in einem Reaktor des Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in Tennessee erfolgreich Plutonium erzeugen können, was einen entscheidenden Schritt darstelle. Die Bestrahlung erfolgte in einem Reaktor namens High Flux Isotope Reactor (HFIR), der einen hohen Neutronenfluss bereitstellt.

Laut Green erwarte man bei der NASA im Verlauf des Jahres 2013 Berichte des DOE hinsichtlich einer konkreten Produktionsplanung, die die künftige Bereitstellung von jeweils rund 1,5 Kilogramm neu generierten Plutoniums pro Jahr vorsehe.

Eine Nutzung lange gelagerten alten Materials soll die Mischung mit neu erzeugtem Pu 238 ermöglichen. Bei einer Mischung aus einem Teil neuen Materials mit zwei Teilen alten Materials ergebe sich, so Green, eine für die vorgesehenen Anwendungen ausreichende Energiedichte.

DOE/NASA
ASRG-Ingenieursmodell
(Bild: DOE/NASA)

Unter den Raumfahrtmissionen der NASA, bei welchen künftig Plutonium zum Einsatz kommen könnte, ist auch der nächste große Marsrover, der Nachfolger von Curiosity. Aktuell ist der Start dieses Gefährts für das Jahr 2020 vorgesehen.

Auch wenn man an einem Stromerzeuger mit einem deutlich höheren Wirkungsrad, dem sogenannten Advanced Stirling Radioisotope Generator (ASRG) arbeitet, bei dem die Zerfallswärme zum Betrieb eines Stirlingmotors genutzt wird, und der vielleicht verfügbar ist, wenn Curiositys Nachfolger entsteht, wird man möglicherweise auf die ältere, bereits erprobte Technik zurückgreifen. Dafür spreche laut Green, dass ein arbeitender ASRG weniger nützliche, der Heizung des Inneren des Rovers dienliche Abwärme verursache als ein herkömmlicher RTG.

Pro Kilogramm Pu 238 wird ein ASRG rund die vierfache Menge elektrische Energie erzeugen können, wie ein herkömmlicher Radioisotopengenerator ohne bewegliche Teile, schätzt man heute.

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