Planet oder misslungener Stern?

CHRX 73 ‚B‘ ist einer der kleinsten stellaren Begleiter außerhalb unseres Sonnensystems, die man bis jetzt auf die Linse bringen konnte. Noch ist allerdings nicht geklärt, ob es sich um einen Planeten oder um einen Braunen Zwerg handelt.

Ein Beitrag von Julian Schlund. Quelle: ESA.

Fotografie von CHRX 73 und seinem Begleiter. (Bild: ESA)

Es war eine der großen Sensationen des Astronomie-Jahres 2005: erstmals war ein direkter fotografischer Nachweis eines extrasolaren Planeten gelungen. Die unzähligen Planetenentdeckungen fern unserer Sonne geschahen bis dahin durchweg anhand indirekter Nachweismethoden, wie sie hier dokumentiert sind.

Nun, ein Jahr danach, schien es schon so, als würden sich die Schlagzeilen wiederholen. Und zwar gelang es einem Team um Kevin Luhman von der Penn State University (USA), mit dem Hubble-Teleskop eines der kleinsten Objekte zu fotografieren, die jemals um einen extrasolaren Stern beobachtet wurden. Mit einer Masse zwölf Mal so groß der des Jupiters ist die Möglichkeit auf einen Planeten jedenfalls gegeben. Das Problem ist nur: es könnte sich hierbei genauso gut um einen Braunen Zwerg handeln.

Die Observation des zierlichen Begleiters des massearmen Roten Zwergsterns CHRX 73 versinnbildlicht damit gleichzeitig die immer noch andauernde Diskussion um die Festlegung der Kriterien für einen Planeten (“Pluto ist kein Planet mehr“). Kevin Luhman will jedenfalls einen Braunen Zwerg entdeckt haben. Sein Kommentar: „Neue, noch genauere Teleskope werden immer kleinere Objekte von Planetengröße finden.“
Einige Astronomen sind der Auffassung, die Masse sollte über einen etwaigen Planetenstatus entscheiden. Luhman und viele andere werfen jedoch ein, dass ein Objekt nur dann ein Planet ist, wenn es sich aus der Gas- und Staubscheibe gebildet hat, die einen neugeborenen Stern für gewöhnlich umkreist, wie es auch bei unserem Sonnensystem der Fall ist. Braune Zwerge hingegen durchlaufen einen ähnlichen Entstehungsprozess wie Sterne, nur dass ihre Masse nicht ausreicht, um die Kernfusion einzuleiten, die normalen Sternen wie unserer Sonne die Energie verleiht.

CHRX 73 ‚B‘, so die Bezeichnung für die Neuentdeckung, befindet sich in 31,2 Milliarden Kilometern Abstand zu seinem erst 200 Millionen Jahre alten Mutterstern, annähernd zweihundert Mal weiter weg, als die Erde zur Sonne steht.
„Das Objekt (CHRX 73 ‚B‘) ist so weit von seinem Mutterstern entfernt, dass es unwahrscheinlich ist, dass es sich in einer zirkumstellaren Gas-/Staubscheibe gebildet hat“, begründet Luhman schließlich seine Stimme für einen Braunen Zwerg. Scheiben um massearme Sterne, wie es bei dem Roten Zwerg CHRX 73 der Fall ist, messen circa acht bis 16 Milliarden Kilometer. In jener Entfernung von CHRX 73 ‚B‘ stünde nicht mehr ausreichend Material zur Planetenbildung zur Verfügung. Theoretische Modelle zeigen zudem, dass Riesenplaneten generell nicht weiter als fünf Milliarden Kilometer von ihrem Stern entfernt entstehen.

ESA
Illustration: Roter Zwergstern (l.) mit Begleiter (r.)
(Bild: ESA)

Es liegt also nahe, dass es sich bei CHRX 73 ‚B‘ „lediglich“ um einen Braunen Zwerg handelt und nicht um einen Planeten. Um die Unsicherheit gänzlich zu tilgen, sind jedoch noch weitere Erkenntnisse zu erlangen. So könnte man das Thema als abgeschlossen betrachten, wenn etwa eine Staubscheibe um CHRX 73’s Begleiter entdeckt werden würde. Wie jeder normale Stern besitzen auch Braune Zwerge zirkumstellare Staub-/Gasscheiben. Der einzige Unterschied bestünde in ihrem kleineren Durchmesser von höchstens vier Milliarden Kilometern.
Für NASA’s Spitzer Space Telescope ist diese Aufgabe, also das Erspähen von Staubscheiben um Braune Zwergsterne, im Prinzip ein Leichtes, wie es schon mehrmals unter Beweis stellen konnte. In diesem Fall befindet sich CHRX 73 ‚B‘ aber selbst mit 31,2 Milliarden Kilometern Abstand zum Mutterstern immer noch zu nahe an letzterem, der die etwaige Scheibe quasi überstrahlt und somit keine Fotografie zulässt. Wie es aussieht, müssen sich die Astronomen also noch etwas gedulden, gedulden bis 2013, wenn das James Webb Space Telescope, ein Gemeinschaftsprojekt von ESA, NASA und der kanadischen Raumfahrtagentur, in den Weltraum abhebt. In diesem Teleskop finden sich dann einerseits die Schärfe Hubbles und andererseits die Genauigkeit Spitzers im infraroten Bereich kombiniert wieder. Technisch hochentwickelt also, und damit perfekt geeignet zur Lüftung des Rätsels um das Objekt CHRX 73 ‚B‘. Neue Technik, neue Möglichkeiten!

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