Planck-Teleskop findet Brücke zwischen zwei Galaxien

Das von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Weltraumteleskop Planck hat eine rund 10 Millionen Lichtjahre überspannende Brücke aus heißem Gas nachgewiesen, welche zwei Galaxienhaufen miteinander verbindet.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Astrophysik, ESA, JPL.

Klaus Dolag (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Diese Darstellung zeigt die großskalige Verteilung von Materie im Universum, wobei sich ein feines Netzwerk aus Materiekonzentrationen, Filamenten und Hohlräumen ergibt. Das gezeigte Bild wurde aus einer numerischen Simulation über die Entstehung und Entwicklung der kosmischen Struktur extrahiert. Blau eingefärbte Regionen stehen dabei für Gebiete mit einer eher geringen Materiekonzentration. Weiße Regionen zeigen Gebiete mit einer dichteren Konzentration. Galaxienhaufen bilden sich in den rot gekennzeichneten Knotenbereichen dieser dichteren Konzentrationen.
(Bild: Klaus Dolag (Ludwig-Maximilians-Universität München))

Die Hauptaufgabe des am 14. Mai 2009 gestarteten Weltraumteleskops Planck besteht in der Erforschung und Kartierung der kosmischen Hintergrundstrahlung (kurz „CMB“ für „Cosmic Microwave Background“). Hierfür erfolgte in den letzten Jahren eine mehrfache Durchmusterung des Himmels in verschiedenen Frequenzbereichen der Mikrowellen- und Submillimeter-Längen.

Auf ihrem Weg durch das Universum trifft diese schwache Strahlung auf die unterschiedlichsten kosmischen Strukturen – so unter anderem auch auf Galaxien und Galaxienhaufen. Diese Ansammlungen von teilweise Hunderten bis Tausenden von Galaxien werden durch ihre Schwerkraftwirkungen zusammengehalten und stellen die größten gebundenen Strukturen im bekannten Universum dar.

Sobald die kosmische Hintergrundstrahlung diese Galaxienhaufen durchdringt, interagiert sie dabei mit den innerhalb dieser Strukturen befindlichen heißen Gasen und ändert dabei ihre Energieverteilung in einer charakteristischen Art und Weise. Dieses Phänomen ist auch als der Sunyaev-Zel’dovich-Effekt – benannt nach den beiden Wissenschaftlern Rashid Sunyaev und Yakov Zel’dovich, welche diesen Effekt bereits im Jahr 1969 voraussagten – bekannt.

Durch die Ausnutzung des Sunyaev-Zel’dovich-Effekts gelang dem Weltraumteleskop Planck in der Vergangenheit bereits die Entdeckung von zuvor unbekannten Galaxienhaufen. Der Effekt lässt sich aber auch dazu nutzen, um äußerst schwache Filamente aus Gasen nachweisen, welche von einem Galaxienhaufen zum anderen reichen und diese dabei miteinander verbinden.

Planck hilft uns dabei, das zwischen verschienenen Galaxienhaufen befindliche Material zu sehen, welches wir zuvor nicht beobachten konnten“, so James Bartlett vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, einer der an der Mission des Weltraumteleskops beteiligten Wissenschaftler.

Seit der frühesten Phase der Entwicklung unseres Universums durchziehen solche Filamente aus gasförmiger Materie den gesamten Kosmos in einem riesigen Netzwerk. Die heute existierenden Galaxienhaufen bildeten sich dabei sehr wahrscheinlich in den Bereichen von dessen dichtesten Knoten. Ein Großteil dieser dünnen und äußerst filigranen Gasstrukturen konnte bisher allerdings immer noch nicht entdeckt. Die Astronomen gehen jedoch davon aus, dass sich diese Strukturen insbesondere zwischen wechselwirkenden Galaxienhaufen nachweisen lassen sollten, da die Filamente dort komprimiert und aufgeheizt werden, wodurch sie letztendlich leichter zu erkennen sind.

Sunyaev-Zel'dovich-Effekt: ESA Planck Collaboration, optisches Bild: STScI Digitized Sky Survey
Das Weltraumteleskop Planck hat eine Brücke aus heißem Gas entdeckt, welche die beiden Galaxienhaufen Abell 399 (unten Mitte) und Abell 401 (oben links) miteinander verbindet. Die Brücke erstreckt sich über eine Distanz von etwa 10 Millionen Lichtjahre zwischen dem Paar, welches sich über eine Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Das Bild zeigt die beiden Galaxienhaufen, wie sie bei Wellenlängen im sichtbaren Lichtbereich mit bodengebundenen Teleskopen und durch den Sunyaev- Zel’dovich Effekt (in orange) mit dem Planck-Teleskop beobachtet wurden.
(Bild: Sunyaev-Zel’dovich-Effekt: ESA Planck Collaboration, optisches Bild: STScI Digitized Sky Survey)

„Unsere Simulationen mit dunkler und baryonischer Materie stimmen recht gut mit der statistischen Verteilung der Galaxien und Galaxienhaufen im kosmischen Netz überein“, so Klaus Dolag, Wissenschaftler an der Universitäts-Sternwarte München und am Max-Planck-Institut für Astrophysik. „Die Herausforderung besteht nun darin, mit Simulationen auch die Eigenschaften der weniger dichten Filamente zwischen den Haufen abzubilden, die viel schwieriger zu beobachten sind.“

Die jetzt bekannt gegebene Entdeckung einer Brücke aus heißem Gas zwischen den aus jeweils mehreren hundert Einzelgalaxien bestehenden, im Sternbild Widder gelegenen und mehr als eine Milliarde Lichtjahre von unserer Heimatgalaxie entfernt befindlichen Galaxienhaufen Abell 399 und Abell 401 durch das Weltraumteleskop Planck zeigt eine solche bestehende Verbindung.

Durch den ESA-Satelliten XMM-Newton angefertigte Röntgenaufnahmen deuteten bereits in der Vergangenheit auf die Anwesenheit von heißem Gas im Raum zwischen den beiden Haufen hin. Die neuen Daten von Planck bestätigen jetzt diese Beobachtung. Zugleich konnte hier erstmals mit dem Planck-Weltraumteleskop definitiv eine Brücke aus interstellarem Gas nachgewiesen werden, welche zwei Galaxienhaufen miteinander verbindet.
„Durch die Kombination der Planck-Daten mit archivierten Röntgenbeobachtungen des deutschen Satelliten ROSAT konnten wir die Temperatur des Gases in der Brücke auf etwa 80 Millionen Grad Celsius schätzen“, so Torsten Enßlin, ein Mitarbeiter des Planck-Teams vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching. Erste Analysen legen nahe, dass das in dieser Brücke enthaltene Gas eine Mischung der flüchtigen Filamente des kosmischen Netzes mit Gas darstellt, welches ursprünglich aus den beiden Galaxienhaufen stammt.
„Es ist immer noch umstritten, ob das Gas aus dem Medium zwischen den Haufen stammt, oder ob es früher Teil der beiden Haufen war“, so Torsten Enßlin weiter. „Die numerischen Simulationen legen nahe, dass es auch eine Mischung aus beidem sein könnte. Die weitere Analyse der kompletten Planck-Daten könnten helfen, dieses Rätsel zu lösen, wenn weitere Beispiele gefunden werden.“
Die hier kurz vorgestellte Forschungsarbeit wurde kürzlich in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“ unter dem Titel „Planck Intermediate Results. Hot diffuse gas between pairs of merging clusters as seen by Planck“ publiziert.

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