Der erste Pad Abort Test (PA-1) mit dem Rettungsraketensystem, das zur Verwendung auf der Orion-Kapsel im Rahmen des Constellation-Programms vorgesehen war, wird nach einer Mitteilung des Flugforschungszentrums der NASA in Dryden am 6. Mai 2010 stattfinden. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: NASA.
Das aus einem Kapselmuster, einer sogenannten Boilerplate, und einem aktiven Rettungsraketensystem bestehende Vehikel wird von der Startanlage 32E des Flugkörpertestgeländes der US-Armee White Sands bei Las Cruces in New Mexiko, WSMR für White Sands Missile Range genannt, abheben. Dafür wird einer der insgesamt drei Feststoffraketenmotore des als LAS (für Launch Abort System) bezeichneten Systems sorgen.
Während des durch den Abort Motor (AM) rund sechs Sekunden lag angetriebenen Fluges und der anschließenden ballistischen Flugphase steuert der Attitude Control Motor (ACM) das Vehikel so, dass es sich je nach Flugphase jeweils in der richtigen Fluglage befindet. Außerdem stellt der ACM die Flugstabilität sicher.
Innerhalb der ersten drei Flugsekunden wird beim PA-1 im nach oben gerichteten Teil der Flugbahn eine Geschwindigkeit von über 716 Stundenkilometern erreicht, der größte Impuls liegt innerhalb der ersten zweieinhalb Flugsekunden.
Nach dem Ausbrennen des AM lenkt der ACM das Fluggerät so, dass es mit dem unteren Kapselende voran fliegt. Der Jettison Motor (JM) zieht das Rettungsraketensystem bei der Abtrennung der Kapsel von Adapter und Schutzverkleidung am unteren Ende des LAS dann von der Kapsel weg.
Nach einer kurzen Freifallphase beginnt das Entfalten der einzelnen Schirme des Fallschirmsystems, und die Kapsel kann ausreichend gebremst landen, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen.
Die Kapsel, die bei dem Test zum Einsatz kommen wird, war am 28. März 2008 in Dryden eingetroffen, nachdem ihre Grundstruktur in Langley in NASAs Langley Research Center aufgebaut worden war. In Dryden rüstete man die Kapsel mit Rechner- und Messtechnik aus. Anschließend wurde sie weiß lackiert nach White Sands gebracht. Im Flight Integration and Test Facility genannten Integrationsgebäude des Startkomplexes fanden weitere Vorbereitungsarbeiten und Tests der Kapsel statt. Am 23. März 2010 wurde sie, ausgerüstet mit Messtechnik und Fallschirmsystem, zum Startplatz gebracht, und mit Hilfe eines Kranes auf den Starttisch gesetzt.
Der von Aerojet gebaute JM war bereits am 5. Mai 2009 in White Sands eingetroffen, der von Alliant Techsystems (ATK) in Salt Lake City gebaute AM kam auch im Mai 2009 in White Sands an. Der ebenfalls von ATK hergestellte ACM traf am 10. Februar 2010 ein. Am 2. März 2010 war das LAS im Integrationsgebäude von einer von Lockheed-Martin geführten Arbeitsgruppe weitgehend vollständig zusammengebaut.
Am 3. April 2010 schließlich wurde das LAS samt Adapter auf die Kapsel aufgesetzt, nachdem man diesen Vorgang wegen starken Windes vor Ort um einige Tage verschoben hatte. Spielt das Wetter mit, kann am 6. Mai 2010 beim Test PA-1 ein Szenario eines Startabbruchs simuliert werden, der nötig sein könnte, wenn eine noch auf der Startrampe stehende bemannte Rakete eine Havarie erleidet, und die Besatzung in einer Kapsel an der Spitze der Rakete umgehend in Sicherheit gebracht werden muss.
Ob das für Orion entworfene Rettungsraketensytem je Verwendung auf einer Trägerrakete finden wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. US-Präsident Obama möchte das Constellation-Programm schnell beenden und auf den Bau von Orion und der Trägerraketen Ares I und Ares V verzichten. Darüber, ob Orion oder eine ähnliche Kapsel mit einem LAS wie gerade entwickelt auf einem anderen Träger fliegen wird, kann nur spekuliert werden. Die bei der Entwicklung des LAS gewonnenen Erkenntnisse haben auf jeden Fall einen Wert.
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